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AXA: Ein Scheitern Präsident Temers in Brasilien ist nicht eingepreist

Bild: Pedro Ribeiro Simões
Politik

Die Regierungskrise in Brasilien gefährdet den dringend notwendigen Reformkurs, sagt Sailesh Lad. Das könnte Folgen für brasilianische Anleihen haben, denn ein Scheitern ist an den Märkten nicht eingepreist, warnt der Emerging-Markets-Anleiheexperte von AXA IM.

01.06.2017 | 11:36 Uhr

Die politische Krise in Brasilien spitzt sich zu. Michael Temer, der Präsident des größten südamerikanischen Schwellenlandes, sieht sich Korruptionsvorwürfen ausgesetzt. Die Forderungen, einem Amtsenthebungsverfahren durch Rücktritt zuvorzukommen, werden lauter. Zudem berät der oberste Wahlgerichtshof des Landes am 6. Juni über die Annullierung der Wahl von 2014. Anleger müssen sich also mit den Folgen eines möglichen frühzeitigen Endes von Temers Präsidentschaft auseinandersetzen. Denn bislang rechnen die Märkte fest mit einem Erfolg seiner Reformpolitik.

Temer hat das Vertrauen der Märkte wieder hergestellt

„So unbeliebt Temer derzeit beim Volk ist, aus ökonomischer Sicht ist er ein Hoffnungsträger“, erklärt Sailesh Lad, Fondsmanager für kurzlaufende Schwellenländeranleihen bei AXA IM. Nach der Amtsenthebung von Dilma Rousseff sei Temer angetreten, um die verheerende Lage der brasilianischen Staatsfinanzen anzugehen. Die Staatsverschuldung liege bei 71 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und steige noch immer. „Es ist dem Präsidenten jedoch gelungen, das Vertrauen wiederherzustellen, dass Brasilien bereit ist, seine Ausgaben durch Kürzungen zu begrenzen. Diese positive Entwicklung war auch an den Märkten spürbar“, so Lad. Brasilianische Bonds hätten sich in den vergangenen zwölf Monaten gut entwickelt und den JPMorgan Emerging Market Bond Index (EMBIG) um 3,5 Prozent übertroffen (Quelle: JP Morgan, Stand: 18. Mai 2017).

Ein Scheitern sei nun aber nicht eingepreist, erläutert der Experte: „Es war immer klar, dass ein Reformkurs, der bei den Sozialsystemen ansetzt, nicht ohne politische Widerstände durchzusetzen ist. Mit einer Amtsenthebung oder eine Annullierung der Wahl haben die Marktteilnehmer allerdings nicht gerechnet.“ Zwar dürfte es schwierig werden, die für eine Amtsenthebung notwendigen Beweise zu erbringen. Doch auch ein langwieriges Verfahren könnte die Aufmerksamkeit und Kräfte des Präsidenten binden, die er eigentlich bräuchte, um im Senat für Zustimmung zu kämpfen. „Auch, wenn Temer im Amt bleibt, besteht daher die Gefahr, dass der Reformkurs zumindest verschleppt wird“, warnt Lad.

Sollte Temer tatsächlich scheitern, rechnet Sailesh Lad nicht mit übermäßigem Reformwillen seitens seiner Nachfolger: „Schon 2018 wird wieder gewählt. Angesichts des näher rückenden Termins und der derzeitigen Unruhen im Land, die sich ja gegen Temers Politik richten, dürften die politischen Parteien davor zurückschrecken, sein Reformprogramm weiter voranzutreiben.“

Ratings dürften unter Druck geraten

Ein mögliches Scheitern dürfte die ökonomische Stimmung drücken und die Erholung der brasilianischen Wirtschaft gefährden, erwartet Lad. Eine Schwächung der Landeswährung Real wäre wahrscheinlich. Diese wiederum würde sich auch auf die Inflation auswirken und geldpolitische Lockerungsmaßnahmen erschweren. „Für die Anleihemärkte entscheidend wäre jedoch, dass Brasilien bei den Bemühungen, die Staatsverschuldung von derzeit 71 Prozent des BIP zu begrenzen, vorerst versagt hätte. Zusammen mit dem schwachen Wachstum dürfte das die Ratingagenturen Fitch und S&P in ihrem negativen Ausblick bestärken“, so Lad.

Für Unternehmensanleihen müsse die aktuelle Entwicklung allerdings nicht negativ sein. Insgesamt dürften sich die Spreads im Einklang mit den Bewegungen der Kurve bei Staatsanleihen ausweiten. „Es kommt auf das Geschäftsmodell der Unternehmen an. Firmen, die auf den Export ausgerichtet sind, könnten etwa von einer Schwächung des Real profitieren“, betont EM-Anleiheexperte Lad. Besonders bei exportorientierten Unternehmen könnten es sich für Anleger also lohnen, die aktuellen Risiken des brasilianischen Marktes auszuhalten. Kurzfristig seien jedoch starke Nerven gefragt: „Bis in Brasilien Klarheit herrscht, müssen Investoren in allen Segmenten des Anleihemarktes mit erhöhter Volatilität rechnen.“

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