Technologisch wird in Bezug auf Künstliche Intelligenz (KI) oftmals von einer neuen Ära gesprochen, die dieses Jahr eingeläutet wurde. So etwas passierte in der Vergangenheit in etwa alle zehn Jahre. Durchlaufen wir ein ähnliches Muster, stehen wir damit erst am Anfang der KI-Ära.
26.10.2023 | 06:25 Uhr
Viele Aktien im Technologiebereich haben von den
Entwicklungen im Bereich KI bereits jetzt stark profitiert. Dazu gehören u.a.
die Cloud-Hyperscaler Amazon, Google, Microsoft und natürlich der bekannte
Chiphersteller NVIDIA. Die genannten Unternehmen gehören auch zu den
sogenannten “glorreichen Sieben”, die fast ausschließlich die positive
Gesamtperformance des S&P 500 dieses Jahres getrieben haben. Entsprechend
hoch sind auch die Bewertungen dieser Unternehmen am Aktienmarkt. Doch von der
enormen Nachfrage nach den Computerchips, die künstliche Intelligenz erst
möglich machen, profitieren auch viele Unternehmen, die im Herstellungsprozess
aktiv sind.
Viele dieser Unternehmen haben seit Beginn des KI-Booms eine positive
Entwicklung durchlaufen, was natürlich keine Garantie für die zukünftige
Entwicklung ist. Dennoch schätzt Morgan Stanley Research das Volumen des
KI-Technologiemarkts (Chips, Hardware, Netzwerk) heutzutage auf ca. 98 Mrd.US-Dollar
(USD) und geht von einem Wachstum auf 275 Mrd. USD bis 2027 aus.
Viele der Unternehmen in der Lieferkette haben ihren Hauptsitz in den USA oder
in Asien (primär in Taiwan), aber es gibt auch einige in Europa. Es handelt
sich großteils um hochspezialisierte Firmen, deren Marktkapitalisierungen
teilweise nur wenige Milliarden US-Dollar betragen und die z.T. auch eine
Performance ähnlich wie NVIDIA in diesem Jahr erzielt haben, obwohl sie viel
unbekannter sind.
Der Markanteil von NVIDIA für sogenannte Künstliche Intelligenz Graphics
Processing Units (AI-GPU) liegt bei etwa 80 Prozent. Dieser Marktanteil dürfte
allerdings in Zukunft etwas zurückgehen, da ein konkurrierendes Unternehmen,
das High-Performance- und Adaptive Computing-Produkte herstellt, dieses Quartal
einen neuen Chip auf den Markt bringen will. Der sogenannte AI-GPU MI300 Chip
ist speziell für “Large Language Models” wie z.B. Chat GPT konzipiert. Auch
andere große IT-Konzerne haben Milliarden im Bereich KI investiert.
Komponenten auf engstem Raum
Für technischen Fortschritt bedarf es immer leistungsfähigerer Chips, die
geplant und designt werden müssen. Fast 60 Jahre lang hat sich die Anzahl der
Transistoren in einem Chip etwa alle zwei Jahre verdoppelt. Dieses „Gesetz“ war
eine Beobachtung des ehemaligen Intel-CEOs Gordon Moore im Jahr 1965.
Diese Geschwindigkeit kann mittlerweile aber nicht mehr eingehalten werden.
Daher hat die Chipindustrie begonnen verstärkt in anderen Bereichen des Designs
oder der “Architektur” eines Chips Optimierungen umzusetzen, sodass die
Gesamtperformance der Chips weiterhin ähnlich stark zunimmt. Das hat allerdings
den Designprozess für Chips sehr aufwändig gemacht. Die derzeitige Architektur
des aktuellen NVIDIA AI-Chips H100 beheimatet zum Beispiel 80 Milliarden
Transistoren, und das gesamte HGX H100 Board mit mehreren Chips besteht aus bis
zu 45.000 verschiedenen Komponenten, die alle miteinander und parallel
kommunizieren müssen.
Die Entwicklung eines Chips kostet daher heutzutage mehrere hunderte Millionen
USD. Zudem muss der Chip ausgiebig getestet werden, bevor er in die
Massenfertigung gehen kann.
Für die Entwicklung dieser Designs gibt es spezialisierte Firmen, die u.a.
bereits entwickelte Teilkomponenten als Bausteine mitanbieten. Dies erspart
wiederum Zeit und Kosten für die Chipingenieure bei der Entwicklung neuer
Chips, sodass das Rad nicht jedes Mal neu erfunden werden muss.
Zu den globalen Marktführern im Chipdesign gehören zwei amerikanische und ein
englisches Unternehmen. Auch wenn manche dieser Unternehmen zunächst auf einen
Bereich spezialisiert waren, expandieren einige jetzt auch in anderen
zukunftsträchtigen Bereichen wie selbstfahrende Autos und High-Performance
Server für Datacenters sowie “Smart Home”-Geräte und “Wearables”.
Spezial- Chips
Neben der explodierten Nachfrage nach “Allround”-Chips für verschiedenste
Anwendungen gibt es auch eine starke Entwicklung hin zu Chips, die speziell für
bestimmte Zwecke entwickelt werden. Viele dieser Chips werden in Sachen
Kosten/Nutzen optimiert. In diesem Bereich gibt es hochspezialisierte, kleinere
taiwanesischen Chipdesigner, die vor allem viel für Amazon, Google, Microsoft
und für einen bekannten amerikanischen Elektroautohersteller produzieren.
Neben Chips, die vor allem für künstliche Intelligenz Anwendungen entwickelt
werden, gibt es auch Hersteller, die sich mehr auf Hochleistungs- Speicherchips
spezialisiert haben. Diese werden High-Bandwidth-Memory (HBM) Chips genannt. In
diesem Bereich dominieren zwei südkoreanische Firmen. Selbst die genaue
Verbauung der Chips und die Verbindung zu anderen Komponenten ist technologisch
so anspruchsvoll, dass es hier ebenfalls spezialisierte Unternehmen gibt. Hinzu
kommen noch Hersteller für die Leiterplatten für die elektronischen Bauteile
(Platinen). Hier sind vor allem Zulieferer aus Taiwan für langlebige und
zuverlässige Platinen in hoher Qualität bekannt.
AI-Server
Kunden wie Amazon, Google, Meta oder Microsoft kaufen oft nicht direkt das
KI-Board (mit all den Komponenten darauf), sondern gleich ganze KI-Server. Das
sind vorbereitete Computer, in denen alle Komponenten inkl. Netzwerk- und
Stromanschlüssen, KI-Board, zusätzliche CPUs, Speicher, Kühlung etc.
aufeinander abgestimmt und für beste Performance verbunden und vorbereitet
sind, so dass diese nur noch im Data Center des Kunden angeschlossen werden
müssen. In diesem Bereich gibt es einige interessante Firmen aus Taiwan, die
man als Anleger in Betracht ziehen kann.
Testen der Komponenten & des ganzen Systems
Die einzelnen Komponenten müssen vor Auslieferung umfangreich getestet werden.
Ein NVIDIA KI-System (Platine mit Komponenten und Chips) kostet je nach
Ausstattung zwischen ca. 20.000 USD und 75.000 USD. Die Prüfung ist eine sehr
komplexe Angelegenheit und kann mehrere Wochen dauern. Auch im Bereich Testen
sind es Unternehmen aus Japan und Taiwan, die gut aufgestellt sind.
Für Anleger kann es sich also lohnen, neben den großen Nutzern der künstlichen
Intelligenz auch einen genaueren Blick auf die am Erstellungsprozess
beteiligten Unternehmen zu werfen.
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