Robeco: Japans geldpolitische Maßnahmen werden Probleme nicht lösen

Der neueste Plan der japanischen Notenbank, die Wirtschaft durch Steuerung der Anleiherenditen und Anhebung ihres Inflationsziels anzukurbeln, wird die zugrunde liegenden strukturellen Probleme nicht lösen, meint Lukas Daalder von Robeco.

17.10.2016 | 14:27 Uhr

Japans Notenbank (BoJ) kündigte Ende September neue Maßnahmen an, nachdem sie es mit ihrem mehrjährigen Quantitative-Easing-Programm und der Einführung negativer Sparzinsen kaum geschafft hat, für Wachstum zu sorgen. Die BoJ hat für 10-jährige Staatsanleihen eine Rendite von null als Zielmarke vorgegeben, um die Auswirkungen negativer Zinssätze auf japanische Banken zu kompensieren. Außerdem plant sie, ihr Inflationsziel von 2 % zu übertreffen. 

„Die Steuerung der Zinsstrukturkurve ist ein großartiger Plan, aber leider keine Lösung für die zugrunde liegenden Probleme, mit denen Japans Wirtschaft seit Jahren zu kämpfen hat”, sagt Daalder, Chief Investment Officer von Robeco Investment Solutions. 

„Es stellt sich die Frage, was sich durch die jüngste Kurskorrektur tatsächlich geändert hat. Unserer Meinung nach bringt der Vorsatz, das 2-Prozent-Inflationsziel zu übertreffen, keine Wende in Bezug auf die zukünftige Inflation, und auch die Steuerung der Zinsstrukturkurve sorgt nicht für direkte Inflationsimpulse. Wir glauben nicht, dass sich die Wirtschaft angesichts des ohnehin schon niedrigen Niveaus mit noch niedrigeren Zinssätzen oder Anleiherenditen ankurbeln lässt.” 

Daalder sieht mindestens fünf Gründe, warum niedrigere Anleiherenditen und Zinssätze nicht die gewünschte Wirkung haben oder sich sogar nachteilig auswirken werden:
Signalfunktion. Theoretisch reduzieren niedrigere Zinssätze und Anleiherenditen die Finanzierungskosten für Unternehmen, was diese zu mehr Investitionen veranlassen könnte. Seit ein paar Jahren scheint es aber so zu sein, dass die Zinssätze statt dessen eine Abschwächung der Wirtschaft signalisieren.

Auswirkungen auf die Renten. In einer alternden Gesellschaft, in der viele auf einen baldigen Ruhestand hoffen, dürften niedrigere Anleiherenditen dazu führen, dass mehr und nicht weniger gespart wird. Eine höhere Sparleistung hat weniger Konsum und ein geringeres BIP-Wachstum zur Folge. 

Trend zur Bargeldhaltung. Bei negativen Renditen und Zinssätzen wird mehr Bargeld gehalten, was die Kontrolle der Notenbank über die Geldmenge mindert.
Verzerrung wirtschaftlicher Prozesse. Die Steuerung der Zinsstrukturkurve setzt den Preisbildungsmechanismus außer Kraft, was zu allen möglichen Verzerrungen führen kann. Anleger werden (in ihrem Streben nach Rendite) möglicherweise allmählich zu große Risiken eingehen, und der Anreiz, Schulden anzuhäufen, bleibt bestehen.
Negative Auswirkungen auf Banken. Der Übergang zu negativen Zinssätzen hat erhebliche Zweifel an der Ertragskraft der Banken aufkommen lassen. Und am meisten Spielraum für einen Anstieg der Zinsstrukturkurve besteht nunmehr bei den längeren Laufzeiten, was eine Zunahme der Volatilität zur Folge haben könnte.

Japan braucht dringend Inflation

Von dem Vorhaben der BoJ, ihr Inflationsziel von 2 % zu übertreffen, sollten sich Anleger laut Daalder nicht zu viel erhoffen. „Wenn man sich den bisherigen Verlauf ansieht, stieg die Inflationsrate 2014 zeitweise über die 2-Prozent-Marke. Das war aber lediglich das Ergebnis der damaligen Verbrauchssteuererhöhung. Die zugrunde liegende Inflation hat die Zielmarke dagegen nie erreicht”, gibt Daalder zu bedenken. 

„Trotz des seitdem verfolgten aggressiven Quantitative-Easing-Programms haben sich die Kern- und Gesamtinflationsrate in den letzten Monaten wieder auf den deflationären Bereich zu bewegt. Nachdem die BoJ ihr Inflationsziel seit mehr als drei Jahren (tatsächlich schon seit über 20 Jahren) strukturell verfehlt hat, erscheint es etwas merkwürdig, dass sie dieses Ziel jetzt anhebt.”

Lesen Sie hier weiter

Der vollständige Marktausblick als pdf-Dokument

Diesen Beitrag teilen: