TiAM FundResearch blickt auf die vergangene Woche zurück und gibt einen Ausblick auf die kommenden Tage. Diesmal im Fokus: das Spaßprojekt Dogecoin, das nun ernsthaft zum Spekulationsobjekt wurde.
26.04.2021 | 07:30 Uhr
Haben Sie am vergangenen Dienstag gefeiert? Nein? Wie kann das sein? Am 20. April war schließlich „Doge Day“, der offizielle internationale Dogecoin-Feiertag. Falls Ihnen der Begriff Dogecoin nichts sagt: Hierbei handelt es sich um eine Kryptowährung – sie ist technisch dem Bitcoin ähnlich, aber nicht ganz so ernst gemeint. Erfunden haben die Währung der IBM Programmierer Billy Markus und der Adobe Programmierer Jackson Palmer, die sich damit ursprünglich nur einen Spaß erlauben und auf die Unsinnigkeit der Blockchain-Währung Bitcoin aufmerksam machen wollten.
Wer auf die offizielle Dogecoin-Seite geht, die es mittlerweile auch in deutscher Sprache gibt, kann schnell erkennen, dass es bei dem Projekt mehr um einen Spaß als um die Erfindung einer neuen Digitalwährung ging. Oben auf der Seite steht der offizielle Wechselkurs („1 Dogecoin = 1 Dogecoin“) und die Erklärung, worum es sich hier handelt: Dogecoin sei eine Digitalwährung, die von Shiba Inus weltweit bevorzugt werde. Zum Hintergrund: Shiba Inu ist eine Hunderasse und Doge eine witzige Interneterzählung, in dem ein Hund dieser Rasse eine besondere Rolle spielt. „Doge Speak“ hat sich über die Jahre hinweg in der Community als ein lustiger Sprachstil entwickelt: Zweiwortsätze, wie sie vielleicht ein Hund lernen würde, dessen Herrchen vor allem Sätze wie „Feiner Hund“ und „Lecker Fressen“ sagt. Menschen auf der ganzen Welt machen sich einen Spaß daraus, das Weltgeschehen in Doge Speak zu kommentieren. Die Kommentare erinnern ein wenig an Donald Trumps Twitter-Tiraden, sind aber in der Regel lustiger. Ein bekanntes Beispiel ist etwa die Zusammenfassung von Shakespeares Drama Romeo und Julia in wenigen Zeilen:
What light. So breaks. Such east. Very sun. Wow, Juliet.
What Romeo. Such why. Very rose. Still rose.
Very balcony. Such climb.
Much love. So Propose. Wow, marriage.
Very Tybalt. Much stab. What do?
Such exile. Very Mantua. Much sad.
So, priest? Much sleeping. Wow, tomb.
Such poison. What dagger. Very dead. Wow, end.
Zurück zu Dogecoin: Die „spaßige und freundliche Internetwährung“ mit dem „spaßigen und freundlichen Maskottchen Doge“ (Originaltext) ist das, was man früher „art pour art“ genannt hätte. Es ist eine technische Spielerei. Vom Prinzip her funktioniert Dogecoin wie der Bitcoin: Man kann sich eine virtuelle Brieftasche (Wallet) aufs Handy laden, Euro oder Dollar gegen Dogecoins tauschen und diese entweder spenden, tauschen oder neue Dogecoins schaffen. Anders als beim Bitcoin gibt es keine Mengenbeschränkung. Die Anzahl der Dogecoins wächst damit theoretisch bis ins Unendliche.
