Die Situation an den drei wichtigsten Finanzmärkten in Japan schafft neue Chancen für Anleger, meint der Multi-Asset-Investor Arnout van Rijn.
22.02.2024 | 10:07 Uhr
Die Aktien-, Anleihen- und Devisenmärkte Japans befinden sich alle an Wendepunkten, die sie für Investoren vielversprechend machen, sagt er. Da Baseball die beliebteste Sportart des Landes ist, bietet sich eine Analogie an: Die drei „Bases“ sind besetzt, und der „Batter“ macht sich bereit für einen „Homerun“.
Somit könnten Anlagen in Japan, die aufgrund jahrzehntelanger Rezession, künstlich kontrollierten Anleihemarkts und unterbewerteter Währung lange Zeit stagnierten, wieder eine größere Rolle in den Portfolios spielen. Diese Ansicht vertritt Arnout van Rijn, Portfoliomanager bei Robeco Sustainable Multi-Asset Solutions. Je nach dem, wie nahe die drei Märkte einer Erholung sind, können Anleger auf sie setzen.
Im Hinblick auf den japanischen Aktienmarkt ist das Team bereits „long“ positioniert. Dabei nutzt es Derivate, die auf einen weiteren Kursanstieg von den jüngsten Höchstständen ausgerichtet sind. „Diese Markt ist bereits von starker Dynamik geprägt und könnte Anlegern als erster Erfolg bescheren“, sagt Van Rijn.
„Die meisten oberflächlichen Beobachter warten immer noch auf die Nachricht, dass der Nikkei 225 (ein wenig sinnvoller kursgewichteter Index) den alten Höchststand von vor 34 Jahren bei 38.915,87 Punkten erreichen wird. Davon sind wir derzeit noch etwa 6 % entfernt. Sobald diese Marke erreicht ist, wird es jede Menge Schlagzeilen geben.“
„Einheimische Anleger haben nach 34 Jahren Aktienbesitz eine annualisierte Rendite von 1,5 % erzielt. Dagegen konnten US-Anleger eine durchschnittliche jährliche Wachstumsrate von 10,7 % verbuchen.“
Japan bietet das höchste erwartete Wachstum des Gewinns je Aktie von allen großen Märkten. Quelle: CLSA, Bloomberg, Februar 2024.
„Dank des viel aktionärsfreundlicheren Verhaltens der Unternehmen lagen
die lokalen Renditen in den letzten zehn Jahren jedoch bei 10,1 % p.a..
Dies stellt einen erheblichen Vorsprung gegenüber den 0 % bei
Sparguthaben und den 0,5 % bei Anleihen im selben Jahrzehnt dar. Die
lokalen Anleger haben also angefangen zu profitieren.
Nach
Aussage von Van Rijn stehen japanische Unternehmen unter dem Druck
sowohl von ausländischen als auch von inländischen Investoren sowie von
Regierung und Finanzmarktaufsicht, mehr Kapital an die Aktionäre
auszuschütten.
„Die
Wirtschaft bewegt sich endlich“, sagt er. „Börsennotierte japanische
Unternehmen haben ihre Aktienrückkaufprogramme ausgeweitet, die sich im
Jahr 2023 auf ein Gesamtvolumen von 9,6 Billionen JPY (64 Mrd. USD)
beliefen. Damit wurde das zweite Jahr in Folge ein neuer Höchststand
erreicht. Dennoch ist der Prozentsatz der japanischen Unternehmen, die
an der Börse unter ihrem Buchwert gehandelt werden, mit 50 % immer noch
bemerkenswert hoch.“
Der zweite für Anleger wichtige Markt in Japan ist der für Staatsanleihen. Erwartungen zufolge werden dort die Renditen steigen, nachdem die Bank of Japan die Deckelung der Rendite auf 1,0 % beendet hat. Derzeit liegt die Anleihenrendite bei 0,7 %, während die Realzinsen immer noch negativ sind.
Da sich der Wert von Anleihen umgekehrt zu den Renditen verhält, lässt ein Anstieg der Rendite den Anleihenkurs sinken. Das Multi-Asset-Team ist deshalb „short“ in Bezug auf die 10-jährige japanische Staatsanleihe (JGB) positioniert. Das bedeutet, dass es von zukünftigen Kursrückgängen der Anleihen profitieren will.
