Sven Kuhlbrodt, Senior Consultant Investor Relations beim Rohstofffondsanbieter Baker Steel, spricht im zweiten Teil des Interviews über grüne Investments in der Bergbaubranche und die Probleme mit rechtlichen Vorgaben.
20.12.2024 | 10:18 Uhr
Kann nachhaltiges Investieren denn zu besseren oder stabileren Ergebnissen führen? Gilt dies für alle wichtigen Assetklassen?
Wir von Baker Steel glauben, dass dies der Fall ist, und es gibt immer mehr wissenschaftliche Belege dafür, insbesondere für die langfristige Performance. Die Idee ist, dass Unternehmen, die in ESG-Fragen gut abschneiden, im Allgemeinen besser geführt werden und widerstandsfähiger sind, was zu einer beständigeren finanziellen Leistung führt. Der Zeithorizont ist dabei ein sehr wichtiger Faktor. Wir bei Baker Steel sind mittel- bis langfristige Investoren, die sich an fundamentalen Werten orientieren, was die Integration von Nachhaltigkeitsaspekten nahelegt, da wir uns auf die nachhaltige Unternehmensleistung konzentrieren.
Welche
Unterschiede beobachten Sie bei der Nachfrage nach nachhaltigen Produkten bei
privaten und institutionellen Kunden?
Institutionelle
Investoren haben oft dezidierte ESG-Anforderungen, zum Teil sogar umfangreiche
ESG-Fragebögen. Einige Kriterien werden sehr streng ausgelegt, etwa was die
Co2-Definitionen Scope 1, 2 und 3 angeht. Privatkunden dagegen gehen weniger
quantitativ vor, zumeist weil sie verständlicherweise weniger Detailkenntnisse
haben. Man muss gelegentlich aber auch Missverständnisse ausräumen, wie etwa
über Kinderarbeit bei Goldminen, die sehr vereinzelt zwar vorkommt, aber nicht
im Bereich von an westlichen Börsen notierten Minenunternehmen.
Auf welchen Wegen versuchen Sie alte und neue Kunden mit dem Thema Nachhaltigkeit zu erreichen?
Wir versuchen eher nicht, unsere B2B-Kunden von der Notwendigkeit von nachhaltigen Investitionen zu überzeugen. Die meisten sind dies bereits und / oder haben von außen diktierte ESG-Vorgaben. Der interessante Aspekt bei Anlagen in Minengesellschaften (heutzutage) ist, dass der ESG-Aspekt auf zwei Ebenen diskutiert werden kann: Erstens wie umwelt- und sozialverträglich die Extraktion von Primärressourcen erfolgt beziehungsweise wie mehr und mehr Recycling in Metallen stattfindet – ein Bereich, in den wir ebenfalls investieren. Und zweitens, wie elementar wichtig die Metalle selbst sind, um den Umbau der Volkswirtschaften in nachhaltige Kreislaufwirtschaften umzubauen.
Wie beurteilen Sie die regulatorischen Entwicklungen im vergangenen Jahr?
Die EU arbeitet an umfassenden Änderungen ihrer Finanzregulierung, der Offenlegungsverordnung SFDR 2.0, die von vielen als zu komplex und für die Verbraucher schwer zu verstehen angesehen wird. Die Änderungen sollen die Regeln vereinfachen, was eine willkommene Entwicklung wäre. Im Vereinigten Königreich, wo Baker Steel seinen Sitz hat, hat die Aufsichtsbehörde FCA mit der Sustainability Disclosure Regulation (SDR) ein Nachhaltigkeitssiegel für Anlageprodukte eingeführt, das offenbar schlecht gehandhabt wurde, da es nur sehr langsam angenommen wurde. Auch viele Fonds haben sich gegen das Siegel entschieden, auch weil die genauen Anforderungen nicht ganz klar waren.
Wie kann der Gesetzgeber beim Thema Greenwashing aktiver werden?
