Die Preise für Rohstoffe verlieren an Dynamik. Das Ausbleiben des Handelsabkommens zwischen den beiden Supermächten USA und China bremste die Performance von Industriemetallen und Agrarrohstoffen, so Rohstoff-Experte Nitesh Shah.
08.05.2019 | 13:58 Uhr
Die Rohstoffpreise sanken im vergangenen Monat, wobei der Sektor nach einem hervorragenden ersten Quartal 2019 an Dynamik verlor. Die Anlageklasse sah sich Gegenwind ausgesetzt.
Erstens hat das Ausbleiben jedweder Ankündigung in Bezug auf das US-chinesische Handelsabkommen (zumindest zum Zeitpunkt der Veröffentlichung) die Performance der Industriemetalle und des Agrarsektors verhindert. Wir glauben jedoch, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis die beiden Supermächte zu einer Einigung kommen und erwarten eine Fortsetzung der im Januar 2019 begonnenen Erholungsrally.
Zweitens hat die Aufwertung des US-Dollars die Entwicklung der Rohstoffpreise gedämpft (in Dollar).
Drittens sind die Rohstoffmärkte aufgrund der starken Erholung der Aktienmärkte insgesamt in den Hintergrund getreten. S&P 500 und Nasdaq erreichten Anfang dieser Woche neue Höchststände. In einem solchen Umfeld mussten spekulative Positionierungen in Gold- und Silber-Futures erhebliche Rückschläge hinnehmen. Dieses Muster ähnelt beängstigend dem des vergangenen Jahres, als die Stimmung der Anleger gegenüber Gold im Januar und Oktober 2018 nachgab. Erst, als die Anleger im Februar und Dezember 2018 an die Marktvolatilität erinnert wurden und die Aktienkurse einbrachen, stiegen die Goldpreise stark an.
Wir glauben, dass die Eindeckung mit Shortpositionen den gesamten Rohstoffkomplex durchdringen könnte, wobei die Shortpositionen vor allem im Agrarsektor und bei Silber sehr hoch angesiedelt sind. Bei hoher Angebotskonzentration in den Bereichen Kakao (Afrika), Zucker (Brasilien und Indien) und Kaffee (Brasilien und Mittelamerika) könnte eine lokal begrenzte Wetterstörung als wichtiger Katalysator für den Abbau von Short-Positionen wirken.
Klarer Ausreißer ist der Energiebereich, der im vergangenen Monat um 3,8 Prozent anstieg. Preistreiber war die Verknappung des Ölangebots. Neben den absichtlichen Angebotskürzungen der OPEC sorgen unfreiwillige Lieferengpässe in Libyen, Venezuela und im Iran dafür, dass der Markt besonders eng wird. Der von den USA den Verbrauchern iranischen Öls angebotene Sanktionsverzicht läuft in wenigen Tagen aus. Die USA haben angekündigt, dass es keine Verlängerung gibt. Dadurch könnten dem Iran Exporte von mehr als eine halbe Million Barrel entgehen. Obwohl Trump die OPEC aufforderte, die Förderpolitik zu lockern, erwarten wir vor deren Juni-Sitzung keine wesentlichen Änderungen. Angesichts des vom US-Präsidenten schaffenen Präzedenzfalls, eine Kehrtwende in der iranischen Politik zu vollziehen (im November letzten Jahres kündigte er die für den Markt überraschenden Sanktionsverzichte an, was die Ölpreise zu diesem Zeitpunkt um fast 33 Prozent senkte), ist die OPEC skeptisch in bezug auf irgendwelche politischen Schritte, bevor die USA ihren Verzicht auf Sanktionen für weitere 180 Tagen bekannt geben. Wir gehen davon aus, dass die Volatilität der Ölmärkte auch in den kommenden Jahren anhalten wird.
Den vollständigen Rohstoff-Monitor in englischer Sprache können Sie hier herunterladen.
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