Ein halbes Jahrhundert wissenschaftlicher Forschung hat gezeigt, dass Unternehmen, die ESG-Grundsätze umsetzen, überwiegend eine bessere Qualität und Finanzkraft aufweisen.
26.01.2024 | 07:15 Uhr
Für Anlageportfolios fallen die Ergebnisse erstaunlicherweise weniger robust aus. Wir werfen einen Blick darauf, wie sich dieses Ungleichgewicht potenziell lösen lässt. Und wir erläutern, warum wir in Sachen ESG und Investments so stark überzeugt sind wie eh und je.
Seit
einem halben Jahrhundert ist wissenschaftlich belegt, dass ein klarer
Zusammenhang besteht zwischen der Nachhaltigkeit eines Unternehmens und
seiner finanziellen Performance. Eine umfassende quantitative Metastudie
von Friede et al. aus dem Jahr 2015 hat 2.250 veröffentlichte
akademische Studien zur ESG-Performance untersucht, die sich über vier
Jahrzehnte von 1970 bis 2014 erstrecken.1 Die
Studie kam zu dem Ergebnis, dass ESG in 62,6 % der Studien die
finanzielle Performance eines Unternehmens positiv, in weniger als 10 %
negativ und in den übrigen Fällen gar nicht beeinflusste. Zu ähnlichen
Ergebnissen kommt eine Studie aus dem Jahr 2023, die die betriebliche
Performance in den Jahren 2015 bis 2020 analysiert. Sie stützt die
Annahme, dass die Berücksichtigung von ESG-Informationen bei den
Unternehmensabläufen und -entscheidungen einen Mehrwert schaffen kann,
der sowohl die Leitung als auch die Finanzperformance der Unternehmen
verbessert. 2
Intuitiv sollte man meinen, dass das, was für ein einzelnes Unternehmen funktioniert, gleichermaßen für ein Anlageportfolio funktioniert. Doch auch wenn in einem Anlageportfolio die Gesamtrenditen ebenfalls positiv mit ESG-Merkmalen korrelieren, fällt der Zusammenhang weniger robust aus. Es wurde gezeigt, dass die Portfoliorenditen in 38 % der Fälle positiv und nur in 13 % negativ von den Nachhaltigkeitsdaten beeinflusst werden (Abbildung 1). Bemerkenswert ist insbesondere, dass die Forscher zu dem Schluss kamen, dass sich ESG-Investitionen in Bezug auf die Portfoliorenditen im Durchschnitt nicht von Investitionen unterscheiden, die ESG nicht berücksichtigen.3 Andere sehr einflussreiche Arbeiten haben überdies gezeigt, dass die Renditen tatsächlich geringer ausfallen, wenn nachhaltige Ansätze umgesetzt werden, beispielsweise Ausschlüsse zur Vermeidung bestimmter Aktienarten (z. B. „Sündenaktien“).4 Warum aber werden die Auswirkungen von etwas, das für die Unternehmen so gut funktioniert, neutralisiert, wenn es um ein Anlageportfolio geht?
"Warum aber werden die Auswirkungen von etwas, das für die Unternehmen so gut funktioniert, neutralisiert, wenn es um ein Anlageportfolio geht?"
Quelle: Atz, U. van Holt, T. et al. „Does sustainability generate better financial performance? review, meta-analysis, and propositions.“ Journal of Sustainable Finance & Investment, 2022
Eine einfache Erklärung liegt darin, dass sich viele ESG-Anlagestrategien nicht auf die finanziell relevanten ESG-Informationen konzentrieren. Mit anderen Worten auf ESG-Faktoren, die einen erheblichen – positiven oder negativen – Einfluss auf das Geschäftsmodell und die Werttreiber eines Unternehmens haben könnten, darunter Umsatzwachstum, Margen, Kapitalbedarf und Risiko. Die Analysten müssen sich auf die richtigen Indikatoren konzentrieren und verstehen, wie sie sich auf die Performance in den einzelnen Sektoren auswirken. So sind etwa ökologische Indikatoren, beispielsweise die CO₂-Emissionen, für energieintensive Industriebetriebe relevanter als beispielsweise für Dienstleistungs- oder Finanzunternehmen. Und wie immer kommt es darauf an, ob diese wesentlichen Indikatoren vom Markt bereits eingepreist sind oder nicht.
Abgesehen von den finanziell wesentlichen ESG-Informationen gibt es aber auch andere, komplexere Faktoren, die die Auswirkungen auf ein Anlageportfolio verkomplizieren. Denn während sich die Unternehmen vor allem auf Rentabilität, Wachstum und Aktienperformance konzentrieren, sind für viele Investoren, denen Nachhaltigkeit wichtig ist, neben den bloßen Gewinnen und Renditen auch andere Beweggründe maßgeblich. So bevorzugen diese Investoren Geldanlagen, die mit ihren persönlichen Weltanschauungen und normativen Wertesystemen in Einklang stehen. Mitunter sind sie möglicherweise sogar bereit, geringere Finanzerträgen in Kauf zu nehmen, um bei anderen Kennzahlen besser abzuschneiden, beispielsweise um sicherzustellen, dass sie gar nicht oder nur geringfügig in „Sündenaktien“ etwa aus den Sektoren Online-Glücksspiele, Tabak oder Waffen investiert sind.
"Für viele Investoren sind neben den bloßen Gewinnen und Renditen auch andere Beweggründe maßgeblich"
Viele nachhaltigkeitsorientierte Investoren wollen aber nicht nur „schwarze Schafe“ meiden, sondern ihr Portfolio aktiv auf Unternehmen ausrichten, die „höhere“ Wertemaßstäbe erfüllen. Diese Investoren, die man als „Impact-Investoren“ bezeichnen könnte, zielen darauf ab, ihr Kapital proaktiv in Unternehmen und Sektoren zu investieren, deren Produkte einen Beitrag zur Lösung der globalen Herausforderungen leisten. So verwenden etwa Anlagestrategien, die sich auf die Klimakrise, die Knappheit der Ressourcen, die Zerstörung von Lebensräumen, die ungleiche Behandlung von Arbeitskräften oder die Verletzung von Menschenrechten konzentrieren, einen Investitionsansatz, der auf positiven Impact abzielt.
Robeco stützt sich auf jahrzehntelange Erfahrung im Bereich Nachhaltigkeit, die es uns ermöglicht, ein breites Spektrum an Anlagezielen und -präferenzen in den verschiedenen Anlageklassen individuell und effektiv zu berücksichtigen. Unsere fundamentalorientierten Aktienstrategien nutzen ESG in erster Linie als Möglichkeit, um Alpha zu generieren. Für unsere Robeco Sustainable Global Stars Equities-Strategie wurde sogar der Beitrag berechnet, den ESG zur Performance beiträgt (Attribution). Diese Berechnungen zeigen, dass die Integration verschiedener ESG-Dimensionen in die aktive Aktienauswahl im Zeitraum 2017 bis 2022 für 22 % der Überschussrendite der Strategie verantwortlich war (Abbildung 2).5
Quelle: Robeco, Sustainable Global Stars Equities-Strategie, 2017-2022
Unsere
Anleihestrategien, die stärker darauf abzielen, Zahlungsausfälle zu
meiden, verwenden hingegen ESG-Analysen, um die Portfolios vor
Verlustrisiken zu schützen. Im Jahr 2022 führte die Einbeziehung von ESG
in unsere internen fundamentalen Scoring-Analysen in 29 % der Fälle zu
einer finanziell bedeutenden Auswirkung, 22 % bezogen sich auf den
Schutz vor Kursverlusten und 6 % auf die Nutzung von nicht eingepreisten
Kursgewinnen bei Anleihen.
Das schnell wachsende
Volumen an verfügbaren Daten hat unsere quantitativen Anlageteams zudem
in die Lage versetzt, algorithmische Modelle zu entwickeln, um
Nachhaltigkeitssignale zu erfassen, die das Risiko-Rendite-Profil eines
Portfolios verbessern. Wie erwähnt, ist es für Anleger zunehmend
wichtig, neben der Risikominderung, der Kapitalerhaltung oder der
Erzielung von Alpha auch einen positiven Beitrag zur realen Welt zu
leisten. Vor dem Hintergrund dieser veränderten Anlegerpräferenzen hat
unser Quant-Team ein Tool entwickelt, das Portfolios individuell unter
Berücksichtigung der Renditeerwartung, der Risikobereitschaft und der
Nachhaltigkeitseigenschaften (z. B. CO2-Fußabdruck, SDG-Impact) optimiert.
Unsere
Überzeugung, dass Nachhaltigkeit einen Mehrwert erzeugt, wird durch
umfassende interne und externe Untersuchungen gestützt. Wir wissen aber
auch, dass sich die Marktdynamik mit der Zeit ändern kann. Wie es auch
bei anderen Analyseformen der Fall ist, kann der positive Einfluss von
finanziell wesentlichen ESG-Daten auf die Rendite schnell nachlassen,
sobald immer mehr Marktteilnehmer deren Vorteile entdecken und für sich
nutzen. Daher sind Wachsamkeit und ständige Innovation gefragt. Wir
verbessern unsere Research-Kapazitäten weiter, indem wir zusätzliche
Datenquellen hinzufügen, neue Modelle und Rahmenwerke entwickeln und die
Ergebnisse in die Anlagestrategien im gesamten Spektrum an
Anlageklassen integrieren.
1
Friede, G. Busch, T. und Bassen, A. „ESG and Financial Performance:
Aggregated Evidence from More than 2000 Empirical Studies.” (2015).
Journal of Sustainable Finance & Investment, 5:4, 210-233
2
Atz, U. van Holt, T. et al. „Does sustainability generate better
financial performance? review, meta-analysis, and propositions.“ (2022).
Journal of Sustainable Finance & Investment.
3
Harrison, H. und Kacperczyk, M. (2009). „The Price of Sin: The Effects
of Social Norms on Markets“, Journal of Financial Economics, S. 93-101
4 Die Robeco Sustainable Global Stars Equities-Strategie verwendet den MSCI World EUR-Index als Referenzindex.
Die Informationen auf der nachfolgenden Website der Robeco Deutschland, Zweigniederlassung der Robeco Institutional Asset Management B.V., richten sich ausschließlich an professionelle Kunden im Sinne von § 31a Abs. 2 Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) wie beispielsweise Versicherungen, Banken und Sparkassen. Die auf dieser Website dargestellten Informationen sind NICHT für Privatanleger bestimmt und entsprechen nicht den für Privatanleger maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen.
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