Über einen Monat ist das neue Jahr schon alt – Zeit, einen Blick auf alle relevanten Änderungen zu werfen, die uns in und außerhalb der Finanzbranche bevorstehen. Was gibt es Neues aus der Regulatorik? Wird es noch mehr Gesetze rund um den Konsum von Dienstleistungen und Gütern geben? Wir haben Antworten auf die Frage, was sich im Bereich Nachhaltigkeit in 2023 alles ändern wird.
22.02.2023 | 07:14 Uhr
Marktprognosen für 2023
Die Glaskugel besitzt niemand von uns und darum wird es wie jedes Jahr auch in 2023 spannend bleiben, was die Märkte bringen werden. Unterschiedliche Meinungen gibt es wie immer zuhauf. Allein was „die Bandbreite der Konjunktureinschätzungen [angeht], [reichen die Meinungen] von einer ‚ausfallenden Rezession‘, über ein ‚Rezessiönchen‘ bis hin zu einem ‚Abschwung, der es in sich hat‘“, schreibt Björn Drescher im Januar.
Möchte man auf
ein Urgestein der Branche hören, so bieten sich die jährlich erscheinenden „10
Überraschungen“ des Byron Wien an, welche Mitte Januar auf CapInside
veröffentlicht wurden. Der inzwischen 90-jährige Vice Chairman beim
US-Hedgefondsanbieter Blackstone gibt diese seit 1986 pünktlich zum Jahresbeginn
heraus. Ein paar Wahrheiten des letzten Jahres: „Value-Aktien schlagen Growth“,
„Korrektur der Aktienmärkte von bis zu 20 Prozent“, „Inflation wird zum
beherrschenden Thema“ sowie „Ölpreis über 100 Dollar je Barell“.
Für 2023 geht Wien von u.a. folgenden Ereignissen aus:
Björn Drescher bringt es, um abzuschließen, gut auf den Punkt, wenn er schreibt: „Wer sich keinem der Lager gedanklich anschließen will, schützt sich und sein Portfolio vermutlich am besten mit breiter Diversifikation und erinnert sich dabei der Tatsache, dass frühere Konsensmeinungen auch oft genug am Ziel vorbeiführten“.
Nachhaltigkeit in 2023: Regulatorik
Fragt man Dr. Sandra Derissen, Head of Sustainability Analysis SHC bei avesco, nach ihrer Meinung zu den regulatorischen Wendungen des neuen Jahres und Nachhaltigkeit in 2023 im Allgemeinen, so meint sie: „2023 wird so etwas wie die Ruhe vor dem Sturm. Die wichtigsten Gesetze sind nun verabschiedet (CSRD, SFDR, MIFID II, EU-Taxonomie); Fragen gibt es noch bei den Kriterien für die tatsächliche Umsetzung und bis dahin gibt es noch längere Transition Periods“.
Wir gehen kurz
auf die wichtigsten Punkte ein:
1. CSRD
Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) ist am 05. Januar in Kraft getreten. Das bedeutet, dass berichtspflichtige Unternehmen sich in 2023 vorbereiten und versuchen sollten, die Anforderungen der CSRD zu verstehen und entsprechende Daten zu erheben. Und was müssen die Unternehmen alles umsetzen? Ein paar Eckpunkte:
Einen guten
Überblick hierzu gibt auch unser Artikel über die
CSRD.
2. CSDDD
Die Corporate
Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) ist das europäische Pendant zum
(gerade erst neu in Kraft getretenen) deutschen Lieferkettengesetzes – nur noch
strenger. Derzeit befindet sich die Richtlinie allerdings noch in der
Konsultation, die Umsetzungsphase soll nicht vor 2026 starten. Die Rolle
des Finanzsektors dabei ist umstritten und es wird darüber diskutiert, diesen
eventuell sogar bei der Berichtspflicht auszuschließen, wie das FNG schreibt
(Seite 6 im Dokument).
3. MIFID II / Anpassung der FinVermV
Kurz Aufatmen
konnten 34f-VermittlerInnen zum Jahresbeginn, als verkündet wurde, dass die
überarbeitete Finanzvermittlungsverordnung erst später in Kraft treten wird,
nämlich Ende März. Die Intermediäre bekommen somit mehr Zeit, ihre
Beratungsprozesse umzustellen und in puncto nachhaltiger Geldanlagen
auskunftsfähig zu sein. Hilfestellung bietet der Fragebogen zur
Feststellung von Nachhaltigkeitspräferenzen nach DIN 77230 für Beratungsgespräche. Mehr
Informationen zum DIN 77230-Fragebogen lesen Sie in unserem Blog-Artikel dazu.
4. Neue ESMA-Leitlinien gegen Greenwashing
Nicht verschweigen wollen wir einen interessanten Vorschlag der ESMA (European Securities and Markets Authority), um die Kriterien für Art. 8 Fonds zu schärfen. Zur Vermeidung von Greenwashing und zur Schaffung größtmöglicher Transparenz sollen ESG- oder nachhaltigkeitsbezogene Fondsnamen mit den spezifischen Investmentcharakteristika des Fonds verknüpft sein, schreibt Tobias Inninger. ESG- und nachhaltigkeitsspezifische Schlüsselwörter dürfen in Fondsnamen demnach nur dann auftauchen, sofern sich bestimmte Nachhaltigkeitsziele aus der Fondsdokumentation, unter anderem den entsprechenden Investitionszielen und der Anlagepolitik des Fonds, erkennen lassen.
Im Zentrum stehen folgende zwei Formulierungen:
Das Interessante hieran ist die schlussendliche Konsequenz, nämlich: Viele Fonds werden sich umbenennen müssen oder werden runtergestuft. Ob und wie der Vorschlag jedoch umgesetzt werden wird, ist derzeit noch unklar.
Parallel dazu wird auf der Ebene der ESA versucht, den Begriff „Greenwashing“ einheitlich zu definieren.
Weitere nachhaltige Entwicklungen des Jahres
Nicht nur in der Finanzbranche schlägt das Thema Nachhaltigkeit immer höhere Wellen – vielleicht haben auch Sie die jüngsten Entwicklungen rund um das Thema verfolgt? Hier unsere 4 wichtigsten Neuerungen unter dem Schlagwort Nachhaltigkeit in 2023:
Fans des 9-Euro-Tickets dürfen sich freuen: Als dauerhaftes Angebot soll im ersten Halbjahr in 2023 das 49-Euro-Ticket auf den Markt kommen. Auch mit diesem sollen bundesweit der öffentliche Nah- und Regionalverkehr bedient werden.
Nachhaltigkeit in 2023 – Fazit
Lange hat das Thema Nachhaltigkeit eine Art Dornröschenschlaf vollzogen – in der Regulatorik und in den Köpfen. Spätestens nach den vorgestellten Neuerungen für 2023 und die nächsten Jahre sollte allerdings auch den letzten ZweiflerInnen klar sein: Das Thema ist gekommen um zu bleiben und wird – ob mit oder ohne uns – immer mehr Durchschlagskraft entwickeln.
Quellen
Hier handelt es sich um eine Publikation von avesco Sustainable Finance AG.
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