Robeco: Verborgene Perlen bei Small Caps

Robeco: Verborgene Perlen bei Small Caps
Marktausblick

Marilyn Monroe sang einst: „Diamonds are a girl's best friend“ – aber haben sie als Metapher für Mega Caps dieselbe Anziehungskraft? Anstatt sich auf die Kronjuwelen zu fixieren, könnten Anleger mit der Suche nach verborgenen Perlen im Bereich Small Caps den breiten Markt im nächsten Jahr schlagen, meint Strategieexperte Peter van der Welle.

11.12.2023 | 11:10 Uhr

Die Anleger an den Aktienmärkten gehen zwar mehrheitlich immer noch von einer sanften Landung der Weltkonjunktur im Jahr 2024 aus. Aber die Börsen waren noch nie ein guter Indikator für die Wahrscheinlichkeit von Rezessionen. Aktienanleger können letztlich nur in Unternehmen und nicht in Trendlinien investieren – unabhängig davon, ob ihre Vorhersagekraft gut ist oder nicht. Die Kunst des aktiven Managements besteht darin, diejenigen Aktien zu finden, die in schwierigen Zeiten besser abschneiden können als die übrigen.

Es könnte allerdings durchaus an der Zeit sein, eine Neueinschätzung der Mega-Cap-Technologietitel vorzunehmen, welche die Entwicklung im S&P 500 Index seit mehreren Jahren dominieren. Stattdessen sollte man nach den Perlen suchen, die im stärker auf Small-Caps fokussierten Russell 2000 verborgen sind, meint Peter van der Welle, Strategieexperte bei Robeco Sustainable Multi-Asset Solutions.

„Die unvollkommene Prognosefähigkeit der Börsen in Bezug auf wirtschaftliche Abschwünge führt tendenziell zu mehr falsch-positiven als falsch-negativen Ergebnissen“, sagt er. „Der Nobelpreisträger Paul Samuelson witzelte 1966, dass ‚die Wallstreet-Indizes neun der letzten fünf Rezessionen vorausgesagt haben‘. Risikoaversion beherrscht immer noch den Marktzyklus.“

„Doch könnte der Markt dieses Mal zu nachlässig sein? Während weiche Landungen für die Weltwirtschaft eher die Ausnahme als die Regel sind, zeigt die jüngste Umfrage der Bank of America Merril Lynch, dass 75 % der Asset Manager eine weiche Landung im Jahr 2024 erwarten.“

„Die Aktienmärkte haben sich auf dieses Szenario der sanften Landung eingestellt. Dies war umso mehr im November der Fall, nachdem die Zahlen zur (Kern-)Inflation in den USA im Oktober zu bestätigen schienen, dass die Notenbank ihr Inflationsziel von 2 % erreichen könnte, ohne die Konjunktur einbrechen zu lassen.“

Large Caps immer noch begehrt

Dieser Optimismus spiegelte sich in einem kräftigen Kursaufschwung an den Aktienmärkten im Jahr 2023 wider. Diese war allerdings zu einem großen Teil vom Optimismus im Bereich der großen Technologietitel getragen wurde und nicht von den Unternehmen mit geringerer Börsenkapitalisierung, die eventuell ein realistischeres Bild der zugrundeliegenden Konjunktur zeichnen.

„Der S&P 500 Index ist in diesem Jahr um 21 % gestiegen, und das kurzfristige Momentum des Aufwärtstrends ist außergewöhnlich stark“, sagt Van der Welle. „Der Ausverkauf an den Aktienmärkten, der typischerweise in den drei bis sechs Monaten vor Beginn einer Rezession stattfindet, ist bislang nicht zu beobachten.“

„Während die breiten Aktienindizes im bisherigen Jahresverlauf alle nach oben tendieren, zeigt die relative Wertentwicklung von Small Caps im Vergleich zu Large Caps deutlich skeptischere Untertöne. Dies deutet darauf hin, dass Teile des Aktienmarktes einen wirtschaftlichen Abschwung bereits vorweggenommen haben könnten.“

„Wir sind der Meinung, dass bei Small Caps – insbesondere im Russell 2000 – statt bei Large Caps die leichte Rezession, die wir im Multi-Asset-Team für 2024 erwarten, im Großen und Ganzen bereits in den Bewertungen berücksichtigt ist.“

