Einschätzungen von Ökonomen im Überblick:
Thomas Gitzel, Chefvolkswirt VP Bank
"Die EU, aber auch China kündigten bereits Gegenmaßnahmen an. Somit ist ein globaler Handelskrieg bereits in vollem Gange. Die Weltwirtschaft könnte schweren Schaden nehmen. Dies betrifft auch die USA selbst. Die Inflationsraten werden steigen, da viele Konsumwaren aufgrund der Einfuhrgebühren im Preis steigen werden. Damit kommt es zu einem schweren Spagat für die US-Notenbank. Einerseits dürften aufgrund der Zölle die Inflationsraten zulegen, andererseits droht die US-Wirtschaft selbst unter der Zolllast empfindlich abzukühlen."
Carsten Brzeski, Chefvolkswirt ING Bank
"Kurzfristig richten sich alle Augen auf die Gegenmaßnahmen der EU-Kommission, um die Auswirkungen auf die Inflation richtig einschätzen zu können. Die ersten Gegenmaßnahmen werden Mitte April in Kraft treten, sind aber relativ gering, da sie sich gegen die Stahl- und Aluminiumzölle richten. Da die Kommission noch keine Gegenmaßnahmen zu den jüngsten Ankündigungen mitgeteilt hat, ist noch unklar, wie sich die Gesamtauswirkungen auf die Preise in der Eurozone auswirken werden. Was die Europäische Zentralbank betrifft, betonen die jüngsten Kommentare von EZB-Vertretern, dass es offenbar weiterhin eine bedeutende Gruppe gibt, die eine Pause bei der nächsten Sitzung in zwei Wochen befürwortet."
Dirk Chlench, Analyst Landesbank Baden-Württemberg
"Die nun angekündigten Zollerhöhungen haben die schlimmsten Befürchtungen noch übertroffen. Sollte man die Rede von Donald Trump in einem Satz zusammenfassen, so wäre 'Donald holt den Zollhammer raus' eine treffende Formulierung. (...) Es bleibt zu hoffen, dass das letzte Wort in Sachen Zöllen noch nicht gesprochen ist und die jüngsten Verlautbarungen nur der Auftakt für weitere Verhandlungen sind. Donald Trump hat in seiner Rede damit geprahlt, wie stark der US-Aktienmarkt während seiner ersten Amtszeit gestiegen ist. Vielleicht kann die Reaktion des Aktienmarktes dabei helfen, dass Donald Trump von seinem eingeschlagenen Kurs wieder ein Stück abweicht."
Stephen Dover, Marktstratege bei Franklin Templeton Institute
"Rezession und Inflation sind jetzt wahrscheinlicher. Zölle funktionieren nicht, wenn die Preise nicht steigen. Die durchschnittliche amerikanische Familie könnte aufgrund der heutigen Zölle bis zu 4.200 US-Dollar mehr pro Jahr zahlen (bei einem durchschnittlichen Zollsatz von 20 Prozent auf Importe). Zölle werden daher wahrscheinlich die Ausgaben der Haushalte und Unternehmen bremsen, und wir gehen davon aus, dass sie das Risiko von Rückschlägen beim Wachstum und bei den Gewinnen in den USA im Jahr 2025 erhöhen werden."
Michael Pfister, Analyst Commerzbank
"Die Zölle sind scheinbar dazu gedacht, das US-Leistungsbilanzdefizit zu reduzieren. Dies kommt aber vor allem auch daher, dass die USA mehr konsumieren als produzieren und die Welt gleichzeitig mehr US-Dollar benötigt. Letzteres unter anderem auch daher, weil der Dollar Weltleitwährung ist. Hier stellt sich die Frage: Kann die USA mit einer Realwirtschaft, die nahe Vollbeschäftigung ist, überhaupt mehr produzieren? Und wie verhält sich der Dollar in seinem Status als Weltleitwährung, wenn die USA dem Rest der Welt nicht mehr genug Dollar zur Verfügung stellen? Vermutlich dürfte die US-Währung auf Letzteres mit einer Aufwertung reagieren, in diesem komplexen Szenario ist das aber keinesfalls ausgemacht."
/jkr/mis
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