WisdomTree: Notfallzinssenkung der Fed verpufft

WisdomTree: Notfallzinssenkung der Fed verpufft
Marktkommentar

Das Coronavirus bewirke eine weitere Verlangsamung der globalen Wachstumsprozesse, der Zeitpunkt für fiskalische Stimuli sei gekommen, sagt Lidia Treiber, Director - Research bei WisdomTree.

06.03.2020 | 08:57 Uhr

Schon einmal reagierte die Federal Reserve (Fed) auf einen internationalen Ausverkauf auf den Aktienmärkten, indem sie am 22. Januar 2008 den Zinssatz für Bundesmittel von 4,25 auf 3,5 Prozent senkte und damit eine Notfallzinssenkung um 75 Basispunkte einleitete. Im Anschluss an diesen Schritt hatte der Offenmarktausschuß der Fed darauf hingewiesen, dass "angesichts einer Abschwächung der Wirtschaftsaussichten und zunehmender Abwärtsrisiken für das Wachstum" Handlungsbedarf bestehe. Im Eiltempo leitete die US-Notenbank bis zum 3. März 2020 ihre erste Notfallzinssenkung seit der Krise von 2008 im Bereich von 50 Basispunkten ein. Diesmal soll die Maßnahme eine Wirtschaft unterstützen, die durch Lieferengpässe in Teilen Asiens unter Druck gerät, welche sich möglicherweise noch verschlimmern könnten.

Die Zinssenkung der Fed könnte den Versuch verkörpern, die Nachfrageseite der wirtschaftlichen Gleichung wieder zu beleben, denn die Coronavirus-Epidemie bewirkt einen Rückgang der Konsumausgaben inmitten eines sich bereits ohnehin verlangsamenden globalen Wachstumsprozesses. In China gingen die Autoverkäufe im Februar um 80 Prozent zurück. Dies ist einer der größten monatlichen Rückgänge in der Geschichte, denn der Konsum wird durch Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus beeinträchtigt. Dies setzt die chinesische Autoindustrie, die sich bereits seit zwei Jahren in einem Rückgang befindet, weiter unter Druck. Auf Angebotsseite verzeichnete die chinesische Industrie ebenfalls eine der schwächsten Aktivitätsphasen in den bisherigen Aufzeichnungen. Der ISM-Einkaufsmanagerindex sank von 50 im Januar 2020 auf 35,7 im Februar. Es wird zwar erwartet, dass viele chinesische Fabriken bis Ende dieses Monats wieder höhere Kapazitätsniveaus erreichen werden, dennoch könnten sich erhebliche negative Auswirkungen einstellen, wenn der Virus auf viele Länder übergreift. Die geldpolitische Lockerung der Fed dürfte zwar unmittelbare Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt haben. Dennoch werden die gewünschten positiven Nachfrageeffekte ohne eine Verpflichtung zu fiskalischen Stimulierungsmaßnahmen nicht greifen.

Das Coronavirus beginnt sich in ganz Europa auszuweiten. Die Europäische Zentralbank verfügt gleichzeitig über weniger geldpolitische Instrumente, um die Verbrauchernachfrage wieder anzukurbeln. Obwohl wir bislang noch kein starkes Engagement zugunsten fiskalischer Stimulierungsmaßnahmen in Europa sehen - jetzt könnte der Zeitpunkt gekommen sein, der finanzkräftige Länder zur fiskalischen Expansion veranlasst. Dies könnte das geeignete Instrument sein, um die Nachfrageseite der Gleichung anzukurbeln und der Abschwächung des Wachstums in der ersten Hälfte des Jahres 2020 gegenzusteuern".

Sofern nicht anders angegeben, ist die Datenquelle Bloomberg, Stand 04. März 2020

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