Taktiken für den globalen Rentenmarkt.
20.11.2019 | 13:30 Uhr
· Kombination von Bausteinen über Länder- und Währungsgrenzen hinweg
· Marktgängigkeit als wenig beachteter Erfolgsgarant
· Kleinteilige Granularität bietet Freiheiten
von Christian Bender, CEFA
Liebhaber klassischer Musik erkennen in unserer Überschrift den Titel einer Kantate Johann Sebastian Bachs wieder. Und so mancher sicherheitsorientierte Rentenfondsanleger wird sich nach zehn Jahren fortdauernder Liquiditätsoffensiven westlicher Notenbanken in der bekanntesten Textzeile dieser Kantate wiederkennen, der zufolge Schafe sicher weiden können, wo ein guter Hirte wacht.
Um einen guten Hirten in der Zunft der Fondsmanager zu identifizieren, werden anlegerseitig gerne die einschlägigen Rankings bekannter Agenturen genutzt. Doch welcher Techniken bzw. Werkzeuge wird sich ein guter Hirte am Bondmarkt heute bedienen?
Der internationale Rentenmarkt ist – allen Ankaufprogrammen der Notenbanken zum Trotz – mehr denn je durch die Qual der Wahl gekennzeichnet. Insofern besteht die vornehmste Aufgabe eines Assetmanagers darin – auch um seinen potentiellen Anlegern eine grobe Orientierung bzgl. der Risiken seiner Weidegründe zu ermöglichen –, sich selbst zu beschränken. Das können Mindestanforderungen bzgl. der Bonität der Emittenten oder der Verzicht auf einzelne Marktsegmente sein, wie z.B. Nachranganleihen oder Schuldverschreibungen von Banken.
Ist das Tätigkeitsfeld dahingehend abgesteckt, geht es daran, das Ziel zu identifizieren und das Portfolio zu strukturieren. Ist das Ziel beispielsweise, attraktive Erträge mit moderaten Risiken zu verbinden und diese Aufgabe – gemessen an einer Kennziffer wie der Sharpe-Ratio – besser als vergleichbare Wettbewerber zu absolvieren, sollte man sich allerdings vom schlichten Nachbau einschlägiger Indizes tunlichst fernhalten. Denn Indizes sind aus praktischen Gründen zumeist kapitalgewichtet strukturiert worden, was unweigerlich dazu führen würde, sich ausschließlich mit den am höchsten verschuldeten Emittenten das Bett zu teilen. Das ist nicht gleichbedeutend mit einem Mehr an Sicherheit.
Sich auf das Schlimmste vorzubereiten und das Beste zu hoffen, verlangt zunächst mit Blick auf die Liquidität des eigenen Portfolios, einen Teil der eigenen Mittel in die in dieser Hinsicht unübertroffenen Staatsanleihen großer und stabiler Schuldnerländer zu allokieren. Zu letzteren gehören unzweifelhaft die USA, deren heimische Währung zudem noch ein relativ attraktives Zinsniveau bietet. Auch die Euro-Zone bietet ein gerütteltes Maß an Angebot sowohl in Bezug auf das emittierte Volumen als auch die Zahl der staatlichen Aussteller. Doch nicht jeder Emittent weiß in puncto Bonität zu überzeugen. Wer hier hingegen zu überzeugen weiß, begnügt sich mit niedrigsten, bisweilen sogar negativen Verzinsungen seiner Euro-Titel.
So ist es abseits des skizzierten Bausteins liquider und bonitätsstarker Emittenten unvermeidlich, sich in einem weiteren Portfoliobaustein mit Emittenten aus niedrigeren Rating-Kategorien zu befassen. Denn diese locken aufgrund derselben mit Risikoprämien in Form höherer Zinsen. Das muss nicht zwingend mit einer geringeren Marktgängigkeit verbunden sein, wie das Beispiel Italien zeigt. Kombiniert man diesen Emittenten zudem mit einer besser verzinslichen Währung wie z.B. dem britischen Pfund, kann das die Risiken noch stärker verteilen. Denn für den Fall eines Wiederaufflammens der Euro-Verschuldungsdiskussion lässt sich eine gegenläufige Reaktion in den Kursen der Anleihe und der Währung erwarten.
Je kleinteiliger dabei die einzelnen Positionen hinsichtlich ihrer Eigenschaften – Bonität des Schuldners, Restlaufzeit und Währung – differenziert werden, desto geringer fallen die sog. Klumpenrisiken aus. Diese Granularität ermöglicht es dann auch, Währungen und damit Zinsniveaus zu allokieren, die sich bei separater Betrachtung vor dem Hintergrund einer sicherheitsorientierten Kapitalanlage verbieten. Das trifft insbesondere jene der Schwellenländer. Der zeitgleiche Erwerb zweier Anleihen mit einjähriger Restlaufzeit – eine Euro-Bundesanleihe mit einer negativen Rendite von 0,5 Prozent und eine Anleihe der Europäischen Bank für Wiederaufbau (EBRD), dank der Emissionswährung Indonesische Rupie mit 6 Prozent verzinst – macht das Risikomanagement des Hirten greifbar: Das Bonitätsrisiko beider Emittenten ist extrem gering, das Zinsänderungsrisiko mit Blick auf die Restlaufzeit überschaubar. Ein Liquiditätsrisiko für die Bundesanleihe ist nicht vorhanden und für die EBRD-Anleihe durch die kleinteilige Portionierung beherrschbar. Bleibt noch der Wechselkurs zwischen Rupie und Euro: Doch erst bei einem Verfall des Wechselkurses um mehr als 6,5 Prozent bereitet dieser kombinierte Kauf Schmerzen. Dass der Fondsmanager bereits auf dem Weg zu dieser Schwelle erwägen wird, das Engagement vorzeitig aufzulösen, ist offensichtlich.
Als Ergebnis dieser Kombination zahlreicher Bausteine verfügt der Investor über ein Portfolio, das gemessen an seiner Volatilität bzw. Sharpe-Ratio über eine im Wettbewerbsvergleich gute Risiko-Ertrags-Struktur verfügt. Eher unbemerkt erwirbt er aber auch ein Produkt, das durch die hohe Marktgängigkeit seiner Investments auf absehbare Krisenszenarien vorbereitet ist und auch deshalb – um ins Schäferdeutsch zurückzufallen – einen sicheren Weidegrund bietet.
Hamburg,
20. November 2019
Der Autor ist Portfoliomanager bei der SIGNAL IDUNA Asset Management und verantwortet unter anderem den global agierenden Rentenfonds HANSAinternational.
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