Es macht also überhaupt keinen Sinn, sich mit dieser virtuellen Währung ernsthaft zu befassen. Eigentlich. Doch das Internet und die Börse haben ihre eigenen Gesetze. Am vergangenen Dienstag hat der Marktwert der Kryptowährung Dogecoin ein Allzeithoch von über 50 Milliarden US-Dollar erreicht, nachdem Social-Media-Fans den "420-Tag“, der dem Cannabis-Konsum gewidmet ist, zum offiziellen "Doge-Day" erklärten. Es war der vorläufige Höhepunkt der aktuellen Dogecoin-Rally. Im aktuellen Jahr hat die Kryptowährung bereits einen Preisanstieg von achttausend Prozent erlebt, getrieben von zahlreichen Influencern, die eine Investition in die Währung empfehlen. Der prominenteste unter ihnen ist Elon Musk. Verrückt, aber wahr: Dogecoin ist, gemessen an der Marktkapitalisierung, heute die fünftgrößte Kryptowährung weltweit.
Der Boom um den Krypto-Mumpitz hat sich völlig verselbständigt. Offensichtlich machen sich viele neue Anleger, die beim nächsten großen Ding unbedingt dabei sein wollen, überhaupt keine Mühe mehr, sich über die Hintergründe des Hypes zu informieren. Was zählt, ist die Hoffnung auf schnelle Gewinne. Das haben auch Teile der Finanzindustrie erkannt. Mittlerweile werden ETCs, ETFs und sogar CFDs auf die Spaßwährung angeboten und gehandelt.
Was Anleger dabei offensichtlich völlig ausblenden, ist, dass diese spaßige Kryptowährung äußerst anfällig für Manipulation und Kurskorrekturen ist. Rund 70 Prozent alle Dogecoins befinden sich in nur elf Wallets. Wem diese virtuellen Portemonnaies gehören, ist nicht bekannt. Die beiden Programmierer, die die Währung erfunden haben, gehören wohl dazu. Und vermutlich auch Elon Musk. So viel dürfte allerdings sicher sein: Irgendwann werden die Eigner der großen Portfolios Kasse machen und die große Mehrzahl der Anleger realisieren, dass Dogecoin niemals ernst gemeint war. Dann hört der Spaß auf. Hinterher fragt man sich dann: Wie konnte das passieren? Die Antwort könnte lauten:
What fun. So dump. Such greed.
Wow, bubble.
Much burst. What do. Much loose. Very despair.
Wow, poor.
Und die Moral von der Geschichte: Erst denken. Dann handeln. Hilft meistens.
Am Dienstag gibt die Bank of Japan (BoJ) ihre aktuelle Leitzins-Entscheidung bekannt. Seit fünf Jahren liegt der Zinssatz bei -0,1 Prozent. Daran wird sich wohl auch am Dienstag nichts ändern. Angesichts dieser Tatsache und dem Umstand, dass die BoJ weiterhin ungehemmt japanische Wertpapiere kauft, dürfen Dogecoin-Enthusiasten zu Recht einwerfen, dass auch der japanische Yen eigentlich nur noch eine Spaßwährung ist. Wow. Such true.
Am Mittwoch erklärt Christine Lagarde in einer Rede ihre Sicht der Dinge. Man darf gespannt sein, welche Akzente die Chefin der Europäischen Zentralbank setzen will. Und welche Auswirkungen ihre Einlassungen an der Börse haben werden.
Am Donnerstag folgt die Veröffentlichung der Entwicklung der Geldmenge M3 in der Eurozone. Die Geldmenge, die in Form von Banknoten, Münzen, Bankguthaben Wertpapierpensionsgeschäften und Anleihen (bis 2 Jahre) im Umlauf ist, hat sich in den vergangenen zwölf Monaten verdreifacht – von 4,5 auf zuletzt 12,5 Billionen Euro. Es gäbe durchaus Anlass, über das Thema Inflation nachzudenken. Aber man sollte es vielleicht besser nicht zu laut ansprechen. Das könnte Unglück bringen.
Am Freitag veröffentlicht das Statistische Bundesamt Zahlen zur Entwicklung des deutschen Bruttoinlandsprodukts. Der Gesamtwert aller produzierten Waren und Dienstleistungen war in den vergangenen Monaten zwar durchgängig geringer als im Vergleichszeitraum des Vorjahres, steigt seit Juli vergangenen Jahres aber kontinuierlich an. Much hope. Wow, Germany.
Diesen Beitrag teilen: