Der April 2022 war ein sehr schwieriger Börsenmonat: In den USA brach die amerikanische Technologiebörse, gemessen am Nasdaq 100, um -13,3% in US-Dollar ein und erlitt damit den höchsten Monatsverlust seit dem Börsencrash im Oktober 2008.
06.05.2022 | 09:11 Uhr
Von Stefan Breintner, Head of Research & Portfoliomanagement bei der DJE Kapital AG
Der breite US-amerikanische Index S&P 500 gab um knapp -9% in US-Dollar nach und legte damit den – über die ersten vier Monate betrachtet – schlechtesten Jahresstart seit 1939 hin. Trotzdem konnten wir uns mit unseren relativ hohen Aktienquoten im April gut behaupten. Einige unserer Fonds entwickelten sich sogar überdurchschnittlich, darunter die Dividendenstrategien und ein offensiver Mischfonds.
Kurzfristige Prognosen bleiben aber weiterhin schwierig. Das
raue Marktumfeld gibt Anlegern aus verschiedensten Gründen Anlass zur Sorge,
allen voran das geopolitische Risiko Russland/Ukraine, die anstehenden
Zinssteigerungen der US-Notenbank (Fed) bzw. die geldpolitische Wende hin zu
monetärer Straffung und die konjunkturelle Lage in China. Trotzdem halten wir
es für richtig, die Aktienquoten derzeit nicht zu reduzieren. Die Fed hat die
Zinsen wie erwartet um einen halben Prozentpunkt erhöht und sich nicht zu
falkenhaft geäußert. Das könnte für die Märkte und Börsenkurse aus unserer
Sicht ein Erholungssignal sein. Dafür spricht vor allem die aktuell sehr gute
Markttechnik: Momentan herrscht ein sehr großer Pessimismus, und viele
markttechnische Indikatoren liefern Kaufsignale.
Aktien/Anleihen
Mischfonds mit hohen Aktienquoten haben sich im laufenden Jahr meist besser
geschlagen als solche mit hohen Anleihequoten. Aus unserer Sicht ist es auch
weiterhin angebracht, stärker auf Aktien zu setzen. Die Aktienquoten sollten
daher hoch bleiben. Wir halten einen Fokus auf defensive Aktien unverändert für
sinnvoll. Aktien von Unternehmen mit hoher Preissetzungsmacht und damit
stabilen oder im Idealfall steigenden Margen bleiben langfristig
voraussichtlich die beste Anlagealternative. Dagegen sollte die Anleihequote
niedrig bleiben: Das Umfeld für Anleihen bleibt aufgrund der stark steigenden
Inflation und der erwarteten Zinsanhebungen, v.a. in den USA, mittelfristig
schwierig.
Regionen
2022 dürfte es in den USA nicht zu einer Rezession kommen. Bei einem so starken
Arbeitsmarkt wie heute kam es in der Vergangenheit noch nie zu einer Rezession.
Auch der negative Realzins und die nach wie vor hohen Investitionen dürften die
Konjunktur weiter stützen. Mit Blick auf die US-Geldpolitik haben wir es
aktuell nicht mit einer klassischen Bremsung zu tun. Wir halten es für wenig
realistisch, dass es in diesem Jahr zu einer Kreditklemme (Credit Crunch)
kommt, da die Liquidität im Markt durch die vorangegangene massive Stimulierung
noch sehr hoch ist. Dies könnte auch den mit der monetären Bremsung verbundenen
Verzögerungseffekt verstärken.
Deutschland und Europa dagegen werden durch den Krieg in der Ukraine
voraussichtlich stark belastet. Zudem wird der deutsche Export in Richtung
China durch die schwächere Wirtschaftsentwicklung in China beeinträchtigt.
Innerhalb Europas bleibt die französische Börse attraktiv: Frankreich ist u.a.
aufgrund einer höheren Neuverschuldung und einer geringeren Abhängigkeit der
Wirtschaft vom produzierenden Gewerbe eine vielversprechende Anlageregion.
China dagegen bleibt weiter schwierig einzuschätzen: Einerseits ist Chinas
Industrieproduktion im April so stark geschrumpft wie seit mehr als zwei Jahren
nicht mehr, und anderseits wird auch die Immobilienkrise nicht so bald
überwunden sein Darüber hinaus hemmt auch der strikte Null-Covid-Ansatz
weiterhin die wirtschaftliche Erholung. Lockerungen und konjunkturelle
Ankurbelungen nimmt China bislang nur sehr zaghaft vor, und sie reichen nicht
aus, um die negativen Effekte aus der Immobilienmarktschwäche und der
Covid-bedingten Lockdowns zu kompensieren.
Sektoren
Die Branchenauswahl ist aktuell deutlich schwerer als die Länderauswahl.
