Henderson: Stephen Thariyan zu Unternehmensnleihenmärkten

Stephen Thariyan, globaler Leiter des Bereichs Credit, analysiert die jüngsten Entwicklungen an den Unternehmensanleihenmärkten und insbesondere die Aussichten für die europäischen und britischen Märkten. Darüber hinaus geht er der Frage nach, ob die Trump-Rally anhält und beschäftigt sich mit den Inflationserwartungen, den besseren Rahmenbedingungen für Banken und den Emissionstrends in den nächsten zwölf Monaten.

25.01.2017 | 10:39 Uhr

Video-Zusammenfassung

Stephen Thariyan, globaler Leiter des Bereichs Credit, analysiert die jüngsten Entwicklungen an den Unternehmensanleihenmärkten und insbesondere die Aussichten für die europäischen und britischen Märkte. Darüber hinaus geht er der Frage nach, ob die Trump-Rally anhält, und beschäftigt sich mit den Inflationserwartungen, den besseren Rahmenbedingungen für Banken und den Emissionstrends in den kommenden zwölf Monaten.

Wie haben sich die Unternehmensanleihenmärkte im 4. Quartal 2016 entwickelt?

Die Wertentwicklung war uneinheitlich und je nach Ratingspektrum sehr verschieden. Die Investment-Grade-Kategorie litt vor allem unter der Duration angesichts starker Wachstumszahlen und steigender Inflationserwartungen. Die Wahl Donald Trumps hat diese Trends beschleunigt und eine so starke Bewegung in der Renditekurve ausgelöst wie seit Jahren nicht mehr.

Im 4. Quartal sanken die Gesamtrenditen von Unternehmensanleihen aufgrund der langen Duration bei Investment-Grade-Anleihen in den USA, Europa und Großbritannien. An den Hochzinsmärkten wirkten sich die Erwartungen eines stärkeren Wachstums und steigender Aktienkurse günstig aus und ließen die Renditen steigen. Dies war besonders in den USA zu beobachten, wo sich die Ölpreise stabilisierten und Sorgen über sinkende Preise verblassten. Unter dem Strich tendierten Investment-Grade-Anleihen daher schwächer mit negativen Gesamtrenditen. Bei Hochzinsanleihen war das Gegenteil der Fall.

Setzt sich die Trump-Rally fort?

Das wird ganz davon abhängen, ob seinen Worten Taten folgen. Derzeit ist viel Rhetorik im Spiel: Jede Äußerung von Trump löst Bewegungen an den Märkten aus, besonders an den Devisenmärkten und bei den Terminkurven. Ich glaube, dass der Zeitpunkt, wann er liefern wird, entscheidend ist. Selbst wenn Trump seine Versprechen schnell angeht und umsetzt, hängt viel davon ab, wie rasch sich Veränderungen zeigen. Zudem haben die Märkte schon viel vorweggenommen.

Eins können wir jedoch nach meiner Meinung bereits festhalten: Dank der Bewegungen entlang der Renditekurve haben sich die Rahmenbedingungen für Banken gebessert. Und für höhere Bankengewinne sehe ich viele Gründe, nicht zuletzt den Handel. Die Handelsbedingungen für Anleihen sind besser geworden und spiegeln sich in stärkeren Renditen bei Banken wider. Auch die klassische Gewinnquelle für Geldhäuser sprudelt bei steileren Renditekurven wieder mehr. Kurz: Entscheidend wird sein, wie schnell Trump liefert und wie groß das Vertrauen in seine Pläne ist. Aber Anleger haben – wie gesagt – schon viel Zuversicht eingepreist.

Wie hoch sind die Inflationserwartungen und welchen Einfluss haben sie auf die Unternehmensanleihenmärkte?

Ich glaube, die Auswirkungen der Inflationserwartungen auf Unternehmensanleihen haben wir bereits gesehen: Die von Trump ausgelöste Bewegung in der Renditekurve, Wachstum, Inflation und die Maßnahmen wie Absichten der Fed in diesem Jahr haben bereits ihre Spuren hinterlassen.

Die Auswirkungen zeigen sich in unterschiedlichen Märkten. Unternehmensanleihen und besonders Hochzinsanleihen haben sich in der Vergangenheit in der Anfangsphase eines Zinsstraffungszyklus gut entwickelt. Meines Erachtens hängt viel davon ab, wie effektiv Trump und wie wirksam die Politik der Bank von England und der Europäischen Zentralbank ist.

