Schroders: Aktien weltweit: Globaler Ausblick

In einem für die Märkte voraussichtlich volatilen Jahr 2017 dürften sich bei anhaltendem Konjunkturaufschwung vielfältige Stockpicking-Chancen ergeben.

13.12.2016 | 12:30 Uhr

Schnell-Überblick: Weltweite Aktien 2017

 

  • Wir erwarten, dass der derzeitige Konjunkturaufschwung auch 2017 anhalten wird, zumal die aktuelle wirtschaftliche Erholung durch eine proaktive Haushaltspolitik unterstützt wird.
  • Die politische Umgebung bleibt durchsetzt mit Tücken und Risiken, die im nächsten Jahr wohl für Volatilität sorgen.
  • Da sich die Blase der „niedrigen Volatilität“ auflöst, sollten Bottom-up-Stockpicker1 von einem breiteren Chancenspektrum profitieren.

 

Ausblick 2017

2016 war ein herausforderndes Jahr für globale Anleger, das von einem hohen Maß an makroökonomischer und politischer Unsicherheit gekennzeichnet war.
Die Märkte zeigten sich von der politischen Ungewissheit unbeeindruckt.

In der ersten Jahreshälfte befeuerte die Besorgnis über das Tempo des weltweiten Wachstums und die aggressiven geldpolitischen Impulsen die anhaltende Outperformance der sogenannten „Bond Proxies“.2 Versorger, Telekommunikationsunternehmen und REITs waren im S&P 500 die Sektoren mit der besten Performance.

Ab Juni stand die Politik im Zentrum der Aufmerksamkeit der Anleger: Der Brexit, die Wahlen in den USA und die bevorstehenden Wahlen in Europa beeinflussten die Marktstimmung.

Trotz der ungünstigen Bedingungen lieferten die globalen Aktienmärkte angemessene Renditen. Ende November war der MSCI AC World Index in US-Dollar um ca. 6 % gestiegen.

Eine wichtige Triebfeder dieser Rendite lag in der schrittweisen, aber unbestreitbaren Verbesserung der zugrundeliegenden Wirtschaftsindikatoren. Die US-Wirtschaft ist in eine Erholungsphase mit robusten Beschäftigungs- und Wohnbaudaten eingetreten. Die geldpolitischen Lockerungsmaßnahmen scheinen in Europa nun langsam zu greifen. Die Anreizpolitik in China leistete einen klaren Beitrag zur Erholung der Rohstoff- und Energiepreise. Zuletzt unbeliebte Sektoren in zyklischen Bereichen3– Grundstoffe, Energie und Industriewerte, aber auch Finanztitel – entwickelten sich in den letzten Monaten besser als breitere Indizes, da die Anleger zu erkennen beginnen, dass wirtschaftliche Fundamentaldaten doch nicht ganz unbedeutend sind. Alles in allem hat sich die Anlegerstimmung seit der Jahresmitte, als Vorsicht das beherrschende Gefühl war, in Richtung eines vorsichtigen Optimismus bewegt.

Anhaltender Konjunkturaufschwung

Der weltweite Konjunkturaufschwung wird voraussichtlich bis ins Jahr 2017 hinein anhalten, unterstützt durch eine proaktive Fiskalpolitik des neuen Präsidenten des USA. Selbst wenn das von Donald Trump vorgesehene aggressive Infrastruktur- und Steuersenkungsprogramm vom Kongress verwässert werden sollte, dürfte es ihm doch gelingen, einen großen Teil seiner Vorhaben durchzusetzen, mit weitreichenden Auswirkungen auf Wachstum und Erträge in den USA.

Ein 600 Mrd. US-Dollar schweres Infrastrukturpaket könnte das Wachstum in den USA um ca. 0,25 % erhöhen, während eine Senkung des Körperschaftssteuersatzes von 35 % auf 15 % im Jahr 2018 zu einem Gewinnwachstum von 10 % führen könnte. Nachdem der Gewinn je Aktie4 in den USA drei aufeinanderfolgende Jahre lang nicht gestiegen ist, könnte die derzeitige wirtschaftliche Dynamik, unterstützt durch Trumps Pläne, sowohl 2017 als auch 2018 zu einem zweistelligem Gewinnwachstum führen. Dies würde zu weiteren Kursgewinnen bei US-Aktien führen.

Schulden schüren Zweifel

Neben dem Verdacht, dass es Trump nicht gelingen könnte, sein Versprechen bezüglich des Wachstums zu erfüllen, werden von vielen Seiten zahlreiche und größtenteils bekannte Vorbehalte geäußert. Der weltweite Schuldenstand steigt hauptsächlich aufgrund der Politik der Zentralbanken rasant an. Sehr niedrige Finanzierungszinsen haben zu einem Kapazitätswachstum in vielen Branchen geführt. Der Abbau überschüssiger Kapazitäten könnte noch lange dauern. Die Anleihenrenditen, die sich derzeit aufgrund der Wertpapierkäufe der Zentralbanken auf einem extremen Tiefstand befinden, sind nun als Indikatoren für Wachstum und Inflationsdynamik weit weniger zuverlässig. Ihr Anstieg in jüngster Zeit sollte daher grundsätzlich als Normalisierung und nicht unbedingt als Zeichen einer dramatischen Änderung des Wachstumsausblicks gesehen werden.

