Dass Volatilität und
Kurseinbrüche am Aktienmarkt Teil des täglichen Geschäfts an den globalen
Finanzplätzen in New York, London, Hong Kong oder Frankfurt sind, ist nicht nur
eingefleischten Börsianern längst bekannt. Für viele Anleger ist diese
Volatilität aber auch ein Grund zur Sorge und für manche sogar der
entscheidende Grund, den Märkten komplett fern zu bleiben.
Allerdings war Angst noch nie ein guter Ratgeber. Trotz der mittlerweile
optisch wieder höheren Zinsen erleiden Anleger bei den aktuellen
Inflationsdaten von zuletzt 6,1 Prozent in Deutschland noch immer Realverluste
– vom Sparen bzw. nicht anlegen ganz zu schweigen. Beispielsweise benötigt man
bei einer Anlage von 100.000 Euro eine Rendite von mehr als 6.000 Euro pro
Jahr, um allein die Inflation auszugleichen. Doch mit aktuellen Festgeld- und
Tagesgeldangeboten von verschiedenen Banken von lediglich 4,86 Prozent Zinsen
lässt sich ein Betrag von gerade einmal 4.860 Euro erzielen. Was als Zins
erstmal wieder gut aussieht, reicht in der Realität zumindest alleine nicht für
einen Inflationsausgleich. Ein Blick auf die Aktienmarktentwicklung zeigt
zumindest über große Zeiträume, dass die Börsen langfristig stets gestiegen
sind, auch wenn es kurzfristig immer wieder zu Schwankungen kam.
Historisch betrachtet hat der S&P 500 bzw. der Vorläufer-Index in den
letzten 100 Jahren etwa 6,5 Prozent im Durchschnitt pro Jahr in Kursgewinnen
erwirtschaftet. Die Inflation dagegen kam durchschnittlich auf 2,9 Prozent pro
Jahr. Und dabei ist die durchschnittliche Dividende von 2,9 Prozent pro Jahr
noch nicht berücksichtigt.
Dieser Gewinn wurde trotz zahlreicher Einbrüche wie der Weltwirtschaftskrise in
den 1930er Jahren, dem Zweiten Weltkrieg, der Energiekrise in den 1970er
Jahren, der Dotcom-Blase in den Nuller Jahren, der Insolvenz der
US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers und jüngst der Covid-19-Pandemie
erwirtschaftet. Langfristig gesehen jedoch stiegen die globale
Wirtschaftsleistung und unser Wohlstand – getrieben vom Bevölkerungswachstum,
unternehmerischen Investitionen und neuen Technologien.
Auf Unsicherheiten reagieren alle Akteure entsprechend ihrer eigenen
Erwartungen, handeln direkt oder passen Kursziele und Limits an. Oftmals
erholen sich Kapitalmärkte nach Einbrüchen aber wieder schnell. Die Geschichte
zeigt immer wieder, dass es oftmals besser ist, in schwankenden Märkten Ruhe zu
bewahren und von Panikverkäufen abzusehen. Schließlich kann man solche
Zeiträume auch nutzen, um von Erholungsphasen zu profitieren. Und nicht zuletzt
sind aktives Management, Diversifikation und Flexibilität in der
Asset-Allokation dabei der zentrale Grundstein, um Volatilität
abzufedern.
Folgende Grundsätze sollten Anleger im Umgang mit der Volatilität beachten:
- Märkte werden immer wieder schlechte Tage, Wochen,
Monate oder Jahre erleben. Die historische Entwicklung zeigt jedoch, dass
die Wahrscheinlichkeit für einen Realverlust eines gut gestreuten
Portfolios über lange Anlagehorizonte gering ist.
- Diversifikation und aktives Management können die
Volatilität stark mildern. Ein breit aufgestelltes Portfolio aus
unterschiedlichen Assetklassen wie Anleihen, Aktien und beispielsweise
Gold schwankt wesentlich weniger als ein geographisch oder auf wenige
Branchen konzentriertes Aktienportfolio.
- Gewinne und Volatilität gehen Hand in Hand: Wer höhere
Gewinne erwirtschaften will, muss oft auch eine höhere Volatilität in Kauf
nehmen.
- Je länger der Anlagehorizont ist, desto mehr Zeit steht
zur Verfügung, um kurzfristige Schwankungen auszusitzen.
- Märkte entwickeln sich zukunftsgerichtet und
orientieren sich dabei an den derzeitigen Erwartungen der Marktteilnehmer.
Deshalb setzt die Markterholung häufig früher ein als die Erholung der
Wirtschaftsaktivität. Umgekehrt erholen sich Märkte oft nach schlechten
Nachrichten wieder schnell, da die Lage nach näherer Betrachtung weniger
dramatisch erscheint und sich die Erwartung der Marktteilnehmer daran
anpasst.
Übrigens: Der Dow Jones schloss bereits am Tag nach
dem historischen Kursbeben, am 30. September 2008, mit einem Plus von 4,68
Prozent oder einem Zuwachs von 480 Punkten gegenüber dem Beginn des
Handelstages.
Von Oleg Schantorenko, CFA,
Client Portfolio Manager bei der DJE Kapital AG
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