Konjunkturaufhellung in den USA und der Eurozone

Enttäuschende Einkaufsmanagerindizes in den Schwellenländern - Trend zu höheren Zinsen in der Eurozone dürfte sich umkehren

12.08.2013 | 09:11 Uhr

  • Richtungswechsel der Fed eingepreist, Leitzinsen bleiben vorerst niedrig
  • EZB und BoE halten an ihren Leitzinsen fest, Wachstumsaussichten hellen sich auf
  • Asset Allocation unverändert

In der letzten Woche gab es eine Fülle von Meldungen zu Zentralbanksitzungen, dem Produzentenvertrauen und dem US-Arbeitsmarkt. Der Ausblick veränderte sich dadurch jedoch kaum. In den Industriestaaten stiegen die Aktienmärkte weiter, während Schwellenländeraktien hinterher hinkten. Doch dies könnte sich nun ändern. Diese Woche legten auch Aktien aus den Industriestaaten eine Verschnaufpause ein, da es kaum nennenswerte Neuigkeiten gab und die Handelsvolumen saisonbedingt niedrig waren.

Die Fed versuchte die Märkte zu überzeugen, dass eine Drosselung der Wertpapierkäufe (QE3) nicht unbedingt eine baldige geldpolitische Straffung nach sich ziehen wird. Aus diesem Grund haben sich die Renditen von USAnleihen in den letzten Tagen stabilisiert. Ob die Renditen tatsächlich niedrig bleiben werden, wenn die Fed ihr Unterstützungsprogramm auslaufen lässt, steht in den Sternen. Wir sind aber der Ansicht, dass sie einem Renditeanstieg über den Leitzins entgegenwirken kann, wenn die Inflation niedrig bleibt. Zinssensitive Sektoren wie der Automobilsektor und der Immobilienmarkt wären unmittelbar von höheren Anleihenrenditen betroffen.

In Deutschland zogen die Renditen an, aber die Frage ist, wie lange noch? Die Erholungstendenzen in der Eurozone sind noch zu schwach, um Inflationsdruck zu erzeugen. Zudem sind die Wachstumsaussichten angesichts der Staatsschuldenproblematik begrenzt, wobei ein Schuldenabbau im Privatsektor noch dringlicher ist. Und der Bankensektor ist nicht unbedingt willens bzw. fähig, die Vergabe von Neukrediten auszuweiten. In unseren Augen ist eine Umkehr des Trends zu höheren Renditen daher absehbar.

Mit Blick auf die Weltwirtschaft sind wir neutral eingestellt. Aktien dürften von der lockeren Geldpolitik und der hohen Liquidität profitieren. Andererseits sind die Bewertungen hoch und das Aufwärtspotenzial somit begrenzt. In Schwellenländeraktien sind wir aufgrund des Wachstumsgefälles und der stabilen Inflation übergewichtet. Die Gewinnentwicklung in den Schwellenländern hat inzwischen eine Talsohle erreicht und sich der in den Industriestaaten angeglichen. Wir halten die Bewertungen in den Emerging Markets für günstig.

USA: WERDEN DIE ANLEIHENKÄUFE IM SEPTEMBER AUSLAUFEN?
Der US-Arbeitsmarktbericht für Juli fiel insgesamt enttäuschend aus. Es wurden verglichen mit den vergangenen Monaten weniger neue Arbeitsplätze geschaffen. Auch die durchschnittliche Wochenarbeitszeit ging leicht zurück. (Die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden ist ein Frühindikator für den Arbeitsmarkt: In der Regel nimmt sie zu, bevor die Unternehmen gezwungen sind, neue Arbeitskräfte einzustellen.) Die Stundenlöhne blieben unverändert, und die Erwerbsquote ging zurück. Erfreulich ist, dass die Arbeitslosenquote mit 7,4% auf dem niedrigsten Stand seit 2008 liegt.

Die aktuelle Arbeitsmarktlage zeugt nicht von hohen Haushaltseinkommen. Zwar wird die Einkommenssituation nach wie vor durch die Steuererhöhungen von Anfang Jahr verzerrt, aber bei einer annualisierten Dreimonatszuwachsrate von 1,0% kann man angesichts der jüngsten Entwicklungen höchstens von bescheidenen Fortschritten sprechen. Trotz des enttäuschenden Arbeitsmarktberichts müssen noch nicht alle Hoffnungen auf eine Wachstumsbeschleunigung in der zweiten Jahreshälfte begraben werden. Andere Indikatoren wie die Erstanträge auf Arbeitslosenunterstützung und die subjektive Einschätzung der Arbeitsmarktlage der Konsumenten haben sich weiter verbessert.

