Politische Börsen – Ein neues Kapitel der Wirtschaftsgeschichte ist angebrochen. Das initiale Ereignis der Corona-Pandemie erzwang einen Trend der De-Globalisierung, der auch durch den Ukraine-Krieg weiterhin verstärkt wird.
12.09.2022 | 07:12 Uhr
Die Notenbanken und Staaten, die in den letzten Jahrzehnten jede Krise mit viel neuem Geld zu lösen versuchten, haben Inflation verursacht, nicht bekämpft und fallen nun als Retter aus. Die Inflations-Saat ist somit gesät und verursacht zunehmend Wohlstands- & Wachstumsverluste. Leider wird diese Krise länger gehen als viele meinen und hoffen. Ein opportunistischer, flexibler und vor allem unideologischer Ansatz im Portfoliomanagement ist aus unserer Sicht deshalb alternativlos.
Ein kurzer Rückblick sei uns zunächst gestattet. Seit vielen, vielen Jahren weisen wir auf die Gefahren einer entfesselten Geldpolitik sowie eine Verschuldungsorgie der Staaten hin. Zauberlehrlinge einer neuen Philosophie namens Modern Monetary Theory (MMT) sind dem Glauben verfallen, eine unendlich expansive Geldpolitik könne wirtschaftliche Probleme ohne negative Konsequenzen lösen.
Darüber hinaus hat sich die Europäische Zentralbank (EZB) von ihrer eigentlichen und einzigen Aufgabe verabschiedet, nämlich der Geldwert-Stabilität: Sie hat sich im Zuge einer Selbstermächtigung andere Ziele gegeben wie beispielsweise das Bekämpfen des Klimawandels, Förderung der Gleichberechtigung und das Ermöglichen einer weiteren Verschuldung der Staaten. Vertragswidrig und nicht demokratisch legitimiert, versteht sich.
Handelskriege und militärische Kriege werden wieder „hoffähig“ und als Mittel zur Erreichung politischer Ziele erachtet. Dies betrifft nicht nur Russland und China, sondern auch und insbesondere die USA und Europa (die EU hat mit die meisten Handelszölle der westlichen Welt aufgebaut). Man übersieht dabei allerdings, dass die größtenteils segensreiche Globalisierung und internationale Arbeitsteilung in den letzten 30 Jahren einen starken Wohlstandszuwachs gebracht und viele hundert Millionen Menschen aus der Armut geholt haben. Es scheint, folgt man so mancher Argumentation, man könne ökonomische Naturgesetzte außer Kraft setzen und die De-Globalisierung hätte keine negativen Auswirkungen.
Sozusagen die Krönung der Allmachts-Phantasien einiger Staatslenker waren die sogenannten „Lock-Downs“, also das Herunterfahren ganzer Volkswirtschaften. Im festen Glauben, alles lenken, steuern und letztendlich mit viel neuem Geld bezahlen zu können, ohne dass daraus heftige Verwerfungen und Wohlstandsverluste entstehen, genießen diverse Regierungen einen enormen Machtzuwachs.
Die jüngste Schöpfung politischer Handlungs-Gläubigkeit waren die Sanktionen gegen Russland. Der Glaube, man könne sich von heute auf morgen unabhängig vom größten Rohstofflieferanten der Welt (der nebenbei noch das größte Land der Erde ist) machen, diesem Preise- und Exportbedingungen diktieren, ohne dass dies drastische Folgen für das eigene Land und die Welt hätte, ist mindestens realitätsfern.
Wir hatten auf diesen Sachverhalt bereits im März hingewiesen. Doch nicht nur die Folgen für Deutschland & Europa sind drastisch. Nein, man verteuert und verknappt so nebenbei und natürlich unwissentlich auch noch die Rohstoffe und Lebensmittel für den Rest der Welt, indem man durch diese Politik die Preise für alle hochtreibt. Die ärmeren Länder bedanken sich…
Die Folgen sind langfristig, drastisch und unwiderruflich. Denn
Aktuell befinden sich viele Teile der Welt in einer Zange zwischen hoher Inflation und nachlassendem Wachstum. Man hatte sich daran gewöhnt, dass die Zentralbanken in jeder Krise neues Geld „drucken“ und damit eine Rezession verhindern können (V-förmige Erholungen). Dies ist nunmehr aufgrund des Inflationsumfeldes nicht mehr möglich.
Gleichzeitig gehen die Wachstumsraten der Volkswirtschaften zurück und die Kreditkosten steigen. Dies ist eine natürliche Folge der o.g. De-Globalisierung, steigender Inflationsraten (= abnehmender Wohlstand), höherer Zinsen und zunehmender Unsicherheit (= abnehmender Konsum und geringere Investitionen).
Auch auf dieses Stagflations-Szenario hatten wir frühzeitig und lange hingewiesen und es als das schlimmste ökonomische Szenario beschrieben, dass es nur gibt. Und je länger es andauert, desto drastischer die Folgen für Wirtschaft, Staat, Gesellschaft und Kultur – kurz gesagt, auf alles.
Die Notenbanken haben es versäumt frühzeitig einer inflationären Entwicklung bremsend entgegenzuwirken. Unabhängig vom Auslöser gibt es die Tendenz, dass einmal aufgetretene Inflation kaum mehr zu stoppen ist. Grund ist, dass nach und nach alle Wirtschaftssubjekte ihre Preise erhöhen, um das Wohlstands- und Ertragsniveau zu halten. Selbst wenn Energie- und Rohstoffpreise wieder fallen, frisst sich die Inflation weiter voran. Denn natürlich wollen beispielsweise die Arbeitnehmer und Gewerkschaften einen Inflationsausgleich, der wieder zu steigenden Preisen führt und so weiter und so fort. Wenn Inflation nicht im Keim erstickt wird, kann sie zur Gefahr für die gesamte Wirtschaft werden. Die frühere Bundesbank wusste das. Leider verfolgt die heutige EZB ganz andere politische Ziele.
