Mit Blick auf den aktuellen Monat bleiben wir weiter tendenziell vorsichtig, auch wenn kurzfristig eine (markttechnische bedingte) Erholung möglich ist. Die monetäre Situation ist weiterhin als negativ einzustufen. Mit einem Fokus auf Sondersituationen sollte sich diese Phase jedoch gut überstehen lassen.
18.10.2023 | 07:25 Uhr
Vom Strategie-Team der DJE Kapital AG
Das Strategie-Team von DJE beobachtet und bewertet die Märkte laufend anhand der hauseigenen FMM-Methode nach fundamentalen, monetären und markttechnischen Kriterien.
Die Kernfrage ist, ob es in den USA zu einer Rezession kommt oder nicht. Aktuell entwickeln sich die US-Unternehmensgewinne noch überwiegend gut, eine harte Landung ist nicht eingepreist. Die geldpolitische Straffung tangiert die Wirtschaft immer erst mit Zeitverzug, demzufolge könnten Gewinne und Margen der Unternehmen sowohl in den USA als auch in Europa 2024 stärker unter Druck geraten; ein Soft landing der US-Wirtschaft wird zunehmend unwahrscheinlich.
Finanzstabilität und Konjunkturrisiko: Ein bis drei Jahre nach Ende der geldpolitischen Straffung kommt es oftmals zu Verwerfungen. Kreditausfälle – sie bedingen beides, Finanzinstabilität und Konjunkturrisiko –steigen bereits deutlich an, und die Kurve wird so schnell nicht nach unten gehen. Verwerfungen sind in Teilbereichen des Finanzsystems – Mittelstandsbanken mit größerem Anteil an Hypothekengeschäft oder auch Private-Equity-Gesellschaften – denkbar.
Wenn es besonders bei den kleinen und mittelgroßen Banken zu einem Depositenabzug kommt, müssen die Banken Verluste (aus bis zur Endfälligkeit gehaltenen Papieren) realisieren und könnten damit in eine problematische Lage kommen. Die US-Notenbank (Fed) dürfte bei Problemen im Bankenbereich aber erst reagieren, wenn Großbanken in Schwierigkeiten geraten. Bei Rezession und Finanzinstabilität wird die Fed reagieren.
Ein möglicher Anstieg der US-Arbeitslosigkeit dürfte die Notenbank hingegen in Kauf nehmen; auch wenn die US-Arbeitslosenquote 2024 auf 5% steigt, dürfte dies nicht zu Zinssenkungen durch die Fed führen (eine stärkere Rezession hieße auch eher 7-8% Arbeitslosenquote).
Region Japan: Hier zeigen sich mit das beste Geldmengenwachstum und eine gute Entwicklung der Unternehmensgewinne; japanische Einkaufsmanagerindizes rangieren ganz weit vorne im internationalen Vergleich. Europa und vor allem Deutschland könnten vor einer längeren Wachstumsschwäche stehen, die Konjunkturrisiken nehmen hier weiter zu.
Die lange Zeit sehr niedrigen Zinsen waren die Treiber für die Aktienmärkte; die Notenbanken haben die Inflationsthematik zu spät erkannt und zu spät reagiert. Dann aber hat die Geldpolitik sehr bestimmt mit der stärksten geldpolitischen Straffung in der Nachkriegszeit reagiert. Die Wirtschaft wird von solch einer Straffung immer erst mit Zeitverzug tangiert. Daher bleibt ein negativer Effekt auf Konjunktur und Finanzstabilität 2024 realistisch.
Die Kerninflation in den USA ist bei kurzfristiger Betrachtungsweise bereits im Zielkorridor; ausgeschlossen ist eine weitere Erhöhung des Leitzinses im November oder Dezember damit aber nicht – eine weitere Zinserhöhung in den USA im Dezember gilt sogar als wahrscheinlich. Nach dieser dürften die Leitzinsen dann länger auf diesem Niveau verharren. Aus unserer Sicht hat der Markt diese neue Realität noch nicht eingepreist. Im November 2024 findet die nächste US-Präsidentschaftswahl statt. Vermutlich wird die Fed in einem Wahljahr – wie so oft in der Vergangenheit – nichts machen, d.h. Zinssenkungen der Fed sind im kommenden Jahr unwahrscheinlich. Dazu kommt: Das Ende der Globalisierung, wie wir sie bisher kannten, scheint unvermeidbar. Vor allem die Produktionsverlagerung nach China hat jahrelang deflationär gewirkt. Die Rückholung von Produktionsprozessenverstärkt aber nun inflationäre Tendenzen und spricht zusätzlich dafür, dass die Zinsen länger auf höherem Niveau bleiben können als allgemein erwartet.
Das Sentiment ist kurzfristig unterstützend. Dafür sprechen mehrere antizyklische Gründe: der derzeit zu beobachtende Rückgang des Aktieninvestments im NAAIM Exposure Index (Indikator für das durchschnittliche Aktienengagement aktiver US-amerikanischer Fondsmanager), ein Anstieg des Put&Call-Ratios in den USA (es werden mehr Verkaufs- als Kaufoptionen gekauft) und ein Rückgang im Fear&Greed-Indikator (der misst, ob bei den Anlegern eher Furcht oder Gier vorherrscht; ist der Markt zu optimistisch, also zu „gierig“, können schon kleine Enttäuschungen zu Abverkäufen führen, daher ist ein Rückgang dieses Verhältnisses positiv zu sehen). Die Markttechnik eröffnet damit aus unserer Sicht Chancen auf eine kurzfristige Erholung.
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