Zurzeit ist der Agrarsektor sowohl fundamental als auch markttechnisch
attraktiv und bietet unverändert ein gutes Chance-Risiko-Profil. Aufgrund der
angespannten Angebotssituation bleibt auch der Energiesektor weiter
chancenreich. Im Technologiesektor sind wir dagegen weiterhin vorsichtig.
Innerhalb Deutschlands setzen wir auf nicht-zyklische, defensive Titel, z.B.
aus den Branchen Versicherungen und Pharma/Gesundheitswesen, oder auch auf
Finanzwerte, z.B. Börsenbetreiber. Diese Werte haben gegenwärtig ein deutlich
besseres Chance-Risiko-Verhältnis als zyklische, stark energieabhängige Aktien.
Aktien/Bewertung:
In den vergangenen Jahren standen vor allem Kriterien wie das Umsatzwachstum im
Fokus der Investoren. Das könnte sich nun ändern. Kriterien wie die
Preissetzungsmacht von Unternehmen und eine starke Marktposition bzw. die
Fähigkeit, die Margen halten zu können, werden aus unserer Sicht wichtiger
werden. Die Aktien jener Unternehmen, deren Profitabilität sich nicht
verschlechtert, dürften künftig relativ gut laufen bzw. sich
überdurchschnittlich entwickeln. Auch Kriterien wie Bewertung und Dividende
dürften weiterhin eine größere Bedeutung haben als in den vergangenen Jahren.
Währungen/Rohstoffe/Gold
Aus markttechnischer und auch aus fundamentaler Sicht müsste sich die
US-Dollar-Stärke gegenüber dem Euro (und auch gegenüber den meisten asiatischen
Währungen) fortsetzen. Positionierungsdaten für den US-Dollar sind weiterhin
weitgehend neutral. Markttechnisch ist kein extremer US-Dollar-Optimismus zu
erkennen. Eine für den Euro positive Korrelation mit dem US-Dollar ist
unwahrscheinlich und träte nur bei einem ausgeprägten Euro-Optimismus ein, den
wir aktuell nicht sehen. Eine Absicherung gegenüber dem US-Dollar halten wir
daher nicht für notwendig.
Der starke US-Dollar und steigende Anleiherenditen haben die
Goldpreisentwicklung im April in US-Dollar gerechnet gebremst, in Euro
gerechnet stieg der Goldwert dagegen um +2,5%. Es gab zuletzt weniger
Goldoptimisten, und Netto-Future-Long-Kontrakte waren wieder rückläufig. Gold
behält aber seinen „Hedge-/Absicherungs-Charakter“, z.B. für den Fall einer
weiteren geopolitischen Eskalation. Gold sollte aus unserer Sicht daher
weiterhin Portfolio-Bestandteil bleiben. Im Falle eines möglichen Embargos
gegen russisches Öl dürfte der Ölpreis erneut deutlich anziehen. Ein Gasembargo
würde Europa und vor allem Deutschland mit hoher Wahrscheinlichkeit in eine
tiefe Rezession führen.
Über die Dr. Jens Ehrhardt Gruppe
Die DJE Kapital AG gehört zur DJE-Gruppe und ist seit 1974 als unabhängige
Vermögensverwaltung am Kapitalmarkt aktiv. Das Unternehmen aus Pullach bei
München verwaltet mit rund 180 Mitarbeitern (davon rund 25 Fondsmanager und
Analysten) aktuell über 17,2 Milliarden Euro (Stand: 31.03.2022) in den
Bereichen individuelle Vermögensverwaltung, institutionelles Asset Management
sowie Publikumsfonds. Zudem bietet DJE seit 2017 mit Solidvest eine
einzeltitelbasierte Online-Vermögensverwaltung an – als digitale Lösung im
Rahmen aktiv gemanagter Depots. Das Online-Konzept basiert auf den breiten
Kompetenzen in Vermögensverwaltung und Anlagestrategie von DJE – und ermöglicht
ein diversifiziertes Portfolio nach individuellem Rendite-Risiko-Profil mit
persönlichen Themenschwerpunkten im Aktienbereich. Vorstandsvorsitzender ist
Dr. Jens Ehrhardt, sein Stellvertreter Dr. Jan Ehrhardt. Kern des
Anlageprozesses und aller Investmententscheidungen ist die FMM-Methode
(fundamental, monetär, markttechnisch), welche auf dem hauseigenen,
unabhängigen Research basiert. DJE folgt bei der Wertpapierauswahl
Nachhaltigkeitskriterien und gehört zu den Unterzeichnern der „Prinzipien für
verantwortungsvolles Investieren“ der Vereinten Nationen. DJE hat den Anspruch,
ihren Kunden weitsichtige Kapitalmarktexpertise in allen Marktphasen zu bieten.
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