Die Diskussion über den Klimawandel ist im Laufe des vergangenen Jahres lauter geworden. Denn die Pandemie hat gezeigt: Es besteht dringender Handlungsbedarf. Aber welche Maßnahmen sollten wir ergreifen?
26.04.2021 | 09:13 Uhr
Der Übergang zu nachhaltigen Energieformen hat Priorität und gewinnt zunehmend an Dynamik. Daneben gibt es andere, schwieriger umzusetzende Aufgaben, die weniger im Fokus stehen.
Deswegen haben die Vereinten Nationen (UN) die
nächsten zehn Jahre zur Dekade für die Wiederherstellung der Ökosysteme
erklärt. Aber was genau ist mit der Wiederherstellung der Ökosysteme
gemeint? Und inwiefern könnte dies für Anleger relevant sein?
Die Ökosysteme sind für den Erhalt des Lebens
auf der Erde von grundlegender Bedeutung. Dennoch werden diese
wertvollen Ressourcen und Lebensräume häufig nicht mit dem gebührenden
Respekt behandelt. Jahrzehntelange Übernutzung, übermäßiger Konsum und
Vernachlässigung haben zur Zerstörung beziehungsweise schwerer
Schädigung vieler lebenswichtiger Ökosysteme geführt. Nachhaltig ist
anders – basierend auf dem gegenwärtigen Verbrauch bräuchte es 1,6
Erden, um alle Ressourcen zu produzieren, die jährlich verbraucht werden1.
Glücklicherweise ist es noch nicht zu spät. Maßnahmen zur Wiederherstellung der Ökosysteme können deren Zerstörung verhindern, aufhalten oder sogar umkehren – und das gilt für alle Kontinente und Ozeane. Die Verringerung der Luft-, Meeres- und Wasserverschmutzung, die Verbesserung des Hochwasserschutzes und eine nachhaltigere Landwirtschaft könnten dazu beitragen, den Klimawandel zu bekämpfen und das Artensterben zu stoppen. Allerdings ist die Zeit nicht auf unserer Seite. Darum ist es von so hoher Bedeutung, dass die UN die nächsten zehn Jahre von 2021 bis 2030 zur Dekade für die Wiederherstellung der Ökosysteme ausgerufen hat. Der Zeitrahmen orientiert sich an den UN-Zielen für nachhaltige Entwicklung, die Bereiche wie Armut, Hunger, Gesundheit, Wasserversorgung, nachhaltige Städte, Klimaschutz, Leben unter Wasser und an Land anvisieren und bis 2030 umgesetzt sein sollen.
Die Natur ist eines der produktivsten
Wirtschaftsgüter der Welt – dies wird häufig übersehen. Daraus folgt,
dass die Schädigung von Ökosystemen, Wäldern, Grasland und
Korallenriffen, sowie der damit verbundene Verlust an biologischer
Vielfalt bis 2050 nach Schätzungen der UN fast 10 Billionen US-Dollar
kosten könnten. Diese Einbußen ergeben sich aufgrund von sinkenden
Ernteerträgen und Fischfangquoten sowie einer höheren Belastung durch
Naturkatastrophen.
Werden hingegen Maßnahmen zur Wiederherstellung
bedrohter Ökosysteme ergriffen, sind die damit verbundenen Vorteile
sowohl wirtschaftlicher als auch ökologischer Natur. So könnte
beispielsweise bis 2030 die Renaturierung von 350 Millionen Hektar
beschädigter Ökosysteme an Land und im Meer neun Billionen US-Dollar an
Ökosystemleistungen einbringen. Zudem könnten diese Maßnahmen der
Atmosphäre bis zu 26 Gigatonnen Treibhausgase entziehen2.
Die UN-Initiative zielt darauf, die
Wiederherstellung von Ökosystemen weltweit voranzutreiben und die Welt
auf Kurs für eine nachhaltige Zukunft zu bringen. Dabei wird es nicht
nur darum gehen, Bewegung in die Politik zu bringen, sondern auch um
eine ganze Palette von Chancen für Unternehmen, Gemeinden und
Privatpersonen, die erhebliche Investitionsleistungen erfordern.
Tatsächlich gehen Schätzungen davon aus, dass
die Wiederherstellung der Ökosysteme bis 2030 Chancen für Unternehmen im
Wert von sechs Billionen US-Dollar schaffen könnte, und zwar quer durch
die drei wichtigsten sozioökonomischen Systeme: Ozeane und
Wasserversorgung, Land- und Forstwirtschaft, aber auch die
Nahrungsmittelproduktion sowie nachhaltige Städte und Gebäude.
Welche Chancen sind hier gemeint?
Gewässerökosysteme sind Lebensgrundlage für
Milliarden von Menschen, tragen zur Regulierung des Klimas bei,
produzieren die Hälfte des benötigten Sauerstoffbedarfs der Erde und
ermöglichen den Wasserkreislauf. Dennoch sind sie stark gefährdet:
Tonnen von Plastikmüll schädigen die Ozeane, Überfischung bedroht die
Nachhaltigkeit der Fischbestände und Abwasser und Chemikalien
verunreinigen unsere Süßwassersysteme.