Fallende Preise für Aktien, Anleihen, Immobilien, ja sogar Gold, sind das schlimmste Szenario für Finanzmärkte und Anleger. Denn Diversifikations-Effekte (Streuung von Risiken auf verschiedene Anlageformen) funktioniert nicht mehr. Somit bleibt zur Risikosteuerung letztendlich nur der Verkauf, was wiederum die Preise drückt und die Abwärtsspirale beschleunigt.
Leider sehen die Finanzmärkte auch keinerlei Lichtblicke im Hinblick auf die Lösung der o. g. Probleme. Die Hoffnung auf ein Ende der De-Globalisierung scheint nicht in Sicht: Die Politik macht nicht den Anschein ausreichend auf den Frieden in der Ukraine hinzuwirken, internationale Handelsabkommen neu zu schließen (zum Beispiel mit USA, Kanada, Südamerika, Südostasien) oder die Energiekosten für Bürger und Wirtschaft niedrig zu halten, indem die eigene Produktion hochgefahren wird (Kernenergie, Kohle, Gas, Biogas). Im Gegenteil: Man arbeitet permanent an weiterer Verknappung und Verteuerung (Öl-Embargo, Gas-Embargo, Kohle-Embargo, Abschaltung Kernkraftwerke, Nicht-Wieder-Hochfahren der Kohlekraftwerke, Gefährdung der Bio-Gas-Anlagen durch Düngemittelverordnungen, hohe Regulierung bei neuen Photovoltaik- und Windkraftwerken, Embargo auf Lebensmittel aus Russland).
Darüber hinaus haben wir das Gefühl, dass sich weite Teile der Politik in der aktuellen Situation ganz wohl fühlen. Russland kommt wirtschaftlich ganz gut zurecht und schmiedet neue Allianzen mit beispielsweise China und Indien. Währenddessen hat die Nato massiv an Bedeutung gewonnen. Hohe Einigkeit lässt Gelder fließen, wovon viele profitieren. Die Amerikaner sind die letzte verbliebende „gute“ Weltmacht, die zunehmend Energie, Waffen und viele weitere Güter exportieren. Die EU muss in „Krisen“ zusammenstehen, Haltung und Geschlossenheit zeigen. Nur in Krisen fließen auch Gelder, werden Kredite mit der EU als Schuldner möglich, was vertraglich eigentlich gar nicht erlaubt ist. Man könnte noch einiges mehr aufzählen, wodurch von der Krise profitiert wird. Wieso sollte jemand ein Interesse daran haben, die Krisen-Szenarien zu beenden?
Was geht uns als Anleger und Investoren die Politik an, könnte man sich fragen. Die Börsen sind in einem fast nie gekannten Ausmaß aktuell hoch politisch geprägt. Das heißt, politische Entscheidungen (hierzu gehört für uns immer auch die Geldpolitik!) sind für die Finanzmärkte zurzeit hochbrisant. Leider sind politische Entscheidungen nicht prognostizierbar. Daher muss man sich auf verschiedene Szenarien einstellen und auf das wahrscheinlichste sein Portfolio ausrichten.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang eine unverblümte und unideologische Analyse der aktuellen Situation sowie der Hauptantriebs-Richtungen der politisch Handelnden.
WICHTIG: Wir gestehen jedem seine eigene Meinung zu und man muss mit uns überhaupt nicht übereinstimmen! Es gibt andere Sichtweisen, die wir jederzeit respektieren.
Wir richten uns nach unserer Analyse aus und versuchen diese zu beschreiben und umzusetzen. Daraus folgt folgendes Fazit:
Schnelle Erholungen und Lösungen mit viel neuem Geld gehören der Vergangenheit an. Investoren müssen neu denken und opportunistisch handeln. Für viele professionelle, wie auch private Anleger eine ganz neue Erfahrung.
Daniel Zindstein ist Inhaber und Geschäftsführer der Zindstein Vermögensverwaltung GmbH mit Sitz im Allgäu. Nach Finanzwirtschafts-Studium und ersten Erfahrungen in der Vermögensverwaltung, leitete der Bankkaufmann das Vermögens-Management einer großen süddeutschen Sparkasse und legte in dieser Funktion 2006 seinen ersten vermögensverwaltenden Fonds auf. Zwei eigene Fonds wurden 2017 & 2020 aufgelegt: Der internationale Aktienfonds „Zindstein Werte-Sammler“ sowie der breit streuende vermögensverwaltende Fonds, „Zindstein Vermögens-Mandat“. Zindstein wurde bereits zwei Mal vom Finanzen-Verlag als Vermögensverwalter des Jahres ausgezeichnet.
ZINDSTEIN VERMÖGENS-MANDAT P (ISIN: DE000A2PR0K4)
Vermögensverwaltender, langfristig orientierter, in alle Anlageklassen investierender, globaler Investment-Fonds.
ZINDSTEIN WERTE-SAMMLER P (ISIN: DE000A2DHUA1)
Ein
internationaler Aktienfonds, der antizyklisch in gute Unternehmen
investiert.
Rechtliche Hinweise:
Herausgeberin dieser Markteinschätzung ist die Zindstein Vermögensverwaltung GmbH. Die in dieser Schrift verwendeten Informationen beruhen auf Quellen, die die Zindstein Vermögensverwaltung GmbH für verlässlich hält. Eine Gewähr für deren Richtigkeit und Vollständigkeit kann nicht übernommen werden. Die Zindstein Vermögensverwaltung GmbH übernimmt keine Haftung für die Verwendung dieser Informationsschrift oder deren Inhalt.
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