Die von der OPEC geplante Drosselung der Ölproduktion dürfte sich unserer Auffassung nach als Vorteil für US-Schieferölproduzenten erweisen. Der noch junge Markt für Elektrofahrzeuge dürfte die Ölnachfrage langfristig fundamental verändern.
11.10.2016 | 09:08 Uhr
Die Ankündigung der OPEC, die Ölproduktion um 200.000 bis 700.000 Barrel pro Tag reduzieren zu wollen, überraschte den Markt und hatte den erwünschten Effekt eines anziehenden Ölpreises. Ein Broker beschrieb es folgendermaßen: „Wenn der Konzern durch seine Rhetorik einen Anstieg des durchschnittlichen Ölpreises von circa 4 US-Dollar je Barrel erreicht, streicht er von heute bis zum 30. November buchstäblich etwa 10 Mrd. US-Dollar an zusätzlichen Öleinnahmen ein“. Am 30. November gibt die OPEC bekannt, wie die Reduktion verteilt werden sollen. Nicht schlecht für einen Tag Arbeit.
Durch die Ankündigungen – wie effektiv sie letztendlich auch sein werden – richtet sich die Aufmerksamkeit der Anleger verständlicherweise auf die kurzfristige Angebotsseite des Ölmarktes. In dieser Hinsicht kann unseres Erachtens kaum ein Mehrwert geschaffen werden. Denn einfach ausgedrückt steigt der Ölpreis, wenn das Angebot seitens der OPEC reduziert wird.
Allerdings lohnt sich unserer Ansicht nach eine Beurteilung der langfristigen Auswirkungen sowohl auf das Angebot als auch auf die Nachfrage am Ölmarkt.
Für die Angebotsseite bedienen wir uns erneut einer einfachen Betrachtungsweise. Wenn die OPEC entscheidet, zur kurzfristigen Unterstützung des Ölpreises das Rohölangebot zu begrenzen – wozu sie sich nun anscheinend durchgerungen hat – dann wird dieses Angebot durch die nächste Produktionsmöglichkeit entlang der Kostenkurve ersetzt. In diesem Fall handelt es sich dabei um Schieferöl aus den USA.
Inwieweit könnte Schieferöl aus den USA die Angebotslücke schließen? Einschränkungen aufgrund des Kapitals sind jedenfalls nicht zu erwarten, wenn man das Aufkommen von Eigen- und Fremdkapital bei US-Schieferölunternehmen betrachtet. Außerdem lassen Verbesserungen der Explorations- und Bohrlochtechnologie darauf schließen, dass auch Ölreserven bei der Gewinnung von Marktanteilen für die Onshore-Ölförderung in den USA von der OPEC kein Hindernis darstellen. Die Grenze wird unserer Auffassung nach letzten Endes durch die Kapazitäten des Dienstleistungsangebots für die Ölindustrie gesetzt. Gemeint sind damit nicht die Bohranlagen, da von dem vorherigen Ölboom bei einem Ölpreis von 140 US-Dollar je Barrel noch ausreichend Kapazitäten verfügbar sind. Wir sprechen von Bereichen wie Dienstleistungen für die Fertigstellung von Bohrlöchern sowie der Ausrüstung für Ölbohranlagen.
Die Onshore-Rohölproduktion in den USA könnte unserer Auffassung nach aus technischer Sicht jährlich um 1 Mio. Barrel pro Tag gesteigert werden, was ausreichen sollte, um den Nachfrageanstieg über die kommenden Jahre aufzufangen.
In diesem Bereich halten wir einige der für uns fähigsten Unternehmen innerhalb der Branche. Dabei handelt es sich um Qualitätsfirmen, die den Abschwung des Ölsektors gut bewältigt haben und die auch weiterhin ein wesentlicher Bestandteil unserer Strategie sind. Im Detail handelt es sich dabei unter anderem um das gut geführte US- Schieferölunternehmen mit niedriger Kostenstruktur EOG und um die Öldienstleistungs- und Ausrüstungsanbieter mit Fokus auf Nordamerika Halliburton und Forum Energy Technologies. Diese drei Unternehmen zählen zu den Top-10-Positionen der globalen Rohstoffaktienstrategie.
Eine Alternative im Aufwind: Lithium-Ionen-Batterien
Wie sieht es mit der Nachfrageseite des Ölmarktes aus? Auch hier könnten kurzfristig aufkommende Ereignisse einen deutlich längerfristigen Effekt am Ölmarkt einleiten. Die Vorstellung, dass sich Elektrofahrzeuge am Markt etablieren, gewinnt seit unserem ersten Beitrag Anfang des Jahres immer mehr an Dynamik. Der Erfolg bei den Vorbestellungen des Tesla Model 3, für den im ersten Monat 400.000 Bestellungen eingingen, brachte die meisten etablierten Automobilhersteller dazu, ihre Strategien in Bezug auf Elektrofahrzeuge zu überarbeiten und voranzutreiben. Der Aufstieg von Elektrofahrzeugen ist unserer Auffassung nach mittlerweile nur noch eine Frage des „Wann“ und „Wie schnell“, nicht mehr des „Ob“.
Im Rahmen einer in Kürze erscheinenden Informationsbroschüre werden wir unsere aktuellen Ansichten über die Implikationen für das Anlageverhalten darlegen. Wir sind nach wie vor der Auffassung, dass die erfolgreichste Anlagestrategie darin besteht, Unternehmen zu halten, die Material für die Herstellung von Elektrofahrzeug-Batterien liefern. Für viele dieser Materialien, vor allem für Lithium, für Hersteller von Batterieseparatoren und für Anbieter von Kathodenmaterialien existieren unserer Einschätzung nach Eintrittsbarrieren. Im Rahmen unserer globalen Rohstoffaktienstrategie haben wir unsere Investitionen für Lithium in Albemarle, Orocobre und Galaxy Resources entweder beibehalten oder aufgestockt. Gleiches gilt für W-Scope und Asahi Kasei mit Blick auf Separatoren und für Johnson Matthey in Bezug auf Kathodenmaterialien.
Aufgrund der zunehmenden Ungewissheit über das Angebot und auch die Nachfrage ist eine erhöhte Volatilität beim Ölpreis unseres Erachtens unvermeidbar. Das ist ein Ärgernis für all jene in der Industrie, die Anlageentscheidungen basierend auf langfristigen Annahmen zur Ölpreisentwicklung treffen wollen, wie beispielsweise integrierte Ölgesellschaften. Erfreulich ist es für andere, die von einer erhöhten Preisschwankung profitieren, wie im Falle des niederländischen Unternehmens für Öl- und Gaslogistik Vopak.
Fazit
Ohne Zweifel wird in Zukunft eine ganze Menge über die kurzfristigen Auswirkungen der Entscheidung der OPEC auf den Ölpreis geschrieben werden. Indem wir Qualitätsunternehmen identifizieren und in diese investieren, die unserer Auffassung nach die besten langfristigen Wachstumsperspektiven aufweisen, richten wir die Baring Global Resources Aktienstrategie jedoch so aus, dass sie von den längerfristigen Implikationen für den Ölmarkt profitiert.
Von Duncan Goodwin, Head of Global Resource Equities, Barings, London
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