Mit der Tokenisierung von Fondsanteilen lassen sich beispielsweise Kosten reduzieren und Erträge steigern. Auch könnte eine neue, technikaffine Kundengruppe erschlossen werden. In einem Pilotprojekt hat Metzler Asset Management Fondsanteile auf Blockchain-Plattformen abgebildet und so den ersten tokenisierten Fondsanteil Deutschlands emittiert.
06.12.2023 | 10:22 Uhr
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht definiert Tokenisierung als „die digitalisierte Abbildung eines (Vermögens-)Werts inklusive der in diesem Wert enthaltenen Rechte und Pflichten sowie dessen hierdurch ermöglichte Übertragbarkeit."1
Werte lassen sich somit digital auf einer Blockchain abbilden. Hierfür werden Token ausgegeben, wobei jeder Token einen bestimmten Anteil des zugrunde liegenden Wertes repräsentiert. Ein Smart Contract, also ein digitaler Vertrag, legt die Rechte und Pflichten in Bezug auf einen Token fest. Die Übertragung dieser Token kann vollständig auf der Blockchain erfolgen – zusammen mit den Vertragsbedingungen. Die Tokenisierung ermöglicht somit vollständig digitale Übertragbarkeit von Vermögenswerten, die dann als digitales Wertpapier behandelt und bezeichnet werden.
Fondsanteile lassen sich tokenisieren und auf einer Blockchain-Plattform abbilden. Zusätzlich wird ein Smart Contract erstellt, der Vertragsdetails beinhaltet – zum Beispiel den Verkaufsprospekt – und der den Handel mit den tokenisierten Fondsanteilen (Token) automatisiert festlegt und überprüft.
Diese Token werden auch „Kryptofondsanteile“ genannt. Deren Emittierung wird ermöglicht durch die Verordnung über Kryptofondsanteile (KryptoFAV) vom Juni 2022 und das Gesetz über elektronische Wertpapiere (eWpG), das im Juni 2021 in Kraft trat. Zusammen mit den Vorgaben des Kapitalanlagegesetzbuchs (KAGB) bilden sie das regulatorische Fundament für die Ausgabe von Kryptofondsanteilen.
Der Blick auf die Kostenseite zeigt: In der Fondsindustrie gibt es komplexe Strukturen. Beispielsweise sind in der Abwicklung von Fonds viele Intermediäre beteiligt, mit entsprechend vielen Schnittstellen und notwendigen Abstimmungen. Zudem fehlt eine einheitliche Datenbasis, was die Automatisierung und Digitalisierung erschwert und den Abstimmungsaufwand erhöht. Die Folge sind hohe Kosten und lange Abwicklungszeiten, die mit bis zu vier zusätzlichen Tagen zu Buche schlagen.
Diese Situation lässt sich durch die Tokenisierung deutlich standardisieren und eröffnet den Zugang zu neuen Zielgruppen, speziell der Generation Z.
Bei der Tokenisierung von Fondsanteilen kommen Smart Contracts zum Einsatz. Sie ermöglichen die automatisierte Abbildung, Ausführung und Überprüfung von Vorgängen und nutzen die Fälschungssicherheit der Blockchain. Sie werden automatisch aktiviert, sobald bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Dies kann den Abstimmungsaufwand erheblich reduzieren, und ermöglicht es, Effizienzgewinne zu erzielen. Die Tokenisierung der Fondshülle ist der erste Schritt, die gesamten Wertschöpfungskette der Fondsindustrie schrittweise zu digitalisieren. Es lassen sich somit Effizienzvorteile heben und langfristig die Kosten des Investmentfondslebenszyklus reduzieren, was perspektivisch zu einer neuen Kostenstruktur führen kann.
Wie steht es aber um die Ertragspotenziale tokenisierter Fondsanteile? Derzeit läuft der Vertrieb von Fonds über Vertriebspartner, digitale oder börsengehandelte Angebote.