Auch die Zuversicht der Produzenten ist gestiegen. Alle Komponenten des ISM-Einkaufsmanagerindex waren solide. Einziger Wermutstropfen beim ISM-Index für das Dienstleistungsgewerbe waren die rückläufigen Einstellungsabsichten. Doch auch diese Teilkomponente liegt noch über der Schwelle von 50, die Beschäftigungswachstum anzeigt. Insgesamt deuten die Daten auf ein höheres BIP-Wachstum hin. Für eine Entwarnung ist es unseres Erachtens jedoch zu früh, wurden in den letzten drei Jahren doch  schon mehrere Male ähnliche oder sogar höhere Niveaus erreicht.

Auch die Fed hat ihre Wachstumsaussichten von moderat auf gering herabgestuft. Sie verwies dabei nicht nur auf die fiskalpolitischen Herausforderungen, sondern auch auf den jüngsten Anstieg der Hypothekenzinsen. Sie kommentierte, dass eine Inflationsrate von unter 2% Risiken bergen würde, aber nicht von Dauer sein sollte. Vor diesem Hintergrund könnte QE3 allenfalls erst nach September zurückgefahren werden. An den Finanzmärkten ist unseres Erachtens ein Auslaufen des Programms in diesem Jahr eskomptiert.

Fest steht, dass es in absehbarer Zeit nicht zu einer Leitzinserhöhung kommen sollte. Für die Fed ist eine Niedrigstzinspolitik bei einer Arbeitslosenquote von 6,5% oder höher gerechtfertigt. Diese Schwelle dürfte nicht vor April erreicht werden. Problematisch dabei ist, dass die Fed eine Beendigung von QE3 bis Mitte 2014 vorsieht. Um ihre Glaubwürdigkeit zu bewahren, wird sie eventuell den Leitzins erhöhen müssen, bevor die Arbeitslosenquote auf 6,5% fällt.

EUROZONE: AUF DEM WEG ZUR BESSERUNG?
In der Eurozone entwickelten sich die Einzelhandelsumsätze besser als erwartet. Das Konsumentenvertrauen deutet auf ein künftig moderates Wachstum hin. Das italienische BIP für das zweite Quartal überraschte positiv. Die politischen Risiken in Verbindung mit der Verurteilung des ehemaligen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi treten in den Hintergrund. Seine Partei steht weiterhin hinter der Regierungskoalition. In Deutschland nahmen die Auftragseingänge in der Industrie weiter zu. Zudem verbesserte sich der Ifo-Geschäftsklimaindex, der Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe und die Arbeitslosenquote.

Die EZB hielt an ihrem Leitzins fest. In Anbetracht der jüngsten Daten ist eine Leitzinszinssenkung unwahrscheinlich geworden. Die EZB ließ durchblicken, dass der Leitzins noch für eine ausgedehnte Zeit auf dem derzeitigen oder einem noch niedrigeren Niveau bleiben wird. Die Bank of England hielt ebenfalls an ihrem Leitzins von 0,5% und dem Wertpapieraufkaufprogramm von GBP 375 Milliarden fest. Die britische Konjunktur hat in letzter Zeit wieder angezogen. Der britische Einkaufsmanagerindex verzeichnet innerhalb von Europa mit Abstand den höchsten Wert. In ihrem Ausblick sagte die BoE, dass sie den Leitzins nicht anheben wird, solange die Arbeitslosenquote über der Marke von 7% verharrt. Allerdings dürfte ein Erreichen dieser Marke nicht automatisch zu einer Zinserhöhung führen. Zudem nannte sie noch andere Bedingungen, die erfüllte sein müssen.

SCHWELLENLÄNDER: EINKAUFSMANAGERINDIZES ENTTÄUSCHEN NICHT NUR WEGEN JAPAN
In mehreren Schwellenländerm wie Südkorea und Taiwan blieben die Einkaufsmanagerindizes (PMI) hinter den Erwartungen zurück. Dies könnte mit der als «Abenomics» bekannten Wirtschaftspolitik des neuen japanischen Regierungschefs zusammenhängen. Die Mischung aus extrem lockerer Geldpolitik und fiskalpolitischer Impulse belastet den japanischen Yen, was wiederum die Wirtschaft wettbewerbsfähiger macht.

Die niedrigen PMI-Werte sind aber nicht nur Japan geschuldet. In Indien hielten sich die Einkaufsmanagerindizes nur knapp über der Marke von 50. Viele  Schwellenländerwährungen haben in letzter Zeit gegenüber dem USDollar an Wert verloren. Dies könnte der Exportwirtschaft wieder auf die Beine helfen, seit einigen Monaten schwächelt.

Rohstoffexporteure spüren nach wie vor die Wachstumsverlangsamung in China. Die australische Zentralbank senkte ihren Leitzins auf einen rekordtiefen Stand von 2,5%. Als Grund für diese Strategie nannte sie in der Vergangenheit die schwache Währung.

Der Marktausblick im pdf-Dokument.

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