Die Pläne der EU zur Änderung der Offenlegungsverordnung beinhalten ein Element zur Bekämpfung von Greenwashing. Baker Steel unterliegt bereits einer neuen Anti-Greenwashing-Regel, die von der britischen Aufsichtsbehörde FCA eingeführt wurde und die unangemessene Behauptungen über die Nachhaltigkeitsauswirkungen von Anlageprodukten verhindern soll. In der EU wiederum stehen ESG-Rating-Agenturen vor einer Regulierung, die britische Regierung prüft dies ebenfalls. Dies sollte ebenfalls dazu beitragen, Greenwashing zu reduzieren.
Häufig wird die schlechte Datenlage zur Beurteilung von Unternehmen hinsichtlich der ESG-Faktoren kritisiert. Wie stehen Sie dazu?
Im Bergbausektor stellen wir fest, dass sich die Bereitschaft von Unternehmen, ESG-relevante Daten zu veröffentlichen, kontinuierlich verbessert. Es gibt zwar noch viel zu tun, um diese Offenlegungen zu standardisieren, aber die Entwicklung geht in die richtige Richtung. Zudem herrscht zwischen den Anbietern von ESG-Daten wie Workspace oder Sustainalytics ein reger Wettbewerb, da ist eine große Industrie entstanden, die auch dazu beigetragen hat, die Datenverfügbarkeit für Anleger zu verbessern. Aber die Offenlegungspflichten und -anforderungen können für kleinere Unternehmen sehr belastend sein und sollten nicht davon ablenken, wie gut und nachhaltig ein Unternehmen geführt wird. Soll heißen: Die Regulierung und die ESG-bezogenen Anforderungen der Anleger müssen auf das jeweilige Unternehmen zugeschnitten sein.
Welche
großen Wachstumstrends erwarten Sie für den Nachhaltigkeitssektor 2025 und
darüber hinaus?
Drei Wachstumsthemen
stehen im Vordergrund. Erstens werden die Auswirkungen der KI wahrscheinlich zu
erheblichen Verbesserungen bei der Datenverfügbarkeit und der
Rückverfolgbarkeit in den Lieferketten führen. Zweitens wird ungeachtet einer
möglichen Beeinträchtigung durch die US-Wahlen das Wachstum im Bereich der
erneuerbaren Energien anhalten – angetrieben durch den Boom bei Wind- und
Solaranlagen sowie die Produktion von Batteriespeichern und den Bau von
Rechenzentren. Dies sind auch wichtige Nachfragetreiber für die Metalle, in die
wir investieren, wobei die Produzenten von ihren Kunden zunehmend auf ihre
ESG-Leistung geprüft werden. Und drittens werden die Emerging Markets an
Bedeutung gewinnen. Derzeit entfallen auf die Schwellenländer weniger als zehn
Prozent der ESG-Ströme. Denn Rating-Agenturen stufen Operationen in
Schwellenländern oft als schlecht ein. Es ist zu erwarten, dass sich dies
ändert, wenn die Finanzmärkte zum Beispiel in den BRICS-Ländern reifen und
Investoren nach Möglichkeiten mit positiven ökologischen sowie sozialen
Auswirkungen in Entwicklungsländern suchen. Aber auch beim Thema Regulierung
wird sich noch einiges tun.
Was konkret erwarten Sie?
Die Regulierung wird
weiter zunehmen. Dazu zählen die EU-Richtlinie zur
Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen, das
Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, das kalifornische Gesetz zur
Klimaberichterstattung und eine neue SEC-Vorschrift, die allerdings von der
neuen US-Administration gestoppt werden könnte. Dieser Trend zu mehr
Regulierung weltweit wird sich voraussichtlich fortsetzen.
Hier lesen Sie den ersten Teil des zweiteiligen Interviews über aktuelle Schwierigkeiten von grünen Investments und den hauseigenen ESG-Ansatz von Baker Steel.
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