Unter dem Strich wird mit einem Inflationsanstieg gerechnet. Aber wie schnell dieser erfolgen und welche Niveaus er erreichen wird, ist noch weitgehend unklar. Erwartet wird eine Wachstumsbelebung, die sich schließlich positiv auf Unternehmensanleihen auswirken wird. Aber entscheidend wird sein, wie schnell die Zentralbanken auf die Ereignisse reagieren.

Welche Trends bei Emissionen erwarten Sie für 2017?

Das ist schwer zu sagen. Noch kristallisiert sich keine einheitliche Einschätzung zum Nettoemissionsvolumen in Pfund Sterling, US-Dollar und Euro heraus. Selbst wenn wir vergleichsweise günstige Rahmenbedingungen voraussetzen bzw. keine großen Veränderungen gegenüber dem Vorjahr, dürften andere Faktoren die Märkte bestimmen. Letztlich den Ausschlag geben Wertpotenzial, die Erwartungen mit Blick auf Veränderungen der Renditekurven und die Kreditqualität.

Welche zentralen Faktoren bestimmen Ihres Erachtens die Aussichten für die europäischen Unternehmensanleihenmärkte?

Da gibt es mehrere: Erstens der Einfluss all der anderen Märkte und insbesondere des US-Marktes. Trump und die von ihm erwartete Politik haben die Renditekurve in Europa bereits spürbar verändert. Zudem hat die EZB ihr umfangreiches Kaufprogramm etwas zurückgefahren und zum Jahresende wird allgemein mit dem Ausstieg aus dem Programm gerechnet. Das wirft natürlich Fragen danach auf, wie es dann weiter geht. Vor zwei bis drei Jahren haben wir eine massive Verkaufswelle als Reaktion auf den angekündigten Ausstieg aus dem Fed-Programm erlebt.

Darüber hinaus müssen wir den Renditeunterschied zwischen Europa und Großbritannien einerseits und den USA andererseits berücksichtigen. Auch bei unseren eigenen Fonds beobachten wir Kapitalabflüsse aus dieser Anlageklasse. Vor diesem Hintergrund sind die europäischen Märkte gut ins neue Jahr gestartet. Es gab keine dramatischen Veränderungen und wir erwarten eine Fortsetzung dieses Trends und eine weiterhin solide Bonität am Unternehmensanleihenmarkt. Einziger Wermutstropfen für den europäischen Investment-Grade-Markt ist das im Vergleich zu anderen Märkten eher dünne Wertpotenzial.

Britische Staatsanleihen haben sich nach dem Brexit-Votum gut entwickelt. Meinen Sie, dieser Trend geht weiter?

Ja, britische Staatsanleihen haben sich gut erholt. Das quantitative Lockerungsprogramm der Bank von England und die Tatsache, dass der Brexit bislang nicht die befürchteten Auswirkungen hatte, stützen die Kurse. Mit zunehmenden Nachrichten zu diesem Thema werden wir sehen, dass einige Behauptungen unbegründet waren. Aber letztlich wird es noch lange dauern, bis sich die tatsächlichen Brexit-Folgen klar und deutlich zeigen.

Vergleicht man jedoch die Märkte, stellt man fest, dass der US-Markt schon ein hohes Niveau erreicht hat und Europa kaum Potenzial bietet. Dagegen ist der Markt für auf Pfund lautende Wertpapiere durchaus attraktiv. Aber weil es viele Anleger an diesen Markt zieht, ist das Wertpotenzial etwas geschrumpft. Im Januar hat sich der Mark gut entwickelt, wie wir auch an den nach wie vor soliden Renditen unserer Fonds feststellen können. Irgendwann könnte diese Bewegung jedoch an ihre Grenzen stoßen, wenn das Wertpotenzial sinkt, die Politik der neuen US-Regierung klarer wird oder sich die Bewertungen an anderen Stellen verändern.

Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein zuverlässiger Indikator für die künftige Wertentwicklung. Alle Performance-Angaben beinhalten Erträge und Kapitalgewinne bzw. -verluste, aber keine wiederkehrenden Gebühren oder sonstigen Ausgaben des Fond.

Die Informationen in diesem Artikel stellen keine Anlageberatung dar.

Diesen Beitrag teilen: