Anhand neuer OECD-Daten wurde verglichen, wie verschiedene Regierungen Steuern erheben. Einige der Erkenntnisse sind erstaunlich.
11.09.2018 | 11:24 Uhr
Steuern sind immer ein brisantes Thema für die Personen und Unternehmen, die sie zahlen. Deshalb sollte es nicht überraschen, dass eine Untersuchung der OECD, einer Organisation, die sich hauptsächlich aus reichen Nationen zusammensetzt, einige Aufmerksamkeit auf sich zieht. Bei der Studie wurden Daten zur Besteuerung in 35 Ländern zusammengetragen und verglichen.
Hier greifen wir einige der interessantesten Fakten heraus.
In rund 80 % der erfassten Länder wurden die Steuern zwischen 1990 und 2016 erhöht. Aufgrund der höheren Steuereinnahmen in allen wesentlichen Sektoren, insbesondere aus Mehrwert- und Unternehmenssteuern, stieg das Verhältnis der Steuern zum BIP auf ein Rekordhoch von 34 %.
Die Gründe dafür sind komplex. Dies gilt insbesondere für den starken Anstieg seit der Finanzkrise von 2008. Der Anstieg ergibt sich, wie wir nachstehend erklären, nicht zwangsläufig daraus, dass verschuldete Regierungen die Steuersätze anheben, um mehr Geld einzunehmen.
Steuern in Prozent des BIP: Durchschnitt der OECD
Quelle: OECD Global Revenue Statistics Database, Schroders. Der OECD-Durchschnitt beruht auf den Daten von 2015.
Eine markante Entwicklung war der „Steuerkrieg“ bei der Unternehmenssteuer. Die Länder kämpften darum, die niedrigsten Steuersätze anzubieten, um Unternehmen anzuziehen. Um dies besser zu veranschaulichen, bedienen wir uns einer Grafik aus einer kürzlich veröffentlichten wissenschaftlichen Studie. Sie zeigt, dass der durchschnittliche Unternehmenssteuersatz über längere Zeit hinweg massiv gesunken ist. Beachtenswert ist auch, dass die Gesamteinnahmen aus Unternehmenssteuern dank höherer Vorsteuergewinne trotz der niedrigeren Steuersätze gestiegen sind.
Globaler Durchschnitt der Unternehmenssteuersätze (in %)
Quelle: The Missing Profits of Nations, 2018, Tørslø, Wier, Zucman.
Beitrag zu den gesamten Steuereinnahmen: Durchschnitt der OECD
Quelle: OECD Global Revenue Statistics Database, Schroders. Der OECD-Durchschnitt beruht auf den Daten von 2015.
Dies ist nichts Neues. Trotz der rückläufigen Unternehmenssteuersätze sind die Unternehmenssteuern im Vergleich zum BIP seit 1990 nicht gesunken. Angesichts ihres geringen Beitrags zu den Gesamteinnahmen ist eine Senkung der Unternehmenssteuer ein viel weniger kostspieliger Schritt als eine Senkung der Einkommensteuer – trotz des wachsenden Widerstands in der Bevölkerung. Die Regierungen hoffen auch, dass eine Senkung der Unternehmenssteuer Unternehmen dazu ermutigt, sich in einem Land niederzulassen oder ihre Präsenz dort auszuweiten und mehr Menschen zu beschäftigen, die Einkommensteuern zahlen und besteuerte Güter und Dienstleistungen kaufen.
Einnahmen aus Güter- und Mehrwertsteuern im Verhältnis zur Unternehmenssteuer
Quelle: OECD Global Revenue Statistics Database, Schroders. Alle Daten beziehen sich auf Ende 2016, mit Ausnahme der Daten für Australien, Griechenland, Japan, Mexiko und den OECD-Durchschnitt, die sich auf 2015 beziehen.
Die Hauptlast machte sich in weniger aufsehenerregenden Bereichen wie Mehrwertsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen bemerkbar.
Prozentualer Anteil der OECD-Länder, deren Abhängigkeit von verschiedenen Steuern seit 2000 gestiegen ist
Quelle: OECD Global Revenue Statistics Database, Schroders. Alle Daten beziehen sich auf Ende 2016, mit Ausnahme der Daten für Australien, Griechenland, Japan, Mexiko und den OECD-Durchschnitt, die sich auf 2015 beziehen.
In Großbritannien sind die Steuereinnahmen aus Immobilien in Prozent des BIP höher als in jeder anderen großen Volkswirtschaft und mehr als doppelt so hoch wie im OECD-Durchschnitt.
Steuern in Prozent des BIP
Quelle: OECD Global Revenue Statistics Database, Schroders. Alle Daten beziehen sich auf Ende 2016, mit Ausnahme der Daten für Australien, Japan und den OECD-Durchschnitt, die sich auf 2015 beziehen.
Die Steuerlast noch viel weiter anzuheben, ist keine realistische Option. Die fiskalische Situation kann nur durch Ausgabenkürzungen verbessert werden (zum Beispiel durch eine Reduzierung der sehr großzügigen Sozialleistungen) und/oder durch Bemühungen zur Erhöhung der Produktivität, etwa eine Lockerung der Arbeitsgesetze. Vor allem in Italien ist im gegenwärtigen politischen Klima jedoch keine der beiden Maßnahmen eine denkbare Option, jedenfalls auf kurze Sicht.
Steuereinnahmen in Prozent des BIP
Quelle: OECD Global Revenue Statistics Database, Schroders. Alle Daten beziehen sich auf Ende 2016, mit Ausnahme der Daten für Australien, Griechenland, Japan, Mexiko und den OECD-Durchschnitt, die sich auf 2015 beziehen.
2 http://www.nber.org/papers/w24701
Dieser Artikel ist am 11.09.2018 auch auf schroders.com erschienen.
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