Fragile Bewertungen

Die Bewertungen bleiben weltweit unattraktiv, wobei die meisten wichtigen Märkte über dem Zehn-Jahres-Durchschnitt der Gewinne gehandelt werden (die deutliche Ausnahme ist Japan) Bei steigenden Zinsen ist davon auszugehen, dass die Bewertungen sinken. Die USA wirken in dieser Hinsicht etwas anfällig.

Im Gegensatz dazu wird die fortgesetzte quantitative Lockerungspolitik in Japan den Yen voraussichtlich schwächen. Dies dürfte die Inflation anfachen und die Wettbewerbsfähigkeit der japanischen Industrie stärken. Aktien erscheinen hier im Vergleich zu Anleihen weiterhin attraktiv und könnten in Lokalwährung hervorragend abschneiden.

Politische Risiken

Die Politik bleibt für globale Aktienmärkte 2017 weiterhin ein großer Risikofaktor. Die europäische Politik wird in den kommenden Monaten erneut in den Brennpunkt des Interesses der Anleger rücken. Die bevorstehenden Wahlen in Frankreich, den Niederlanden und Deutschland dürften die politische Richtung und die Zukunft der Eurozone prägen.

Sie werden, wie im Vorfeld bereits deutlich erkennbar, mit großer Wahrscheinlichkeit zu Stimmungsumschwüngen führen. Ein unwahrscheinlicher, aber möglicher Sieg des Front National in Frankreich würde die Finanzmärkte im Euroraum deutlich stören. Ein Sieg der etablierten Parteien in diesen Ländern sollte die europäischen Aktienkurse die Sorgenwand ein gutes Stück hochklettern lassen, doch könnte jeder Fehltritt nicht nur in Europa, sondern weltweit zu einer Erschütterung der Anleihen- und Aktienmärkte führen.

Schwellenländer

Die Politik dürfte zudem 2017 starke Auswirkungen auf die Renditen der Schwellenländer haben, wenn auch aus sehr unterschiedlichen Gründen. Die Renditen in Lateinamerika sollten von Trumps Einstellung zu Protektionismus und Immigration erheblich beeinflusst werden. In China wurden die Umstrukturierung unproduktiver Industriezweige und ein schrittweiser Abbau der enormen Schulden eingeleitet. Das Ergebnis dieser Maßnahmen ist jedoch ungewiss. In Indien hat die Politik erneut von den soliden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen abgelenkt.

Für Schwellenländer lässt sich allgemein sagen, dass sich die Politik und anziehende Zinsen in den USA als Belastung erweisen könnten, wenngleich die Fundamentaldaten auf breiter Front solide sind oder sich verbessern. Die realen (inflationsbereinigten) Zinsen sind bereits viel höher als in der entwickelten Welt und höher als sie es 2013 während des „Taper Tantrum“5 waren.

Positive Entwicklung im Wandel

In einer Übergangsphase wie dieser sind wir der Meinung, dass Branchen, die einen Regimewechsel gut bewältigen, hervorragende Erfolgschancen haben. Das anhaltende Wachstum und die von ausgewählten Internetplattformen und Technologiekatalysatoren ausgehende Disruption dürften nicht nur dazu beitragen, die Margen in Zeiten der Unsicherheit zu verteidigen, sondern die betreffenden Unternehmen dürften sogar in der Lage sein, ihre Marktpenetration zu verbessern.

Indes verbessert sich der Ausblick für Banken dank weitgehender Kostensenkungsprogramme, die sich auszuzahlen beginnen, zumal Regulierungsbehörden aufhören, den Banken Kapital- und Compliance-Kosten aufzubürden. Infolge des steigenden nominalen Wachstums und der sich langsam von ihren historischen Tiefstständen entfernenden Zinsen verbessert sich auch das Ertragsumfeld.

Auf der Grundlage unseres überzeugten „Bottom-up“-Ansatzes sind wir der Meinung, die Auflösung der Blase der niedrigen Volatilität sollte letztlich eine Reihe von Chancen mit sich bringen, die uns erlauben, unsere Positionen um ausgezeichnete Unternehmen in verschiedenen Branchen zu erweitern. Unsere Portfolios werden voraussichtlich zyklischer sein als in der jüngsten Vergangenheit. In Anbetracht der oben dargelegten Unsicherheitsfaktoren erscheint uns jedoch sowohl aus geografischer als auch aus sektorbezogener Sicht ein ausgewogener Ansatz geeignet.

1 Ein „Bottom-up“-Anlageansatz basiert auf der Analyse einzelner Unternehmen, wobei (im Gegensatz zu einem „Top-down“-Ansatz) die Historie, die Geschäftsführung und das Potenzial eines Unternehmens stärker ins Gewicht fallen als die allgemeinen Markt- oder Sektortrends.

2 Sektoren und Aktien gelten als sichere Häfen mit einer geringeren Ertragsvolatilität und überdurchschnittlichen Dividendenrenditen.

3 Bewegungen bei zyklischen Aktien scheinen enger mit dem Konjunkturzyklus verbunden zu sein. Zyklische Aktien entwickeln sich am besten in starken Wachstumsphasen.

4 Der jeder Aktie zugeschriebene Gewinn eines Unternehmens, der berechnet wird, indem der Gewinn nach Steuern durch die Anzahl der Aktien dividiert wird.

5 „Taper tantrum“ bezieht sich auf den kräftigen Anstieg der Anleihenrenditen im Jahr 2013 in Reaktion auf den Vorschlag des damaligen Vorsitzenden der US-Notenbank Fed, Ben Bernanke, das quantitative Lockerungsprogramm einzuschränken.

Der Artikel erschien am 12.12 auf Schroders.com 

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