Metzler: Marktausblick

Rentenmärkte: Europäischer Markt aufgrund guter Konjunkturdaten und politischer Risiken angespannt

31.03.2017 | 16:05 Uhr

Im ersten Quartal 2017 setzte sich am europäischen Rentenmarkt die negative Wertentwicklung vom vierten Quartal 2016 fort: Gemessen an den JP Morgen Rentenindizes sanken die Kurse deutscher Staatsanleihen um etwa 1,0 %, die Kurse von Staatsanleihen aus der Eurozone um etwa 1,5 %. Grund dafür, dass sich die Staatsanleihen aus der Eurozone schlechter entwickelten als die der Bundesanleihen, waren die mit den Wahlen in zahlreichen europäischen Ländern verbundenen politischen Risiken. Das Hauptrisiko sind sicher die Präsidentschaftswahlen in Frankreich. Sollte Marine Le Pen die Präsidentschaftswahlen am 7. Mai verlieren, könnte sich die Lage am europäischen Rentenmarkt schnell entspannen. Die Kursverluste am europäischen Rentenmarkt gingen aber auch einher mit deutlich steigenden Inflationsraten, besseren Konjunkturdaten und einer Leitzinserhöhung der US-Notenbank im März. Die guten Konjunkturdaten der Eurozone sorgten in Kombination mit einem Anstieg der Inflation auf 2,0 % im Februar auch für eine Neubewertung der EZB-Geldpolitik bei den Finanzmarktakteuren: Sie preisten im Quartalsverlauf eine steigende Wahrscheinlichkeit für eine Anhebung des Einlagesatzes von derzeit -0,4 % noch in diesem Jahr ein. 

Tatsächlich gibt es kaum noch gute Argumente für ein Beibehalten der Negativzinsen in der Eurozone. Insbesondere die weltweite Erholung der Investitionsausgaben seit einigen Monaten dürfte im Zusammenspiel  mit einer moderat expansiven Fiskalpolitik für eine Wachstumsbeschleunigung der Weltwirtschaft und für steigende Inflationsraten ohne die volatilen Komponenten Energie und Lebensmittel in diesem Jahr sorgen. Damit dürfte sich auch der Kurswechsel der wichtigsten Zentralbanken beschleunigen. In den vergangenen beiden Jahren hob die US-Notenbank den Leitzins jeweils nur einmal pro Jahr an – in diesem Jahr könnten es dagegen drei Zinsschritte werden. Auch die EZB könnte schon in diesem Jahr den Einlagesatz von -0,4 % anheben und ein Ende des Wertpapierkaufprogramms bereits für das Frühjahr 2018 in Aussicht stellen. 

Insgesamt spricht das fundamentale Umfeld für moderat steigende Renditen; 10-jährige US-Treasuries könnten auf etwa 2,8 % bis 3,0 % bis zum Jahresende steigen, 10-jährige Bundesanleihen auf 0,5 %.   

Aktienmärkte: Rückenwind von der weltweit guten Konjunktur 

Der Jahresauftakt an den internationalen Aktienmärkten verlief positiv. Nichts konnte die Aktienmärkte aus der Ruhe bringen, weder die Zinserhöhung der US-Noten-bank im März noch steigende Renditen an den Rentenmärkten und eine erratische Amtsführung des neuen US-Präsidenten Donald Trump. So fiel die Volatilität am US-Aktienmarkt im ersten Quartal 2017 auf nur 6,7 % p. a. – die durchschnittliche Volatilität seit 1965 liegt bei 16,1 % p. a. Grund für die positive Wertentwicklung gekoppelt mit einer niedrigen Schwankungsbreite dürften die weltweit guten Konjunkturdaten gewesen sein. 

Darüber hinaus entwickelten sich die Aktienmärkte der Schwellenländer überraschenderweise deutlich besser als die der entwickelten Volkswirtschaften. Die Leitzinserhöhung in den USA im Dezember 2015 führte damals noch zu erheblichen Turbulenzen an den Aktienmärkten der Schwellenländer aufgrund von Kapitalabflüssen. Die internationalen Finanzakteure scheinen sich jedoch nunmehr auf einen moderaten Zinsanhebungszyklus in den USA eingestellt zu haben, sodass ein Zinsschritt der US-Notenbank kaum noch größere Kapitalabflüsse auslöst. 

