Weltwirtschaft vor Aufschwung

2012 war für die Weltwirtschaft ein durchwachsenes Jahr: Die Konjunkturdaten in der Eurozone verschlechterten sich im Jahresverlauf kontinuierlich, da die rezessiven Tendenzen in der Peripherie der Eurozone zunehmend auf die Kernländer übergriffen.

17.12.2012 | 15:41 Uhr

In vielen Schwellenländern verlangsamte sich das Wachstum merklich, gebremst durch eine restriktive Geldpolitik sowie zurückgehende Exporte nach Europa. Im vierten Quartal mehrten sich jedoch aufgrund umfangreicher antizyklischer Maßnahmen die Anzeichen für eine einsetzende Konjunkturerholung in vielen Schwellenländern. Die US-Wirtschaft erwies sich als überraschend widerstandsfähig und folgte einem einigermaßen stabilen Wachstumspfad von in etwa 2 %. Die wichtigsten Zentralbanken reagierten auf die globale Wachstumsschwäche mit neuen Liquiditätsmaßnahmen.

Gute Chancen für eine globale Konjunkturerholung

Das Jahr 2012 offenbarte die grundlegenden Schwierigkeiten eines Schuldenabbaus. Vor allem in den Ländern der europäischen Peripherie kam es aufgrund der staatlichen Sparmaßnahmen in Kombination mit einer Kreditklemme zu einem massiven Wachstumseinbruch. Eine Kreditklemme schränkt in der Regel die Investitionsmöglichkeiten der Unternehmen ein und verhindert damit, dass die positiven Wachstumseffekte von Strukturreformen und niedrigen Zinsen zum Tragen kommen. Trotz aller Schwierigkeiten gibt es erste hoffnungsvolle Anzeichen für eine Verbesserung: So werden die geplanten Sparmaßnahmen der Regierungen in der europäischen Peripherie im Jahr 2013 milder ausfallen als 2012 und somit die Konjunktur weniger stark belasten. Auch entspannte sich die Lage für die europäischen Banken infolge der geldpolitischen Maßnahmen der Europäischen Zentralbank (EZB) in den vergangenen Wochen. Allein die Ankündigung der EZB, unter bestimmten Bedingungen unbegrenzt Staatsanleihen zu kaufen, sorgte für einen massiven Stimmungsumschwung an den Finanzmärkten; als eine Folge dessen sanken die Risikoprämien an den europäischen Geld-, Renten- und Aktienmärkten deutlich. Die davon ausgehende Verbesserung des monetären Umfelds dürfte schon im ersten Quartal 2013 wieder zu Wirtschaftswachstum in der Eurozone beitragen. Deutschland wird dabei mit einem geschätzten Wirtschaftswachstum von etwa 1,2 % die Rolle der Wachstumslokomotive in Europa behalten, während die Volkswirtschaften in der Peripherie der Eurozone bestenfalls stagnieren werden. Im Gegensatz zu Europa haben die Schwellenländer schon die konjunkturelle Trendwende geschafft und befinden sich seit dem vierten Quartal 2012 in einer moderaten Aufschwungsphase. Die umfangreichen wirtschaftspolitischen Stimulusmaßnahmen in vielen Schwellenländern seit Mitte 2012 dürften einen anhaltenden Aufschwung im Jahresverlauf 2013 ermöglichen. Eine grundlegende Voraussetzung für ein globales Erholungsszenario ist jedoch, dass die politischen Parteien in den USA rechtzeitig eine Einigung über die zukünftige Fiskalpolitik erzielen, um einen Absturz der US-Wirtschaft über die fiskalische Klippe zu verhindern. Sollte rechtzeitig ein Kompromiss gefunden werden, besteht für die Unternehmen und Konsumenten wieder Planungssicherheit im Hinblick auf die zukünftige Entwicklung der Steuersätze. Ein Rückgang der derzeit ungewöhnlich hohen Unsicherheit könnte signifikant positive Effekte auf die Ausgaben der Unternehmen und Konsumenten haben, wie zahlreiche Studien gezeigt haben. Metzler Asset Management sieht vor diesem Hintergrund gute Chancen, dass die USA im Jahr 2013 mit etwa 3,0 % wachsen werden. Insgesamt dürfte sich das Wachstum der Weltwirtschaft von 3,0 % in diesem Jahr auf 4,0 % im kommenden Jahr beschleunigen.

Ein solcher globaler Aufschwung ist jedoch nur möglich, wenn die Industrienationen nicht in einer Liquiditätsfalle gefangen sind. Eine Liquiditätsfalle würde bedeuten, dass die Geldpolitik den privaten Sektor nicht mehr zu einer Reduktion der Sparquote sowie zur Kreditaufnahme anreizen kann – die Geldpolitik wäre damit im Endeffekt wirkungslos geworden. Insbesondere die Prognose einer Wachstumsbeschleunigung in den USA basiert auf der gegenteiligen Annahme eines zunehmend höheren Wirkungsgrades des monetären Transmissionsmechanismus. Für diese Annahme spricht, dass das Bankensystem in den USA weitestgehend gesundet ist und somit als wichtigster Transmissionsriemen zwischen Geldpolitik und Realwirtschaft fungieren kann. Darüber hinaus dürfte die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes steigen, da die Unternehmen und Konsumenten ihre Zurückhaltung infolge einer gesunkenen Unsicherheit über die zukünftige Steuerpolitik aufgeben und die Ausgaben wieder deutlich erhöhen werden – eine politische Einigung über die Umschiffung der fiskalischen Klippe vorausgesetzt.

In diesem Umfeld werden naturgemäß die Fragen nach dem „Wie“ und „Wann“ eines geldpolitischen Exits wieder in den Fokus rücken. Die Marktteilnehmer werden sehr schnell realisieren, dass die Zentralbanken kaum in der Lage sein werden, einen rechtzeitigen Exit zu vollziehen, da sie zu stark in die Banken- und Staatsfinanzierung verwickelt sind. Die Eurobarometer-Umfrage der Europäischen Kommission zeigt schon jetzt, dass zwar eine große Mehrheit der europäischen Bevölkerung hinter dem Euro steht, dass aber das bisher solide Vertrauen in die EZB einem breiten Misstrauen gewichen ist. Der Verlauf der Diskussionen in den USA lässt auch dort einen größeren Verlust des Vertrauens in die Fed vermuten. Die bisher nur latente Sorge um die Geldwertstabilität dürfte sich in einem dynamischen Wirtschaftsaufschwung sehr schnell in Form von höheren Inflationserwartungen manifestieren. Die Inflationserwartungen wirken damit als ein Verstärker der wirtschaftlichen Entwicklungen, da sie zu selbsterfüllenden Erwartungen werden können. In den vergangenen Jahren verhinderten immer wieder auftretende Finanzmarktturbulenzen einen stärkeren Anstieg der Inflation und sorgten dafür, dass die Stimmung an den Finanzmärkten wie ein Pendel zwischen Inflations- und Deflationsängsten hin und her schwang. Die neue Strategie der Zentralbanken, durch „unbegrenzte“ Liquiditätsmaßnahmen etwaige zukünftige Liquiditätsängste zu unterbinden und damit schon im Vorfeld Finanzmarktturbulenzen zu verhindern, sollte keinesfalls unterschätzt werden. Wenn dadurch Deflationsängste eingedämmt werden, können auf der anderen Seite Inflationsängste deutlich zunehmen.

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