Morgan Stanley IM: Ausblick auf das Jahr 2021 - Die Goldenen Zwanziger oder die beängstigenden Zwanziger?

Morgan Stanley IM: Ausblick auf das Jahr 2021 - Die Goldenen Zwanziger oder die beängstigenden Zwanziger?
Marktausblick

Der November war ein spektakulärer Monat für die Märkte. Der Anstieg des MSCI World Index von 13% war das beste Monatsergebnis seit Januar 1975.

06.01.2021 | 07:20 Uhr

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Allerdings gab es auch aufsehenerregende Nachrichten: Drei Impfstoffe erreichten eine Wirksamkeit von weit über 50%, was als Mindestanforderung für den Impfstoff gilt. Dies erlaubt zumindest die Aussicht auf eine Rückkehr zur „Normalität“ in der zweiten Hälfte 2021. Die gefährlichen Zyklen steigender Infektionszahlen und Lockdowns, die die USA und Europa im Herbst heimsuchten, könnten möglicherweise so überwunden werden. Zudem breitete sich Erleichterung darüber aus, dass die Machtübergabe in den USA allem Anschein nach nun problemlos verläuft. Außerdem fehlt ein klarer "Blue Sweep" der Demokraten, wodurch erhebliche Unternehmenssteuererhöhungen oder strenge Regulierungen unwahrscheinlicher sind. Die Profitabilität der US-Unternehmen, insbesondere der Technologieriesen, dürfte somit geschützt sein.

„Die Impfstoffe ermöglichen die Aussicht auf die Rückkehr zur Normalität in der zweiten Hälfte 2021“

Die Nachrichtenlage im November war definitiv positiv, aber es bleibt die Frage, ob der Markt sich zu weit und zu früh erholt hat. Ende Oktober lag der MSCI World Index in etwa auf dem Niveau des Jahresbeginns und somit unverändert. Nach diesem rekordverdächtigen Monat notiert der Index nun gegenüber dem Tiefstand vom März um über 50% höher. Zum Ende des Monats November beträgt die annualisierte Wertentwicklung 12% - eine überdurchschnittlich hohe Jahresrendite. Ein solches Ergebnis scheint zu implizieren, dass die langfristigen Aussichten der Unternehmensgewinne trotz der Pandemie besser sind als zu Jahresbeginn. Allerdings schätzt der Internationale Währungsfonds den durch das Virus bedingten Rückgang des weltweiten Bruttoinlandsprodukts (BIP) auf 4,4% und den Rückgang der Gewinnprognosen des laufenden Jahres auf 9%, verglichen mit dem Jahresbeginn.

Es ist wichtig darauf hinzuweisen, dass der Markt zu Jahresbeginn alles andere als günstig bewertet war. Der Anstieg von 26% im Jahr 2019 war auch höheren Bewertungen geschuldet, da die Gewinne leicht rückläufig waren. Dies hat dazu geführt, dass die aktuelle Bewertung des MSCI World Index über dem 20-Fachen der Gewinnprognose der kommenden 12 Monate liegt. Diese Kennzahl lag bis ins Jahr 2005 noch nie über dem 17-Fachen. Rechnet man mit einem weiteren Jahr der Gewinnerholung, so liegt die Kennzahl trotzdem bei dem 17,7-Fachen der Gewinnprognose für das darauf folgende Jahr, was immer noch 15% über dem Höchststand von vor 2020 (15,4x) liegt. Die Risikobereitschaft hat allem Anschein nach zugenommen.

„Das Coronavirus hinterlässt ein bedeutendes Vermächtnis: die Beschleunigung von drei Trends - Technologie, Eingriffe der Regierungen und Schuldenwachstum“

Selbst wenn wir davon ausgehen, dass die direkten Auswirkungen der Pandemie - Lockdowns und freiwillige Selbstisolierung - durch die Impfkampagnen unter der Bevölkerung in der zweiten Jahreshälfte abnehmen werden, hinterlässt das Virus ein bedeutendes Vermächtnis. Dies ist vor allem an der Beschleunigung drei wichtiger und bestehender Trends zu sehen.

Beim ersten handelt es sich um einen drastischen Wandel in der Annahme neuer Technologie. Neben der Arbeit im Homeoffice hat der Onlinehandel stark zugenommen, wir geben nicht mehr Bargeld aus, sondern bezahlen mit der Karte und Unternehmen lagern ihre technologische Infrastruktur in die Cloud aus. Der Vormarsch der Technologie bringt selbstverständlich Gewinner mit sich. Unternehmen dürften generell in der Lage sein, permanent Kosten einzusparen. Dazu gehören u. a. Büromieten sowie Mitarbeiter, die vom Homeoffice in günstigeren Standorten arbeiten. Es wird aber auch Verlierer geben, wie zum Beispiel der traditionelle Einzelhandel, der Immobiliensektor oder solche IT-Dienstleister, die die Infrastruktur am Bürostandort verwalten.