„Seitdem die Bank of Japan im Oktober letzten Jahres ihre Politik änderte, indem sie die Verteidigung der Obergrenze von 1,0 % für die Staatsanleihen-Renditen aufgab, stehen diese unter Aufwärtsdruck“, sagt Van Rijn. „Jedoch muss die Notenbank mit Bedacht vorgehen, da die finanzielle Repression der Anleihengläubiger im Interesse der Schuldentragfähigkeit des Landes fortgesetzt werden muss.“
„Selbst wenn die Inflation konstant 2 % erreichen würde, könnte Japan es sich nicht leisten, 2 % auf seine Schulden zu zahlen, geschweige denn einen positiven Realzins. Lokale Versicherer und Banken werden die japanische Regierung weiterhin zu negativen Realzinsen finanzieren. Zu bedenken ist auch, dass nach Einschätzung von Wissenschaftlern der natürliche Zinssatz r* in Japan bei etwa -1 % liegt.“
„Hier ist die Verzerrung am Marktes ebenfalls offensichtlich. So werden mehr als 50 % des Volumens japanischer Staatsanleihen von der BoJ gehalten. Wenn die kurzfristigen Zinsen jedoch von null auf 0,25 % steigen, muss eine gewisse Laufzeitprämie angeboten werden. Daher gehen wir von Zinssätzen zwischen 1 und 1,5 % aus.“
Die
Aussicht auf eine Aufwertung des japanischen Yen hat das Team
schließlich zu dem ungewöhnlichen Schritt veranlasst, gleichzeitig auf
die Währung und den Aktienmarkt zu setzen. „Diesbezüglich haben wir
abgewartet, bis die negative Dynamik nachlässt“, sagt Van Rijn. Auf
wen kommt es nun entscheidend an, was die Entwicklungen an allen drei
Märkten betrifft? Es ist kein Geringerer als der Gouverneur der Bank von
Japan, Kazuo Ueda.
Gute Aussichten für den Yen
„Wir
glauben, dass sich die Situation nun günstiger darstellt und haben
erste Positionen aufgebaut. Die japanische Währung ist auf Basis des
realen effektiven Wechselkurses um etwa 30 % unterbewertet. Unser Modell
deutet darauf hin, dass der Yen selbst bei den derzeitigen Spreads ein
Aufwärtspotenzial von 5-7 % hat.“
„Zunächst
erscheint es nicht intuitiv, gleichzeitig in japanischen Aktien und in
der Währung investiert zu sein. In den vergangenen Jahrzehnten lag es
nahe, Short-Positionen in Währungen einzugehen, wenn man Long-Positionen
in Aktien anstrebte.“
„Die
Rentabilität der Unternehmen ist inzwischen jedoch weit weniger vom
internationalen Handel und damit vom Yen-Kurs abhängig. Viele
Unternehmen haben in den langen Jahren des hochbewerteten Yen gelernt,
sich gegen negative Einflüsse des Devisenmarkts zu immunisieren. Dennoch
veranlasst uns das Risiko des weltweit größten monetären Experiments zu
Vorsicht in Form defensiv bemessener Stop-Loss-Niveaus.“
Die Rolle der japanischen Notenbank
„Die
Voraussetzung für den weiteren Anlageerfolg in Japan ist eine kompetente
Geldpolitik. Hier müssen wir uns darauf verlassen, dass die Notenbank
mit Bedacht vorgeht“, sagt Van Rijn. „Obwohl auch Notenbankchef Ueda
sehr zurückhaltend ist, scheint er aufgeschlossener zu sein als sein
Vorgänger. Doch da er erst kurze Zeit im Amt ist, ist sein Verhalten
schwer berechenbar.“
„Könnte
er etwas Unerwartetes tun? Wird er einen mutigen Schritt tun, wenn er
davon ausgeht, dass die US-Notenbank bei ihrer nächsten Sitzung im März
ihre Leitzinsen beibehalten wird? Ueda hat bereits angedeutet, dass er
an seinem lockeren geldpolitischen Kurs festhalten will. Von daher würde
selbst die Beendigung der Politik negativer Zinsen weitere Belege dafür
erfordern, dass die Inflation und insbesondere der Lohnanstieg das 2
%-Ziel erreicht.“
„Eine
wichtige Rolle spielt nicht zuletzt die US-Zentralbank (Fed) unter
ihrem Vorsitzenden Jerome Powell. In jüngster Zeit wurde das Geschehen
in allen drei Segmenten der japanischen Finanzmärkte vor allem von den
Maßnahmen und Worten der Fed bestimmt. Damit sich unsere Positionen in
Japan gut entwickeln können, ist mehr Stabilität an den Märkten für
US-Staatsanleihen und Aktien erforderlich.“
„Wir
gehen davon aus, dass die amerikanische Notenbank ihre Leitzinsen
weniger stark senken wird, als dies derzeit an den Finanzmärkten
unterstellt wird. Damit hat Ueda mehr Zeit, die Zinsen in Japan zu
erhöhen, ohne unerwünschte Kapitalströme auszulösen. Unseres Erachtens
schafft dies gute Voraussetzungen für den Erfolg.“
Die Informationen auf der nachfolgenden Website der Robeco Deutschland, Zweigniederlassung der Robeco Institutional Asset Management B.V., richten sich ausschließlich an professionelle Kunden im Sinne von § 31a Abs. 2 Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) wie beispielsweise Versicherungen, Banken und Sparkassen. Die auf dieser Website dargestellten Informationen sind NICHT für Privatanleger bestimmt und entsprechen nicht den für Privatanleger maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen.
Diesen Beitrag teilen: