Robeco: Offenlegungsverordnung – was Assetmanager wissen sollten

Robeco: Offenlegungsverordnung – was Assetmanager wissen sollten
Regulierung

Die EU-Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor („Offenlegungsverordnung“) enthält eine Reihe von Offenlegungsvorschriften, die die Transparenz und Glaubwürdigkeit im Sustainable Investing erhöhen sollen.

24.07.2024 | 08:56 Uhr

Wir erläutern, was dies in der Theorie für Assetmanager bedeutet und wie es sich in der Praxis verhält.

Ein wichtiger Schritt auf einer größeren Reise

„Verordnung“ wird in vielen Bereichen von Wirtschaft und Politik als Schimpfwort empfunden, doch Nachhaltigkeitsvorschriften sind dringend notwendig, um den Übergang zu einer saubereren, grüneren und gerechteren Wirtschaft zu beschleunigen. Die EU hat keine Zeit bei der Ausarbeitung von Rechtsrahmen verschwendet, um ihre Unternehmen, Industrien und Handelspartner zu nachhaltigen Gewinnen und Wachstum zu führen.

Der EU-Aktionsplan für nachhaltige Finanzierungen ist nur ein Teil des übergeordneten Plans. Sein oberstes Ziel ist es, Kapital für nachhaltige Investitionen und Entwicklung in allen 27 EU-Ländern bereitzustellen. Dies wird durch mehrere grundlegende Initiativen, darunter die Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor sichergestellt.

Mit der Offenlegungsverordnung soll gewährleistet werden, dass Kapital, das für nachhaltige Investitionen bestimmt ist, in echte nachhaltige Produkte fließt. Dazu wird über die Offenlegungsverordnung von Assetmanagern verlangt, dass sie Nachhaltigkeitsrisiken in ihren Anlageprodukten sorgfältig abwägen, alle nachhaltigkeitsbezogenen Aussagen anhand objektiver Kriterien prüfen und diese Ergebnisse veröffentlichen.

Mehr Daten und Offenlegung sollen die Anleger nicht nur vor „Greenwashing“ schützen, sondern ihnen auch mehr Informationen zur Verfügung stellen, um die Vorzüge und Nachteile konkurrierender Anlageprodukte zu vergleichen.

Häufige Missverständnisse

Das bekannteste Merkmal der Offenlegungsverordnung ist mittlerweile ihr Klassifizierungssystem. Assetmanager sind verpflichtet, alle Anlageprodukte gemäß Artikel 6, 8 oder 9 einzustufen.

  • Produkte nach Artikel 6 weisen kein Nachhaltigkeitsziel aus, es muss aber offengelegt werden, warum dies der Fall ist.
  • Bei Produkten nach Artikel 8 muss nachgewiesen werden, dass sie ökologische oder soziale Merkmale bewerben.
  • Produkte gemäß Artikel 9 müssen ein klares nachhaltiges Investitionsziel verfolgen.

Portfoliomanager könnten versucht sein, diese neuen Klassifizierungen im Marketing als Kennzeichnungen einzusetzen, um ihre Attraktivität zu erhöhen. Solche Kennzeichnungen bedeuten jedoch, dass die Produkte anhand strenger standardisierter Kriterien bewertet wurden, was bei der Offenlegungsverordnung nicht der Fall ist. Obwohl sie eine Berichterstattung über gemeinsame Themenbereiche vorschreibt, gibt es noch immer eine große Bandbreite an Variabilität zwischen den Nachhaltigkeitsmerkmalen. Im Kern handelt es sich bei der Offenlegungsverordnung um eine Transparenzmaßnahme, die Anlegern die Möglichkeit bietet, einen Blick in ein Produkt zu werfen, um nachzuvollziehen, wodurch es als nachhaltig gilt.

Ein weiterer häufiger Fehler ist die Annahme, dass Produkte gemäß Artikel 6 von nachhaltigkeitsbezogenen Offenlegungen ausgenommen sind. Die Offenlegungsverordnung verlangt von allen Finanzmarktteilnehmern, zu bewerten und offenzulegen, ob sie Nachhaltigkeitsstrategien in ihre Produkte integrieren, wie sich das Nachhaltigkeitsrisiko auf die Rendite auswirkt und ob sie die negativen Auswirkungen ihrer Produkte auf konkrete EU-definierte Indikatoren, die sogenannten wichtigsten nachteiligen Auswirkungen, berücksichtigen.1

Artikel 8 und 9 im Vergleich

Im Vergleich zu Artikel 6 sind in den Artikeln 8 und 9 mehr Messungen und Berichte über verschiedene Nachhaltigkeitskennzahlen vorgesehen. Bei Produkten nach Artikel 8 muss nachgewiesen werden, dass sie Nachhaltigkeit bewerben, während bei Produkten nach Artikel 9 nachgewiesen werden muss, dass sie direkt zu ihr beitragen. Außerdem müssen beide Klassen nachweisen, dass sie sich an eine gute Unternehmensführung halten und berichten, inwieweit sie den Definitionen für „nachhaltige Tätigkeiten“ der EU-Taxonomie entsprechen.

Über diese Anforderungen hinaus sind Portfolios gemäß Artikel 9 verpflichtet, über etwaige negative Auswirkungen ihrer zugrunde liegenden Wertpapiere auf 18 (von 64) wichtige nachteilige Auswirkungen zu berichten, die Bereiche wie CO2-Emissionen, Abfallentsorgung, Menschenrechte und Geschlechtervielfalt umfassen. Im Gegensatz dazu muss bei Produkten nach Artikel 8 nur erklärt werden, ob sie wichtige nachteilige Auswirkungen bei ihren Anlagen berücksichtigen.

Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass Produkte gemäß Artikel 9 vollständig in Unternehmen investiert werden müssen, die als nachhaltig gelten, während Produkte nach Artikel 8 nur den Anteil nachhaltiger Investitionen angeben müssen, den sie zu tätigen beabsichtigen.

Abbildung 1 – Wie Robeco die Klassifizierung eines Produkts nach der Offenlegungsverordnung bestimmt

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Source: Robeco, April 2023

Mehr Klarheit ist entscheidend

Was eine „nachhaltige Investition“ genau bedeutet, ist aber nicht klar definiert. Eine Investition in einen Windpark mag im Rahmen einer Strategie für saubere Energie nachhaltig sein, aber durch seine schlechte Bilanz in Bezug auf die Arbeitssicherheit kann sie für ein Portfolio, das sich auf eine starke Performance bei sozial orientierten Faktoren konzentriert, inakzeptabel sein. Dieser Mangel an Klarheit führt zu Problemen und verlangsamt die Fortschritte im Sinne der Offenlegungsverordnung.

Es wurden Änderungen vorgeschlagen, die strengere technische Standards und mehr Strenge bei Bewertungen
wichtiger nachteiliger Auswirkungen beinhalten (d. h. nicht nur, ob, sondern wie wichtige nachteilige Auswirkungen auf Investitionen angewendet werden). Es kann allerdings Jahre dauern, bis diese geprüft, genehmigt und umgesetzt sind (sofern sie überhaupt genehmigt werden).

Das Klassifizierungssystem der EU-Taxonomie könnte eine schnellere Lösung bieten, da sowohl bei den Klassen nach Artikel 8 als auch nach Artikel 9 die Manager bereits angeben müssen, inwieweit ihre Produkte mit der Taxonomie übereinstimmen.2 Das kann aber erst dann gemessen werden, wenn die Unternehmen, in die investiert wird, ihre nachhaltigen Tätigkeiten selbst klassifizieren und berichten. Die Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen, eine separate Richtlinie für nachhaltige Finanzierungen, die auf die Offenlegung der Nachhaltigkeit von Unternehmen abzielt, verlangt von größeren Unternehmen (mit mehr als 500 Mitarbeitern) bereits in diesem Jahr, dass sie die Ausrichtung ihrer Geschäftstätigkeit nach der Taxonomie melden.

Angesichts der damit verbundenen Kosten haben kleinere Unternehmen jedoch noch einige Jahre Zeit, um die Anforderungen zu erfüllen. Außerdem befindet sich der soziale Teil der EU-Taxonomie, der definiert, welche Tätigkeiten positive soziale Auswirkungen aufweisen, noch in der Entwicklung. Aufgrund dieser Lücken in der Berichterstattung ist es unwahrscheinlich, dass die Taxonomie bis zum Jahresende als beschleunigte Lösung eingesetzt wird.

Wo wir stehen und welche Richtung wir einschlagen

Die Ungewissheit darüber, wie sich die Vorschriften entwickeln werden, hat viele Manager veranlasst, weitere Aktionspläne gemäß Offenlegungsverordnung vorerst auf Eis zu legen. Trotz der Pause sorgen die Vorschriften für viele Gespräche und Engagement. Zudem ist es besser, Fortschritte in einem solchen Umfang und mit so vielen Auswirkungen schrittweise zu erzielen.

Wir glauben, dass der externe Druck der Interessengruppen in Verbindung mit den technologischen Fortschritten bei der Datenerfassung und -verarbeitung die Unternehmen und die Investmentbranche im Laufe der Zeit zu einer stärkeren Integration und Offenlegung von Nachhaltigkeitsrisiken und -auswirkungen bewegen wird.

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Fußnoten

1Die wichtigsten nachteiligen Auswirkungen sind definiert als „negative, wesentliche oder wahrscheinlich wesentliche – Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren, die durch von dem Rechtsträger getroffene Anlageentscheidungen oder von diesem gegebene Empfehlungen verursacht oder verstärkt werden oder damit unmittelbar zusammenhängen.“

2Die Angleichung an die EU-Taxonomie wird anhand des prozentualen Anteils der gesamten Portfoliobestände gemessen, deren zugrunde liegende Geschäftsvorgänge nach den technischen Kriterien der EU-Taxonomie als „nachhaltige Tätigkeiten“ gelten.


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