La Financière de L‘Echiquier: Im Handelskrieg hat China weniger Munition als die USA

Olivier de Berranger, Chief Investment Officer La Financière de L‘Echiquier
Marktkommentar

Der Handelskonflikt zwischen den USA und China schaukelt sich weiter hoch. China kündigte als Reaktion auf die jüngsten Provokationen Trumps jedoch nicht umgehend weitere Gegenmaßnahmen an – dies liege im enormen Handelsüberschuss Chinas mit den USA begründet, erläutert Olivier de Berranger, Chief Investment Officer bei La Financière de l’Echiquier (LFDE).

26.06.2018 | 14:35 Uhr

Die Aktienmärkte haben eine komplizierte Woche hinter sich, in der das Gespenst eines Handelskrieges umging. Donald Trump hatte Strafzölle von 25 % auf Importe chinesischer Produkte mit einem Wert von 50 Milliarden US-Dollar angekündigt. Eine erste Tranche im Wert von 34 Milliarden US-Dollar soll ab dem 6. Juli 2018 besteuert werden, und danach eine weitere in Höhe von 16 Milliarden US-Dollar, vor allem im Bereich der Technologieprodukte. Die chinesische Regierung hatte unverzüglich mit einer Punkt für Punkt gleichartigen Retourkutsche reagiert: Betroffen sind US-Importe im Wert von 50 Milliarden US-Dollar, besteuert mit 25 %, davon anfänglich 659 Produkte im Wert von 34 Milliarden US-Dollar ab 6. Juli.

Nun hatte der US-Präsident aber davor gewarnt, dass er im Falle einer weiteren Retourkutsche Chinas zusätzliche Strafzölle ankündigen werde. Dies erfolgte schließlich am Montag vor einer Woche, als Donald Trump seinen Handelsbeauftragten offiziell ersuchte, eine neue Liste mit chinesischen Importwaren im Wert von 200 Milliarden US-Dollar zusammenzustellen. Die Reaktion Chinas folgte jedoch nicht auf dem Fuße, und das aus gutem Grund. Bei diesem Gerangel wechselseitiger Vergeltungsmaßnahmen verfügt China über deutlich weniger Munition als die USA: Die amerikanischen Exporte nach China werden auf 130 bis 160 Milliarden US-Dollar geschätzt, während die chinesischen Exporte in die USA rund 520 Milliarden US-Dollar betragen.

China hat allerdings andere Möglichkeiten für Gegenmaßnahmen: Zum einen die Abwertung seiner Währung eine Waffe, die von der chinesischen Regierung bereits eingesetzt wurde. Der Rückgang des Yuan gegenüber dem Dollar um mehr als 15 % innerhalb einer Woche ist gewiss nicht unbedeutend. Zum anderen den Verkauf amerikanischer Anleihen. China hält amerikanische Staatsanleihen im Wert von mehr als 1.100 Milliarden US-Dollar und ist damit der größte ausländische Gläubiger der USA. Massive Verkäufe dieser Anleihen würden sich unmittelbar auf den US-Dollar auswirken und für heftige Turbulenzen an den Märkten sorgen. Und schließlich auch wenn diese Waffe heute noch nicht zum Einsatz kommt die Repressalien gegen in China ansässige amerikanische Unternehmen, denen unter anderem die Geschäftstätigkeit untersagt würde oder die höher besteuert werden könnten.

Auch wenn die Reaktionen Chinas bislang moderat blieben, ist es offensichtlich, dass das Arsenal für eine Eskalation des Handelskrieges vorhanden ist. Zumal nicht nur China auf die amerikanischen Attacken mit Gegenschlägen reagiert. Am vergangenen Freitag veröffentlichte auch die Europäische Union eine Liste amerikanischer Produkte, die als Reaktion auf die Strafzölle auf Stahl und Aluminium mit 25 % besteuert werden sollen. Mehrere Dutzend Produkte sind davon betroffen, und es war zu erwarten, dass Donald Trump auch dieses Mal wieder kontern würde. Die Antwort kam schließlich am Freitag in Form der Androhung eines Strafzolls von 20 % auf europäische Autoimporte in die USA.

Da sich mit der Gewinnwarnung von Daimler die ersten negativen Folgen für die Unternehmen zeigen, sollten die künftigen Entwicklungen dieser Maßnahmen sehr sorgsam im Auge behalten werden.


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