La Financière de l’Echiquier: Keine gute Nachricht für die Entwicklung des US-Aktienmarkts

Olivier de Berranger, Chief Investment Officer bei LFDE – La Financière de l’Echiquier.
Marktkommentar

Der US-Aktienmarkt hat seit September zweistellig an Wert verloren. „In den letzten Jahren waren US-Unternehmen selbst die Hauptkäufer von US-Aktien“, schreibt Olivier de Berranger, Chief Investment Officer bei LFDE. Mit steigenden Zinsen dürften die Aktienrückkäufe im kommenden Jahr jedoch stark rückläufig sein.

27.11.2018 | 13:36 Uhr

Nach zwei Monaten mit höherer Volatilität scheint sich ein großer Verlierer abzuzeichnen, der bis Herbst in der Gunst der Anleger weit oben stand: Der US-Aktienmarkt. Während der MSCI World im Zeitraum vom 20. September bis 20. November in lokalen Währungen 9,6 Prozent verlor, ging der MSCI Europe vergleichsweise nur um 7,5 Prozent zurück, dagegen sank der Nasdaq um 13,6 Prozent. Bei den Technologie-Riesen sieht die Situation noch schlechter aus: Apple verlor 19,3 Prozent, Facebook 20,2 Prozent und Amazon 23,1 Prozent. Handelt es sich hierbei bloß um die Stilrotation eines Marktes, der sich endlich von seinen teuren Assets trennt, um sich eher Value-Titeln zuzuwenden? In gewissem Maße ja. Aber es ist auch Ausdruck der Anfälligkeit eines US-Marktes, dessen Hausse der letzten Jahre teilweise mit einem Phänomen einhergeht, zu dem die Technologie-Unternehmen zu großen Teilen beigetragen haben: den Aktienrückkäufen.

In den letzten vier Jahren waren US-Unternehmen selbst die Hauptkäufer von US-Aktien. Ausländische Anleger kauften in diesem Zeitraum insgesamt nur ungefähr halb so viele dieser Aktien. In Europa gibt es relativ wenige Aktienrückkäufe, am US-Markt sind sie hingegen weit verbreitet und stellen kein negatives Signal dar. In einem Land, in dem die Dividenden geringer sind (2,1 Prozent beim S&P 500 im Vergleich zu 4 Prozent beim MSCI Europe), bieten sie den Aktionären eine zusätzliche Vergütung, die darüber hinaus wieder angelegt werden und so die Stärke der Konjunktur befeuern kann.

Die Dynamik der letzten Jahre wirft jedoch Fragen auf. In der Vergangenheit waren niedrigere Investitionen und eine höhere Verschuldung der Unternehmen Zeichen für Krisenzeiten. Zwischen 2014 und 2016 trat das gleiche Phänomen jedoch in einer Phase des Wirtschaftswachstums auf. Diese Phase war für die Aktienrückkäufe besonders günstig. Auch wenn der Zusammenhang zwischen beiden nicht völlig linear ist, so steht doch fest, dass die US-Unternehmen sich teilweise verschuldeten, um den Rückkauf ihrer eigenen Aktien zu finanzieren. Diese Geschäfte nahmen nach 2016 ab, um dann 2018 umso stärker zuzunehmen, da Trumps Steuerreform die Rückholung von im Ausland gehaltenen Barbeständen ermöglichte.

Diese Maßnahme läuft jedoch Ende des Jahres aus, und die Unternehmen werden sie demnach nicht mehr für die Finanzierung ihrer Aktienrückkaufprogramme nutzen können. Der Verschuldungsgrad der Unternehmen erreichte überdies prozentual zur Wertschöpfung ein 20-Jahres-Hoch. Es ist somit schwierig, sich weiter zu verschulden, erst recht in einem Umfeld steigender Zinssätze, in dem eine Kreditblase entstehen könnte, die sich bei einer Konjunkturverlangsamung als katastrophal erweisen würde. Die Aktienrückkäufe dürften im kommenden Jahr also stark rückläufig sein. Darüber hinaus sind die Bewertungen am US-Markt trotz der jüngsten Korrektur zwar weiter sehr hoch, doch der Verlust eines wichtigen Käufers wäre keine gute Nachricht.

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