Die Wiederöffnung der zweitgrössten Volkswirtschaft der Welt sollte diejenigen, die sich Sorgen über die Inflation machen, nicht allzu sehr beunruhigen.
02.03.2023 | 06:49 Uhr
Die plötzliche Wiederöffnung der chinesischen Wirtschaft hat bei Anleiheinvestoren, die sich ohnehin schon Sorgen über Inflation und Zinserhöhungen machten, für neue Unsicherheit gesorgt.
Doch die unerwartet rasche Lockerung der Covid-Beschränkungen wird der Weltwirtschaft das dringend benötigte Wachstum bescheren. Die Auswirkungen auf die globale Inflation dürften gering sein.
Vielmehr dürfte sich das Klima für die Anleihemärkte deutlich verbessern, insbesondere für Schwellenländeranleihen.
Chinas Rückkehr auf die globale Wirtschaftsbühne ist ein wichtiges Ereignis. Die zweitgrösste Volkswirtschaft der Welt ist eine bedeutende Quelle für Produktion, Warenverbrauch, Dienstleistungen, natürliche Ressourcen und Liquidität.
Die Erholung des Landes hat daher enormen Einfluss auf den Rest der Welt, denken wir nur an den Handel, Tourismus und Rohstoffe. Es werden vor allem andere Schwellenländer und nicht die Industrieländer sein, die dadurch den grössten Wachstumsschub erfahren.
Nehmen wir die Importe. Die chinesische Nachfrage nach Waren aus dem Ausland wird sicherlich steigen, da das Geld bei den Verbrauchern jetzt wieder lockerer sitzt, nachdem sie knapp drei Jahre gespart und nur Lebensmittel und andere Basiskonsumgüter gekauft haben.
Der Nachholbedarf ist beträchtlich. Unsere Analyse zeigt, dass die Ersparnisse der privaten Haushalte, also verfügbares Einkommen abzüglich Konsum, bei 5 Bio. RMB liegen, das ist doppelt so viel wie 2014 und entspricht 4% des BIP. Unserem Research zufolge wird ein Grossteil dieser Ausgaben in andere Schwellenländer fliessen – wie Singapur, Thailand und Chile.
* Veränderung des BIP-Wachstums bei einem Anstieg der chinesischen Importe um 10% ** Veränderung des BIP-Wachstums bei einem Anstieg der Tourismuseinnahmen aus China, unter der Annahme, dass der Tourismus zum halben Wert des Niveaus von 2019 zurückkehrt. Quelle: Pictet Asset Management, CEIC und Refinitiv. Daten vom 31.01.2023
Die Belebung des chinesischen Tourismus dürfte den Schwellenländern einen zusätzlichen wirtschaftlichen Schub geben. Thailand zum Beispiel rechnet in diesem Jahr mit bis zu 5 Millionen Touristen aus China und einem Dreijahreshoch bei den Konsumausgaben.
Rohstoffexporteure, insbesondere in Lateinamerika, dürften ebenfalls von der gestiegenen chinesischen Nachfrage nach ihren natürlichen Ressourcen profitieren.
Die Wachstumsprämie der Schwellenländer war schon vorher höher als die der Industrieländer. Die Wiederöffnung Chinas wird diese Wachstumslücke weiter vergrössern.
Unter Berücksichtigung all dieser Faktoren gehen wir davon aus, dass die Schwellenländer in diesem Jahr um mehr als 4% wachsen und damit die Industrieländer überholen werden, deren Wachstum lediglich bei 0,5% liegen wird.
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