„Sicherlich sind nicht alle Titel im Russell 2000 Index verborgene Perlen, denn rund 40 % der darin enthaltenen Unternehmen machen Verluste. Anleger, die bereit sind, sich durch die Masse an Material zu arbeiten, könnten dennoch einige Perlen finden.“

Wertentwicklung vom Gipfel bis zur Talsohle

Die technische Situation am Aktienmarkt bestätigt dies. Die relative Wertentwicklung des Russell 2000 entspricht derzeit fast der durchschnittlichen relativen Wertentwicklung gegenüber dem S&P 500 vor dem Ausbruch einer Rezession gemäß der Definition des National Bureau of Economic Research (NBER).

Der Russell 2000 ist seit seinem zyklischen Höchststand im März 2021 um 29 % hinter dem S&P 500 zurückgeblieben, während die typische Rückstand zwischen Höchststand und Tiefpunkt in einer Rezession 31 % beträgt. Dies bedeutet, dass im Russell 2000 Index 93 % des Rezessionsrisikos diskontiert ist.

„Natürlich kann es sein, dass sich die vergangene Entwicklung nicht wiederholt. Denn die Indexrelationen sind keine festen Größen, da grundlegende Veränderungen in der Wirtschaft zu Strukturbrüchen geführt haben können“, sagt Van der Welle. „So könnten Small Caps im Vergleich zu Large Caps bei einer anhaltenden Inflation oberhalb des Zielwerts der Zentralbank, bei der Large Caps mit der größten Preissetzungsmacht weiterhin am besten abschneiden, zusätzliche Verluste erleiden.“

Ein wichtiger Wendepunkt

Eine weitere Beobachtung ist, dass der Russell 2000 nach dem Tiefpunkt einer Rezession nach NBER-Definition tendenziell besser abschneidet als der S&P 500. „Wenn sich unsere Einschätzung einer leichten Rezession im Jahr 2024 als richtig erweist, könnte im nächsten Jahr ein wichtiger Wendepunkt erreicht werden. Denn der Russell 2000 Index hat historisch in den 200 Handelstagen nach einem Tiefpunkt der US-Rezession eine durchschnittliche Outperformance von 10%-Punkten erzielt“, so Van der Welle.

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Entwicklung des S&P 500 im Vergleich zum Russell 2000 um die Tiefpunkte in NBER-Rezessionen. Quelle: LSEG Datastream, Robeco

„Dies bestätigt sich, wenn man die Daten der vier Phasen des Konjunkturzyklus betrachtet: Aufschwung, Expansion, Abschwung und Rezession. Die Daten seit 1988 zeigen, dass der S&P 500 während der Rezession und der Erholungsphase in der Regel gegenüber dem Russell 2000 an Boden verloren hat.“

„Der S&P 500 verlor auf Monatsbasis durchschnittlich 0,2%-Punkte gegenüber dem Russell 2000, wenn unser Konjunkturzyklus-Monitor eine Rezession anzeigte. Wendet man die gleiche Analyse auf den MSCI Small Caps 1750 Index und den MSCI Large Cap 300 Index an, gelangt man zu ähnlichen Ergebnissen.“

Technologieriesen doch nicht so großartig?

Sollten Anleger also ein weiteres Jahr an den sieben Technologiegiganten – Alphabet (Google), Amazon, Apple, Meta Platforms (Facebook), Microsoft, NVIDIA und Tesla – festhalten? Oder sollten sie nach Anlagechancen in weniger populären Segmenten suchen?

„Wir sind der Ansicht, dass die Marktstimmung in Bezug auf Small Caps in den USA und anderswo in die Phase der Apathie eingetreten sind“, sagt Van der Welle.

„Die Anleger sind in Scharen den sieben Technologiegiganten gefolgt, doch Investoren, die fundamentale und aktive Strategien verfolgen, können bei den Small Caps einige verborgene Perlen entdecken. Während der Russell 2000 in nächster Zeit relativ gesehen noch weiter abwärts tendieren könnte, dürfte eine leichte US-Rezession im Jahr 2024 unseres Erachtens zu einem Wendepunkt führen.“

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