„Die bedeutendsten Änderungen dürften die Maßnahmen gegen den Klimawandel sein“

Der zweite Trend ist der wachsende Eingriff der Regierungen. Die in diesem Ausmaß bisher noch nie da gewesene Unterstützung während der Pandemie dürfte das bereits bestehende Interesse der Regierungen zusätzlich geweckt haben, in die Wirtschaft einzugreifen. Die Ära, in der Volkswirtschaften zum Nutzen großer Unternehmen organisiert wurden, schien bereits ein Auslaufmodell zu sein. In diesem Zusammenhang ist beispielsweise Folgendes zu sehen: Die Angriffe auf den freien Handel, das Aufleben der Kartellmaßnahmen, Bestrebungen, die Unternehmenssteuern zu erhöhen, sowie die Bemühungen das Verhältnis zwischen Arbeit und Kapital mittels Mindestlohns wieder in Einklang zu bringen. Die Maßnahmen gegen den Klimawandel könnten die wichtigsten Veränderungen sein, die sich aus CO2-Preisgestaltungen und Einschränkungen umweltschädlicher Aktivitäten ergeben. Optimisten weisen auf die wahrscheinlich festgefahrene Situation in den USA und sogar auf die potenzielle Welle lukrativer grüner Investitionen in die Infrastruktur hin. Negativ ist jedoch, dass ein Großteil der gegenwärtigen großen CO2-Emittenten unwirtschaftlich bzw. ihre Geschäftsaktivitäten sogar untersagt werden könnten.

Der letzte Trend, der beschleunigt wurde, ist das Schuldenwachstum. Das persönliche Sparaufkommen ist zwar infolge der hohen Hilfszahlungen der Regierungen sowie des unterdrückten sozialen Verbrauchs - sei es Urlaub oder Restaurantbesuche - spürbar angestiegen. Dasselbe trifft jedoch nicht auf den Unternehmenssektor zu, dessen Fremdverschuldung weiter gewachsen ist. Prognosen von Moody's gehen von einem Zuwachs der Emissionen von Investment Grade Anleihen von bis zu 60% in diesem Jahr aus. Selbst High Yield Anleihen sollen voraussichtlich um 25% zunehmen. Dieser Anstieg wird durch die stark gestiegene Verschuldung der Staatshaushalte zum Schutz der Wirtschaft vor den Folgen der Pandemie noch deutlich übertroffen. Allein in den USA ist die Staatsverschuldung in diesem Jahr um 4 Billionen Dollar angestiegen und beträgt nun 107 % des BIP.1 Auch hier gibt es ein optimistisches Szenario, in dem die Verbraucher in den Jahren 2021 und 2022 viel ausgeben und ihre hohen Sparquoten senken. Gleichzeitig fördern die Regierungen weiterhin die Nachfrage durch hohe Defizite und die Unterstützung der Zentralbanken trägt zu einer anhaltend entspannten Haltung an den Märkten bei. Das Wachstum sollte sich dadurch kräftig erholen, aber hoffentlich ohne beträchtliche Inflations- bzw. Zinssteigerungen, die die Märkte verunsichern könnten. Die weniger positiven Szenarien lauern auf beiden Seiten dieses optimistischen Umfelds: Entweder zu vorsichtige Verbraucher oder Haushaltseinsparungen oder aber eine zu starke Konjunkturerholung, die Inflation und Zinsen in die Höhe treibt.

„Überschwängliche Beobachter sprechen von den zweiten Goldenen Zwanzigern; wir vertreten den Standpunkt, dass Anleger Schritte zum Kapitalerhalt ergreifen sollten „

Alle drei Trends zeichnen sich durch jeweils ein Positivum aus: Unternehmen werden effizienter, Investitionen in grüne Infrastruktur bieten einen Schub und niedrige Zinsen ermöglichen kontinuierliche Etatausgaben. Mit dem Ausblick, dass Verbraucher ihr Erspartes ausgeben, könnte es zu den zweiten Goldenen Zwanzigern kommen. So argumentieren zumindest überschwänglichere Beobachter, die vermutlich unbesorgt sind von dem, was Ende der 20er Jahre im letzten Jahrhundert passiert ist. Diese positiven Szenarien sind möglich und einige dürften sogar wahrscheinlich sein. Das Problem bleibt jedoch, dass die aktuell über 20-fache Bewertung der Gewinne diese möglichen Szenarien als sichere Sache annimmt. Bedenkt man, was alles passieren kann, halten wir diese Bewertung für die „beängstigenden Zwanziger“. Wachstumsinvestoren sehen unter Umständen die Vorzüge der Beschleunigung der technologischen Disruption, um die erhöhten Bewertungen zu rechtfertigen. Unbeachtet dabei bleiben die potenziellen Einschränkungen der Technologieriesen. Value-Anleger berücksichtigen hingegen die bevorstehende Reflation ohne den disruptiven bzw. ökologischen Herausforderungen genügend Aufmerksamkeit zu schenken.

