Nach der vom 6. März bis zum Osterwochenende andauernden Sackgasse, zeigen sich die OPEC+ Staaten endlich bereit, die Ölförderung erneut zu drosseln.
15.04.2020 | 07:40 Uhr
Von Nitesh Shah, Director, Research, WisdomTree
Nach der vom 6. März bis zum Osterwochenende andauernden Sackgasse, zeigen sich die OPEC+ Staaten endlich bereit, die Ölförderung erneut zu drosseln. Der Schmerz war zu groß: Infolge sinkender Nachfrage und gleichzeitig steigendem Angebot fielen die Brent-Ölpreise auf ein 18-Jahres-Tief [2]. Nach der „Griechischen Tragödie“ am 6. März, in der sich eine Kluft zwischen Saudi Arabien und Russland auftat, war es jedoch ein schwieriges Unterfangen, die Produzenten wieder zusammenzubringen. Dieses Hindernis wurde überwunden, indem US-Präsident Trump ein Gespräch zwischen Präsident Putin (Russland) und König Salman (Saudi-Arabien) vermittelte. Doch damit endete die Rolle der USA in diesem Abkommen nicht. Nachdem Mexiko mit der dem Land zugeteilten Kürzung von 400.000 Barrel pro Tag nicht einverstanden war, schritten die USA ein und stimmten damit implizit einer Kürzung in Abstimmung mit Mexiko zu. Dies zeigt deutlich, dass die USA ebenso verzweifelt wie die Mitglieder des Kartells auf eine Verringerung des Überangebots und höhere Ölpreise drängen.
Verfahrene Situation: Mexiko verweigert Kürzungen
Die wegen der Weigerung Mexikos verfahrene Situation führte am Donnerstag, 9. April zu großen Verzögerungen im Verfahren. Bis zum Treffen der G20-Länder am Freitag, 10. April war immer noch keine Einigung erzielt worden. Das G20-Treffen unter dem Vorsitz Saudi-Arabiens war eine Gelegenheit für die Verbraucherländer, das für sie sichtbare Ausmaß der Nachfragevernichtung zum Ausdruck zu bringen, und aufzuzeigen, was sie tun, um das Angebot zu reduzieren (auch in Ländern, die große Produzenten sind). Das Kommuniqué dieses Treffens war jedoch schwach, es enthielt keine tragfähigen Zahlen in Bezug auf das tatsächliche Engagement. Anscheinend hatten die ursprünglichen Entwürfe des Kommuniqués mit der Draghi-Sprache der EZB im Sinne von „What ever it takes“ einen viel stärkeren Wortlaut. Die vorliegende verwässerte Fassung scheint jedoch das Ergebnis einer mangelnden Übereinstimmung und des Misstrauens unter den Mitgliedern zu sein.
Der Deal
Die OPEC+-Vereinbarung in ihrer jetzigen Form lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Reicht die Vereinbarung aus?
Die nun erreichte Vereinbarung stellt die umfangreichste jemals koordinierte Kürzung der Ölförderung dar. Die Schlüsselfrage ist, ob es ausreichen wird, um den Ölmarkt wieder ins Gleichgewicht zu bringen.
Da die Prognosen in bezug auf den Nachfrageeinbruch im April 2020 bei 15-22mb/d [3] liegen und diese Maßnahmen erst im Mai in Kraft treten, ist kurzfristig mit einem erheblichen Überhang zu rechnen. Die Vereinbarung gilt jedoch bis 2022, so dass eine Produktionseinschränkung das Überangebot am hinteren Ende auffangen könnte. Offensichtlich weiß niemand genau, wie lange und in welchem Umfang der mit COVID-19 verbundene Nachfrageeinbruch andauern wird. Zumindest der zweite Teil des doppelten Schocks auf den Ölmärkten - die Angebotssteigerung - wird damit in Angriff genommen.
Extremer Contango bleibt
Kurzfristig gehen wir davon aus, dass der extreme Contango [4] auf dem Ölmarkt bestehen bleiben wird. Obwohl es keine verlässlichen Daten über die globale Lagerkapazität gibt, deutet die Tatsache, dass die Tankerraten im März 2020 um 116 Prozent [5] gestiegen sind, darauf hin, dass die Lagerung an Land zur Neige geht und daher die schwimmende Lagerung sehr gefragt ist. Darüber hinaus liegt der Preis für West Texan Intermediate in Cushing bei einem Aufschlag von 6 US-Dollar gegenüber West Texan Intermediate in Magellan East Houston (31. März 2020). Dies deutet darauf hin, dass auf dem Festland gelagertes Öl mit einem erheblichen Aufschlag gegenüber dem an der Küste gehandelt wird. Da die Vereinbarung erst im Mai in Kraft tritt und Saudi-Arabien Öl mit dem stärksten Abschlag seit Jahrzehnten nach Asien verkauft, gehen wir davon aus, dass das kurzfristige Überangebot und die Preisschwäche das vordere Ende der Futures-Kurve für Rohöl mit einem starken Abschlag zum hinteren Ende der Kurve halten werden.
[1] Organization of Petroleum Exporting Countries (OPEC) ist ein Kartell von 13 Öl Produzenten. OPEC+ ist das Kartell und 10 Partnerländer.
[2] Siehe: An age of unprecedented oil volatility
[3] Bloomberg-Umfrage 31. März 2020
[4] siehe: An age of unprecedented oil volatility. Contango ist eine Situation, in der der Futures-Preis einer Ware höher ist als der Kassapreis. Contango tritt gewöhnlich dann auf, wenn erwartet wird, dass der Preis eines Vermögenswerts im Laufe der Zeit steigen wird. Dies führt zu einer nach oben geneigten Futures Kurve.
[5] Quelle: Die Daten von Bloomberg basieren auf Very Large Crude Carrier (VLCC) und die letztendliche Quelle ist SSY
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