Wird die Volatilität an den Börsen weiterhin so gering bleiben? Volatilität hat grundsätzlich zwei Eigenschaften. Einerseits tendiert sie kurzfristig dazu, die gegenwärtige Phase fortzusetzen – also gegenwärtig bei einer niedrigen Volatilität zu verharren. Andererseits schwankt sie langfristig um einen Mittelwert. Solange die Konjunkturdaten gut bleiben – wofür derzeit die Erholung der Investitionsausgaben weltweit spricht –, dürfte die Volatilität erst einmal niedrig bleiben und vorerst nicht zum Mittelwert zurückkehren. Im ersten Quartal war sie jedoch so ungewöhnlich niedrig, dass im zweiten Quartal mit einer etwas höheren Volatilität und damit mit einer moderaten Kurskorrektur zu rechnen ist, zumal Anleger kurzfristig zu euphorisch geworden sein könnten. Als Auslöser dafür käme ein Scheitern der geplanten Steuerreform Donald Trumps in Betracht, protektionistische Maßnahmen in den USA oder überraschend hohe Inflationsdaten aus den USA. Sollte jedoch im Mai die französische Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen die Wahlen gewinnen, bestünde die Gefahr größerer Kursverluste und einer deutlich steigenden Volatilität. Insgesamt dürfte jedoch ein sich fortsetzender Wirtschaftsaufschwung für steigende Kurse an den Aktienmärkten sprechen.   

Konjunktur Eurozone: Keine Argumente mehr für Geldpolitik der EZB 

Das Wirtschaftswachstum blieb mit 0,4 % im vierten Quartal in der Eurozone stabil – damit lag es weiterhin komfortabel über dem geschätzten Potenzialwachstum von etwa 0,2 % pro Quartal. Ein Wirtschaftswachstum über dem Potenzial bedeutet eine in der Tendenz fallende Arbeitslosenquote sowie eine steigende Kapazitätsauslastungsrate. Entsprechend fiel die Arbeitslosenquote von 10,4 % Anfang 2016 auf 9,6 % Anfang 2017, und die Kapazitätsauslastung stieg von 81,9 % auf 82,5 %. Die Unternehmen scheinen den dadurch gestiegenen Preissetzungsspielraum zunehmend für Preiserhöhungen nutzen zu wollen, wie Umfragen über die Preissetzungsabsichten belegen. Die seit Jahresauftakt überraschend guten Konjunkturdaten signalisieren eine Wachstumsbeschleunigung im ersten Quartal auf 0,5 % bis 0,6 %, was eine noch höhere Auslastung der Kapazitäten bewirken dürfte. 

Somit bestehen gute Chancen für ein baldiges Ende des Seitwärtstrends der Kerninflation in der Eurozone, die schon seit Oktober 2013 nur um einen Wert von 0,8 % schwankt. Die Kerninflation ist die Inflationsrate ohne die volatilen Komponenten Energie und Lebensmittel. Eine steigende Kerninflationsrate würde der EZB das letzte verbleibende Argument nehmen, an der gegenwärtigen Ausrichtung der Geldpolitik und den verschiedenen unorthodoxen Krisenmaßnahmen festzuhalten. Insbesondere die unorthodoxe Negativzinspolitik der EZB dürfte dabei zuerst in den Fokus kommen, die per saldo sogar mehr Schaden angerichtet als Nutzen gebracht haben könnte. So sind die Negativzinsen ein erheblicher Belastungsfaktor für das gesamte Finanzsystem und die Sparer. Eine Anhebung des Einlagesatzes von -0,4 % auf -0,2 % in diesem Jahr könnte vor diesem Hintergrund sogar die Binnenwirtschaft stärken, während sie zweifellos eine Aufwertung des Euro-Wechselkurses verursachen und damit den Exportsektor belasten würde. Die EZB dürfte jedoch erst die wichtigen Präsidentschaftswahlen in Frankreich im April und Mai abwarten, bevor sie öffentlich eine Kurswende ihrer Geldpolitik ankündigt.   

Konjunktur USA: Aufschwung scheint an Kraft zu gewinnen 

Im vergangenen Jahr dominerten noch die Rezessionsängste in den USA. Ein Grund dafür war, dass ab dem vierten Quartal 2015 die Bruttoanlageinvestitionen (Unternehmensinvestitionen plus privater Wohnungsbau) zum ersten Mal seit der Finanzmarktkrise wieder über mehrere Quartale schrumpften. Nur ein Wachstum der realen Konsumausgaben von 2,7 % im Jahr 2016 verhinderte die Rezession. 

