Pictet AM: Clean Energy Chronicles – Technologie für saubere Energie und Regulierung

Chris Goodall, Ökonom und Autor des gefeierten Buchs „What we need to do now for a zero carbon future“, fasst die Entwicklungen in der Branche für saubere Energie aus seiner Sicht zusammen.

23.05.2022 | 08:11 Uhr

In dieser Ausgabe der Clean Energy Chronicles werfen wir einen Blick auf Technologien für die Kreislaufwirtschaft, CO-Abscheidung und Transporte mit Elektro-Lkw.

1. Elektro-Lkw. Zwei der weltweit führenden Logistikunternehmen haben sich verpflichtet, den Schwertransport weiter zu elektrifizieren. Maersk hat in den USA zwei Bestellungen für Lkw der Klasse 8 aufgegeben. Das Unternehmen hat 300 Fahrzeuge bei dem schwedischen Startup Einride gekauft, die 2023–25 geliefert werden sollen, und bei Volvo ca. 110 Lkw für Kurzstreckentransporte geordert, deren Auslieferung für 2023 vorgesehen ist. Maersk Nordamerika erklärte, sein langfristiges Ziel sei der Übergang zu einer voll elektrischen Lkw-Flotte. Amazon teilte mit, dass gegen Ende dieses Jahres neun Elektro-Lkw von DAF im Vereinigten Königreich im Einsatz sein werden. Die Fahrzeuge werden in den Verteildepots des Unternehmens an 360-Kilowatt-Ladestationen aufgeladen, das ist mit die schnellste Ladezeit landesweit. Amazon bekräftigte erneut, dass man bis 2030 mindestens 50% der britischen Transporte dekarbonisieren wolle. Diese und andere Bestellungen sind ein deutlicher Hinweis darauf, dass die Logistikbranche die Zukunft in reinen Batteriefahrzeugen und nicht in Brennstoffzellen-Lkw sieht.

2. Direktabscheidung aus der Luft (DAC). Für die Entwicklung der DAC-Branche steht jetzt viel mehr Geld zur Verfügung. Auch wenn das Züricher Unternehmen Climeworks in seiner bahnbrechenden Anlage auf Island (15 Mio. US-Dollar) im kalten Winter Probleme mit der Zuverlässigkeit hatte, konnte es rund 650 Mio. US-Dollar für die Investition in noch grössere Einrichtungen zur CO2-Abscheidung beschaffen. Ein Konsortium von US-Unternehmen unter der Ägide des Payment-Anbieters Stripe sagte zu, dass 925 Mio. US-Dollar für den Kauf von abgeschiedenem CO2 von DAC-Anbietern zur Verfügung stehen werden. Damit soll den Geldgebern, die in DAC-Anlagen investieren, die Gewissheit gegeben werden, dass es Kunden für das CO2 geben wird. Ebenfalls in den USA schloss das Oxy-Venture 1PointFive, das den Bau einer DAC-Anlage mit einer Kapazität von 1 Million Tonnen in den kommenden zwei Jahren plant, einen Vertrag mit dem Forstwirtschaftsunternehmen Weyerhaeuser ab, um CO2-Lagerstätten in geologischen Formationen (Poren) unter einem 12.000 Hektar grossen Wald in Louisiana zu nutzen.

3. Zirkuläre Elektronik.
Das deutsche Unternehmen Grover investierte 300 Mio. US-Dollar in den Ausbau seines Elektronik-Leasinggeschäfts und erweiterte dazu seinen Bestand. Die Kunden können mehr als 3.000 Geräte wie Kameras, Telefone und Computer gegen eine monatliche Gebühr mieten und diese nach der Mindestmietdauer jederzeit kostenlos zurückgeben. Nach der Rückgabe werden die Geräte von Grover aufgearbeitet und dann wieder vermietet. Am Ende der Lebensdauer werden die Geräte vollständig recycelt. An den weltweiten Märkten, in denen das Unternehmen tätig ist, wächst der Umsatz, begünstigt durch die angespannte wirtschaftliche Lage in vielen Ländern, so das Unternehmen. Dieses „Einhorn“ dürfte bislang das grösste Kreislaufunternehmen der Welt sein, in einem Sektor, in dem nur etwa 20% der Güter in irgendeiner Form ein zweites Leben geschenkt bekommen.

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4. Kosten der CO2-Abscheidung (CCS). Zwei grosse Ölkonzerne rechnen damit, dass der Markt für die CO2-Abscheidung bis Mitte des Jahrhunderts einen Wert von rund 4 Bio. US-Dollar erreicht. Exxon Mobil hob seine Prognose für den CCS-Markt auf 4 Bio. US-Dollar an, vor einem Jahr war es noch die Hälfte. Occidental beziffert den Wert auf 3–5 Bio. US-Dollar. Diese Schätzungen entsprechen rund 4% des derzeitigen weltweiten BIP. Würde dieses Geld ausgegeben, könnte sie weiterhin in dem Masse wie bisher fossile Brennstoffe gewinnen. Kein anderes Unternehmen und keine andere Organisation glaubt, dass dieser Weg der kostengünstigste ist, um die Welt mit Energie zu versorgen und Netto-Null zu erreichen.

5. Biokohle. Net Zero, ein französisches Startup, das Biokohle-Produktionsanlagen für tropische Länder entwickelt, gewann den mit 1 Mio. US-Dollar dotierten X Prize, ein von Elon Musk finanzierter Wettbewerb. Landwirtschaftliche Abfälle werden ohne Sauerstoff auf sehr hohe Temperaturen erhitzt, dabei entsteht nahezu reiner Kohlenstoff. Der Kohlenstoff ist im Boden über mehrere hundert Jahre stabil. Zwei weitere Biokohle-Startups gehörten ebenfalls zu den 15 Gewinnern, das eine aus Kenia, das andere aus den USA. Biokohle gilt als eine der vielversprechendsten Methoden zur dauerhaften CO2-Entfernung aus der Atmosphäre und hat den Vorteil, dass dadurch auch saure Böden verbessert und der Düngebedarf reduziert wird. Der CO2-Gehalt von Biokohle lässt sich relativ genau und einfach messen, daher eignet sie sich sehr gut für CO2-Kompensationssysteme.

Über Chris Goodall

Chris Goodall ist Consultant und Berater für Investoren und Unternehmen auf dem Gebiet der kohlenstoffarmen Energien und der Kreislaufwirtschaft. Er ist wissenschaftlicher Gutachter für die Fachzeitschrift „Biomass and Bioenergy“ und seine Artikel wurden im Guardian, The Ecologist und Abundance Generation veröffentlicht. Er ist Autor von fünf Büchern zu den Themen Energie und Umwelt, unter anderem Ten Technologies to Fix Energy and Climate, The Green Guide for Business, How to Live a Low-carbon Life und The Switch. Er veröffentlicht auch regelmässig Beiträge in seinem Blog Carbon Commentary.

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