Glücklicherweise sind diese Schäden nicht
unumkehrbar. Auf Basis politischer Vereinbarungen kann die Fischerei
nachhaltig werden. Ein verbessertes Recycling und die Optimierung der
Bewässerung in der Landwirtschaft können den Wasserverbrauch reduzieren.
Und Schadstoffe können aufbereitet werden, bevor sie in die
Wassersysteme gelangen.
Landökosysteme bilden die Grundlage für das
Leben, indem sie Nahrungsmittel bereitstellen, Lebensräume für
Organismen bieten und die Artenvielfalt sichern. Ackerland ist wohl
unser wichtigstes Ökosystem. Allerdings ist die Nahrungsmittelproduktion
durch übermäßige Nutzung der Böden, exzessiven Einsatz von Düngemitteln
und eine zu große Abhängigkeit von wenigen Pflanzenarten gefährdet. Nur
neun Pflanzen – darunter Reis, Mais und Weizen – machen zwei Drittel
der gesamten Getreideproduktion der Welt aus.3
Die Wissenschaft bietet bereits eine Reihe von
Lösungen, von vertikaler Landwirtschaft über die Verbesserung der
Effizienz von Nutzpflanzen bis hin zur Förderung der Artenvielfalt. Doch
diese wirksamen Maßnahmen müssen auch im entsprechenden Umfang
eingesetzt werden, um echte Veränderungen zu bewirken.
Die steigende Nachfrage nach
landwirtschaftlichen Flächen hat auch zur vermehrten Abholzung von
Wäldern und Trockenlegung von Mooren geführt. Beide Ökosysteme sind im
Kampf gegen den Klimawandel von entscheidender Bedeutung. Durch die
Anpflanzung einheimischer Baumarten auf stillgelegten Ackerflächen,
durch die Integration von Wäldern in urbane Räume und durch die
Renaturierung ehemaliger Moorlandschaften können diese Ökosysteme
wiederhergestellt werden. Solche Lösungen sind häufig preisgünstig und
technisch einfach umsetzbar – ihre Wirkung ist jedoch erheblich.
Urbane Ökosysteme sind für uns ebenfalls
lebenswichtig. Aber die in Städten verursachte Umweltverschmutzung ist
für sieben Millionen Todesfälle pro Jahr verantwortlich. Das lässt sich
ändern. Städte weltweit ergreifen derzeit umfangreiche Maßnahmen, um von
dem linearen Modell („Take, Make, Waste“) zur Kreislaufwirtschaft
überzugehen, die auf die Verbesserung des Abfallmanagements zielt.
Bekleidungshersteller starten Initiativen, bei denen sich Verbraucher
Kleidung leihen können, statt sie zu kaufen, um sie später zu recyceln.
Mit der Säuberung und Weiterentwicklung
städtischer Gewässer und Wälder entstehen sauberere und gesündere
öffentliche Räume. Zudem nutzen die Städte wasserdurchlässige
Wegesysteme und urbane Feuchtgebiete zum Schutz vor Überschwemmungen und
Verschmutzung. Die technologischen Innovationen führen auch zur
Entwicklung von intelligenten Städten, der sogenannten Smart Citys, die
in der Lage sind, hohes Verkehrsaufkommen zu vermeiden und die breitere
Nutzung sauberer Energie zu fördern.
Die UN weist zu Recht auf die Notwendigkeit hin, unsere Ökosysteme zu retten. Ihre Initiative dürfte bewirken, dass das Thema politisch die entsprechende Aufmerksamkeit erhält. Doch um die gewünschte Wirkung zu erzielen, braucht es die Unterstützung aller Akteure – öffentlicher wie privater. Eine Alternative gibt es nicht.
Bei BNP Paribas Asset Management sind wir
überzeugt, dass die Investmentbranche eine wichtige Rolle dabei spielen
kann, die notwendigen Finanzmittel für die Rettung der Ökosysteme zu
beschaffen. So kann sie professionelle und private Anleger für die
Chancen sensibilisieren, die der Übergang zu einer nachhaltigeren Welt
mit sich bringt. Zudem kann sie dieses Thema fördern, indem sie Zugang
zu verantwortungsbewussten Anlagelösungen bietet. Darüber hinaus kann
sie den Dialog mit Unternehmen in allen Sektoren eröffnen und darauf
hinwirken, dass diese an ihren ESG-Standards (Standards zu Umwelt,
Sozialem und Unternehmensführung) arbeiten.
Wir engagieren uns für den Übergang zu einer besseren, gesünderen und nachhaltigeren Welt in allen Ökosystemen weltweit. Darum suchen wir nach den besten Anlagechancen, die zu den langfristigen Anlagezielen unserer Kunden sowie zu ihrem Interesse an einer grüneren Zukunft passen und einen positiven Einfluss auf die Entwicklung haben können.
2https://www.decadeonrestoration.org/
3http://www.fao.org/neareast/news/view/en/c/1244948/
Alle hier geäußerten Ansichten sind die des Autors zum Zeitpunkt der Veröffentlichung, basieren auf den verfügbaren Informationen und können ohne vorherige Ankündigung geändert werden. Die einzelnen Portfoliomanagementteams können unterschiedliche Ansichten vertreten und für verschiedene Kunden unterschiedliche Anlageentscheidungen treffen.
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