Ein Aufschwung alleine basierend auf Konsumausgaben ist nicht tragfähig, da er in der Regel mit einer steigenden Verschuldung und zunehmenden Ungleichgewichten einhergeht. Nur wenn die Unternehmen investieren, entstehen nachhaltige Arbeitsplätze und damit verfügbares Einkommen, das wiederum für steigende Konsumausgaben verwendet werden kann. So ist es zweifellos eine positive Entwicklung, dass die Bruttoanlageinvestitionen im vierten Quartal 2016 den Negativtrend mit einem Wachstum von 0,75 % gegenüber dem Vorquartal stoppten. Zumal die Investitionsabsichten laut vieler regionaler Geschäftsklimaindizes in den vergangenen Monaten deutlich gestiegen sind und eine Beschleunigung der Wachstumsrate der Investitionsausgaben signalisieren. Damit scheint der Aufschwung in den USA an Kraft zu gewinnen. Ein Grund für die Trendwende der Investitionsausgaben könnten die Versprechen des neuen Präsidenten Donald Trump zur Steuerreform, zur Deregulierung und zu Infrastrukturausgaben sein. Für Unternehmen mit mehrjährigen Investitionsprojekten ist es wahrscheinlich nicht entscheidend, wann die Versprechen umgesetzt werden, sondern ob überhaupt. Ein Scheitern der Steuerreform wäre vor diesem Hintergrund wahrscheinlich ein sehr negatives Signal. Das Scheitern der Gesundheitsreform wird in diesem Zusammenhang von manchen politischen Analysten sogar positiv bewertet, da Donald Trump nun keinen langen Kampf um ein neues Gesundheitsgesetz austragen muss, sondern sich der wichtigeren Steuerreform zuwenden kann. 

Die Erholung der Investitionsausgaben bedeutet, dass neben dem US-Staat mit einem von der OECD geschätzten Haushaltsdefizit von 4,9 % des BIP 2017 auch die Unternehmen zunehmend Ressourcen und Ersparnisse nachfragen. Es dürfte daher zu einer klassischen Crowding-out-Situation kommen, bei der die Konkurrenz um Ressourcen und Ersparnisse steigende Inflationsraten und Zinsen verursacht. Insgesamt dürfte die US-Noten-bank vor diesem Hintergrund noch zwei oder mehr Zins-schritte in diesem Jahr beschließen. 

Konjunktur Asien: Normaler zyklischer Aufschwung in Japan möglich 

Die Tragfähigkeit des globalen sowie japanischen Aufschwungs steht und fällt mit den Unternehmensinvestitionen. In einem idealtypischen zyklischen Aufschwung verleihen die privaten Haushalte ihre Ersparnisse an den Unternehmenssektor, der diese gewinnbringend investiert, während die Außenhandelsbilanz und der Staatshaushalt ausgeglichen sind. Seit den 1990er-Jahren sanken jedoch die Unternehmensinvestitionen in Japan kontinuierlich, da der überschuldete Unternehmenssektor seinen Cashflow überwiegend für den Abbau der Verschuldung verwendete anstatt für Investitionen. Daraus entstand eine erhebliche Nachfragelücke, die immer wieder mit staatlichen Konjunkturprogrammen gefüllt werden musste. Die Folge war ein deutlicher Anstieg der Staatsverschuldung. Nach einer sehr langen Phase der Bilanzbereinigung scheinen japanische Unternehmen wieder gesundet zu sein. So fiel die Verschuldung japanischer Unternehmen von knapp 150 % des BIP im vierten Quartal 1993 auf 93,3 % im zweiten Quartal 2016 – dem niedrigsten Stand seit Beginn der Datenerhebung 1964. Vor dem Hintergrund der soliden Bilanzen, der niedrigen Zinsen und der sich abzeichnenden Erholung der Weltwirtschaft scheinen japanische Unternehmen nach langer Zeit der Ausgabenkürzungen wieder auf Expansionskurs umgeschaltet zu haben, wie der kräftige Anstieg der Unternehmensinvestitionen im vierten Quartal 2016 um 2,0 % zeigt. Im ersten Quartal 2017 könnte sich sogar den Indikatoren zufolge das Wachstumstempo nochmals erhöht haben. Japan hat somit zum ersten Mal seit den 1980er-Jahren wieder gute Chancen auf einen normalen zyklischen Aufschwung.   

Die chinesische Wirtschaft verzeichnete zum Jahresauftakt ein stabiles Wachstum. Dabei sind staatliche Stimulusmaßnahmen weiterhin ein wichtiger Stützpfeiler der Konjunktur, der jedoch zunehmend durch die Investitionen des privaten Sektors ergänzt wird. So stiegen die Gewinne der Industrieunternehmen in den ersten beiden Monaten des Jahres um 31,5 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Ein Grund für den Gewinnsprung ist, dass die chinesische Führung deutlich aggressiver als geplant Überkapazitäten in den betroffenen Industriesektoren abbaute. Die verbleibenden Unternehmen nutzten den Spielraum und erhöhten in den vergangenen Monaten merklich die Preise. Die Erzeugerpreisinflation machte dementsprechend einen Sprung von knapp -6 % im Dezember 2015 auf 7,8 % im Februar 2017. Die gestiegene Profitabilität ist eine Voraussetzung für wieder steigende Unternehmensinvestitionen in einem tragfähigen Aufschwung.

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