Reflation statt Deflation – auf den japanischen Ottonormalverbraucher kommt es an

„Statt des gewohnt leisen Auftritts hat die japanische Notenbank mit einem Paukenschlag für Aufmerksamkeit gesorgt", sagt Nathan Gibbs, Fondsmanager bei Schroders.

07.05.2013 | 09:49 Uhr

„An der Börse, unter Wirtschaftsexperten und auch bei den Konsumenten Japans. Und das macht Hoffnung für japanische Aktien." Knapp 1,3 Billionen Euro (169 Billionen Yen) will die Bank of Japan (BoJ) binnen zwei Jahren in die heimische Wirtschaft investieren. Ein ungewöhnlicher Schritt für die sonst eher verhalten agierende Zentralbank. „Die Finanzspritze der BoJ und die ,Abenomics‘, die Wirtschaftspolitik des Premierministers Shinzo Abe, lassen Investoren wieder vermehrt nach Japan blicken“, kommentiert Nathan Gibbs. Denn die Maßnahmen zeigen Wirkung. Der Nikkei 225 zum Beispiel stieg kräftig an.

Doch noch wichtiger ist ein anderer Stimmungsmesser, der oft vergessen wird: „Es kommt auf den japanischen Ottonormalverbraucher, also die Watanabes, an, wenn das Land die Deflation hinter sich lassen will. Erst wenn der Konsument seine Bedenken überwindet und sein Geld nicht in Hoffnung auf weiter sinkende Preise zurückhält, sondern es zügig ausgibt, in Supermärkten oder Autohäusern, kann der Kreislauf durchbrochen werden. Und genau dafür gibt es inzwischen Anzeichen“, sagt Nathan Gibbs, der den rund 113 Millionen Euro (Stand 31.03.2013) schweren Schroder ISF Japanese Equity Alpha Fund managt.

In den vergangenen Jahren mussten sich Japans Arbeitnehmer einschränken. So hatten viele Unternehmen ihre Kosten gesenkt, um wettbewerbsfähiger zu werden. Dafür wandelten viele auch Vollzeitjobs in Teilzeitstellen um. Die Folge: Die Japaner wurden noch sparsamer als sie es wegen des steten Preisverfalls sowieso schon waren und die Deflation verstärkte sich.

Doch der Trend scheint sich zu drehen. So verkündeten zum Beispiel in den vergangenen zwei Monaten Lawsons und Familymart, zwei der größten Verbrauchermarktketten des Landes, Lohnsteigerungen um gut zwei Prozent. Da beide zusammen mehr als 17.000 Filialen landesweit unterhalten, geht davon eine erhebliche Signalwirkung aus. „Wir erwarten eine ähnliche Entwicklung in anderen Unternehmen. Das lässt Herrn und Frau Watanabe, das japanische Äquivalent zu Herrn und Frau Müller, auf mehr Geld hoffen und damit eher an steigende als an fallende Preise glauben“, kommentiert Nathan Gibbs.

Dauert diese Entwicklung an, kann sich die bloße Inflationserwartung in eine echte Inflation wandeln. Die Deflation würde also reflationiert. Für Immobilienaktien wird diese Entwicklung bereits eingepreist. Sie entwickelten sich zuletzt stark. Denn von der erwachenden Konsumlust erwartet man folgendes: Die Nachfrage nach Ladenflächen werde steigen und so die Leerstandsquote senken sowie die Profitabilität der Immobilienunternehmen erhöhen. Das ist gut für die japanische Binnenwirtschaft. Die exportorientierten Unternehmen profitieren vom schwachen Yen sowie einigen Verbesserungen der globalen Wirtschaft.

„Das darf sicher nicht darüber hinwegtäuschen, dass es beim Übergang von Deflation zu Inflation Probleme geben kann. Denn steigende Einkommen sind zwar gut für den Konsumenten, doch sie lasten auch auf der Profitabilität der Arbeitgeber, also den Unternehmen. Dennoch gibt es keinen Anlass zur Sorge, sondern zu einem gewissen Optimismus für die Watanabes und die japanischen Aktien“, sagt Gibbs abschließend.

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