Bei der Tokenisierung von Fondsanteilen werden Anteilscheine digital registriert und in einem DLTbasierten Anteilscheinregister geführt. Eine Globalurkunde ist nicht mehr nötig. Die tokenisierten Fondsanteile sind vollständig digitalisiert und werden ausschließlich über die DLT übertragen. Die Token lassen sich auf jeder Blockchain-basierten Plattform handeln, die die technischen Standards erfüllt. Depotstrukturen sind nicht mehr zwingend erforderlich.
Für Anleger eröffnet sich durch die Etablierung dieser Blockchain-Traded Funds2 eine neue Bezugsquelle. Vor allem digital affine Personen dürften künftig diese innovativen Lösungen nachfragen.
Generell ist davon auszugehen, dass die Akzeptanz digitaler Vermögenswerte steigen wird: Voraussichtlich dürften institutionelle Investoren bis 2026 5,6 Prozent ihres Portfolios in tokenisierte Vermögenswerte investieren, bei High-Net-Worth-Investoren wird von einem Anteil von 8,6 Prozent ausgegangen3. Bereits 2030 könnten 10 Prozent aller Vermögenswerte tokenisiert sein4.
Insgesamt eröffnet die Tokenisierung von Fondsanteilen neue Möglichkeiten, die es zu erforschen lohnt. Wir haben uns daher intensiv mit Technik, Regulierung und der Umsetzbarkeit auseinandergesetzt und praktische Erfahrungen in einer Testphase gesammelt.
Seit einigen Jahren beschäftigt sich Metzler intensiv mit der Blockchain, digitalen Assets und Tokenisierung. Unsere interne Analyse der Effizienzgewinne bei der Tokenisierung von Fondsanteilen zeigte, dass sich mit der Tokenisierung des Investmentfondslebenszyklus Kosten reduzieren lassen. Daher starteten wir ein Pilotprojekt in der Live-Umgebung. In der ersten Phase schufen wir eine neue, tokenisierte Anteilklasse für den Fonds Metzler Global Growth Sustainability. Somit gaben wir als erstes deutsches Institut Kryptofondsanteile gemäß KryptoFAV und eWpG heraus – ein Durchbruch in der Asset-Management-Industrie. Jeder Token repräsentiert einen Fondsanteil und ermöglicht einen einfachen und schnellen Handel.
Die Metzler Asset Management GmbH (MAM) agierte als Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG), während das Bankhaus Metzler die Verwahrstellenfunktion übernahm. Cashlink GmbH und fundsonchain GmbH wickelten die Transaktionen ab und bildeten einen regulierten One-Stop-Shop für die MAM. Für die technische Abwicklung der tokenisierten Fondsanteile sorgte fundsonchain, während Cashlink als Kryptowertpapierregisterführer fungierte. Zum Start nahm das Bankhaus Metzler die Rolle des Investors ein.
In der zweiten Phase öffneten wir dann den tokenisierten Fondsanteil für externe Investments durch Union Investment. Die Zeichnung wurde erfolgreich integriert und markierte einen Meilenstein in der Einführung von Blockchain-Lösungen im deutschen Asset- Management.
Sowohl die interne als auch die externe Umsetzung lieferten wertvolle Erkenntnisse und ermöglichten es, die aktuellen mit den neuen Prozessen zu vergleichen. Effizienzvorteile wurden identifiziert und Herausforderungen motiviert. Gleichzeitig ist es jedoch gerade bei all der Euphorie und positiven Erfahrungen wichtig, auch die Risiken zu beachten, die mit digitalen Assets einhergehen. Dazu zählen eine hohe Volatilität, regulatorische Unsicherheiten, Sicherheitsaspekte und potenzielle Liquiditätsrisiken.
Der Markt für digitale Assets ist jung und entwickelt sich schnell – abschließend lässt sich daher die langfristige Entwicklung und Stabilität dieser Anlageklasse und Umsetzungsform noch nicht beurteilen. Wir behalten die weitere Entwicklung im Blick. Mit der Emittierung des ersten deutschen Kryptofondsanteil nach KryptoFAV und eWpG haben wir den Grundstein für weitere Projekte gelegt.
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