Nach den in den vergangenen acht Monaten spektakulär steigenden Märkten herrscht Risikofreude unter den Anlegern. Unserer Meinung nach ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, das Kapital zu erhalten und den eingeschlagenen Weg mit Bedacht fortzusetzen, statt unbedacht den Bewertungen hinterher zu jagen. Dazu Warren Buffett: "Sei vorsichtig, wenn andere gierig sind." Vor diesem Hintergrund möchten wir besonders die Vorteile von Kapitalvermehrern hervorheben. Der Grundgedanke beruht darauf, dass die Preismacht und die wiederkehrenden Umsätze dieser Unternehmen, sie dazu befähigt, in jeder Phase des Konjunkturzyklus ihre Gewinne zu steigern. Sie sind in schwierigen Zeiten wie in 2020 daher wesentlich widerstandsfähiger.

Unsere globalen Portfolios waren in der Tat in der Lage, diese Widerstandsfähigkeit zu beweisen. Die Gewinnprognosen der Unternehmen im Portfolio sind 2020 zwischen 3 und 5% gewachsen nach einem Wachstum in 2019 zwischen 8 und 11%. Dies stellt einen starken Gegensatz zum MSCI World Index mit -9% (2020) und -1% (2019) dar. Interessanterweise hat dieser relative Gewinnzuwachs von 22-27% in den beiden Jahren angesichts der jüngsten Value-Rally nicht zu einer signifikant besseren Performance geführt. Gegenüber dem Index hat der Bewertungsaufschlag des Portfolios auf Basis der Gewinne stark abgenommen und liegt inzwischen bei nur 9-16%. Betrachtet man die freien Cashflows verschwindet dieser Aufschlag trotz der deutlich höheren Qualität des Portfolios gänzlich. Das macht Kapitalvermehrer zu einer relativ günstigen Absicherung.

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Quelle: U.S. Department of the Treasury


Risikohinweise

Es besteht keine Garantie, dass ein Portfolio sein Anlageziel erreichen wird. Portfolios sind Marktrisiken ausgesetzt, d.h. es besteht die Möglichkeit, dass der Marktwert der Wertpapiere im Portfolio zurückgeht. Marktwerte können sich aufgrund wirtschaftlicher und anderer Ereignisse (z. B. Naturkatastrophen, Gesundheitskrisen, Terrorismus, Konflikte und soziale Unruhen), die Märkte, Länder, Unternehmen oder Regierungen betreffen, täglich ändern. Der Zeitpunkt, die Dauer und mögliche negative Auswirkungen (z. B. Portfolio-Liquidität) von Ereignissen lassen sich nur schwer vorhersehen. Anleger können deshalb durch die Anlage in diese Strategie Verluste verzeichnen. Anleger sollten beachten, dass diese Strategie bestimmten zusätzlichen Risiken ausgesetzt sein kann. Veränderungen der globalen Konjunktur, der Verbraucherausgaben, des Wettbewerbs, der demografischen Entwicklung, der Verbrauchernachfrage, der gesetzlichen Regelungen und der Wirtschaftsbedingungen können sich negativ auf global operierende Unternehmen auswirken und das Portfolio stärker belasten als bei einer Investition des Portfolios in eine größere Vielfalt von Unternehmen. Aktienkurse reagieren im Allgemeinen auch auf unternehmensspezifische Aktivitäten. Anlagen in ausländischen Märkten sind mit besonderen Risiken verbunden. Dazu zählen politische und wirtschaftliche Risiken sowie Währungs- und Marktrisiken. Die Aktien kleiner Unternehmen weisen besondere Risiken wie begrenzte Produktlinien, Märkte und Finanzressourcen auf. Darüber hinaus sind sie einer stärkeren Marktvolatilität ausgesetzt als die Wertpapiere größerer, etablierter Unternehmen. Die Risiken einer Anlage in Schwellenländern übersteigen jene Risiken, die mit Investitionen in ausländischen Industrieländern einhergehen. Nicht diversifizierte Portfolios investieren oftmals in eine beschränkte Anzahl von Emittenten. Aus diesem Grund können Veränderungen der finanziellen Situation und des Marktwerts einzelner Emittenten zu einer höheren Volatilität führen.

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