Die Renditen an den Rentenmärkten dürften weiterhin seitwärts tendieren. Aktienmärkte bewegen sich in schwierigem Fahrwasser. Das anhaltend hohe Konsumentenvertrauen ist ein Hoffnungsschimmer für die Konjunktur in der Eurozone.
06.04.2018 | 14:29 Uhr
Rentenmärkte: Renditen dürften weiterhin seitwärts tendieren. Aktienmärkte: In schwierigem Fahrwasser
Die europäischen Rentenmärkte entwickelten sich im ersten Quartal moderat positiv. Deutsche Staatsanleihen verbuchten einen Wertzuwachs von etwa 0,2 %, während Staatsanleihen aus der gesamten Eurozone gemäß den JP-Morgan-Anleiheindizes sogar einen Ertrag von etwa 1,5 % lieferten. Staatsanleihen profitierten vom Kaufprogramm der Europäischen Zentralbank (EZB), von tendenziell sinkenden Geschäftsklimaindizes sowie den fallenden Aktienkursen.
Keine Impulse kamen hingegen von der EZB, die wahrscheinlich keinen neuen Spekulationen um den Exit aus ihrem Wertpapierkaufprogramm und um den Zeitpunkt ihrer ersten Leitzinserhöhung Vorschub leisten wollte. EZB-Präsident Draghi deutete an, dass die EZB erst im September die konkreten Schritte zur Beendigung des Wertpapierkaufprogramms beschließen wird. Bis dahin dürfte der Notenbankchef seine Zurückhaltung beibehalten. Nur ein überraschender Anstieg der Kerninflation könnte die EZB schon zu einem früheren Exit aus ihrer ultraexpansiven Geldpolitik zwingen. Derzeit signalisieren jedoch weder die Lohn- noch die Inflationsdaten erhöhte Risiken, dass sich der Inflationsanstieg in absehbarer Zeit beschleunigen wird. Darüber hinaus könnten Staatsanleihen im Falle einer Eskalation der globalen Handelskonflikte wieder für Anleger als sicherer Hafen attraktiv werden. Risiken für europäische Staatsanleihen kommen aus den USA, da dort aufgrund der hohen Haushaltsdefizite und des boomenden Arbeitsmarkts die Inflation steigen könnte – mit negativen Folgen für den US-Rentenmarkt. Insgesamt spricht das Umfeld unseres Erachtens für eine Seitwärtsbewegung der Renditen mit ausgeglichenen Chancen und Risiken.
Aktienmärkte: In schwierigem Fahrwasser
Die internationalen Aktienmärkte erlebten einen schwierigen Jahresauftakt. Der MSCI Europa verlor 4,2 % an Wert, und der MSCI Welt sank um 2,1 %; dagegen stieg der MSCI Schwellenländer sogar um etwa 0,8 % – jeweils in lokaler Währung. Die globalen Geschäftsklimaindizes hatten im Januar noch einen neuen zyklischen Höchststand erreicht, bevor sie im Februar und März merklich zurückfielen. Damit signalisierten sie eine nachlassende globale Wachstumsdynamik. Aufgrund der von den USA verhängten Strafzölle vergrößerten sich im Verlauf des Quartals die Sorgen der Anleger, dass die Handelskonflikte eskalieren würden, was sogar einen Abschwung der Weltwirtschaft verursachen könnte.
Die internationalen Aktienmärkte stehen vor einem schwierigen zweiten Quartal. Einerseits stehen in den USA im Herbst wichtige Kongresswahlen an, sodass das Risiko hoch ist, dass Donald Trump bis dahin die Handelskonflikte stufenweise steigern wird. Darüber hinaus könnte die US-Wirtschaft zunehmend überhitzen, was sich in steigenden Inflationsraten widerspiegeln würde. Andererseits stehen die Chancen gut, dass sich das Wachstum der Weltwirtschaft in den kommenden Quartalen wieder stabilisieren wird und die Unternehmensgewinne anhaltend dynamisch wachsen werden. Die Kurse an den Aktienmärkten könnten demnach seitwärts tendieren, wobei die Abwärtsrisiken jedoch die Kurschancen überwiegen dürften.
Konjunktur Eurozone: Anhaltend hohes Konsumentenvertrauen als Hoffnungsschimmer
Im ersten Quartal kühlte sich die Wachstumseuphorie in der Eurozone wieder ab. Noch im Januar hatte der Einkaufsmanagerindex für die Gesamtwirtschaft ein neues Hoch von 58,8 markiert; im März betrug der Wert dann nur noch 55,3. Als mögliche Belastungsfaktoren kommen die Aufwertung des Euro gegenüber den anderen wichtigen Leitwährungen infrage sowie die Ängste vor einem Handelskrieg. Die spannende Frage ist nunmehr, ob sich die Konjunkturdynamik in der Eurozone in den kommenden Monaten wieder stabilisieren oder ob der Abwärtstrend anhalten wird. Ein Hoffnungsschimmer ist das anhaltend hohe Konsumentenvertrauen, das seit seinem Hoch im Januar nur geringfügig gefallen ist und damit eine anhaltend hohe Kaufbereitschaft signalisiert.
Gleichfalls positive Impulse für das Wirtschaftswachstum liefern die ultralockere Geldpolitik der EZB und die moderat expansive Fiskalpolitik. Im Einklang damit stehen die Chancen gut, dass sich der Einkaufsmanagerindex für die Gesamtwirtschaft in den kommenden Monaten bei etwa 55 einpendeln wird, was einem Wirtschaftswachstum von etwa 2,5 % entsprechen würde. Risiken birgt dagegen ein weltweit eskalierender Handelskrieg. In diesem Fall müsste sich Europa entscheiden, ob es sich auf die Seite der USA oder Chinas schlägt.
Die Inflation in der Eurozone dürfte im Februar mit 1,2 % ihr Tal durchschritten haben und in den kommenden Monaten tendenziell wieder Richtung 2,0 % steigen. Die EZB verhielt sich in den vergangenen Wochen auffallend zurückhaltend. Offensichtlich sollen keine Spekulationen über einen früheren Exit der Notenbank aus ihrer ultraexpansiven Geldpolitik geweckt werden. Derzeit scheinen die Notenbanker mit den Erwartungen der Mehrheit der Finanzmarktakteure einverstanden zu sein, dass die EZB das Quantitative-Easing-Programm noch in diesem Jahr beenden und erst im Sommer 2019 den Einlagesatz wieder anheben wird. Das Risiko dieses langsamen Exit ist, dass die EZB kaum noch Möglichkeiten hat, die Wirtschaft zu stimulieren, sollte sich das Wachstum unerwartet abschwächen.
Konjunktur USA: Risiken der ausgeprägt prozyklischen Fiskal- und Handelspolitik
Der US-Kongress beschloss im ersten Quartal eine überraschend umfangreiche Steuerreform und zusätzliche Staatsausgaben. Experten schätzen, dass das Haushaltsdefizit als eine Folge dessen auf 5,2 % des Bruttoinlandsprodukts (BIPs) in diesem Jahr und auf über 6 % des BIPs im nächsten Jahr steigen könnte. Die US-Wirtschaft steht somit vor einem massiven Nachfragestimulus, obwohl die Arbeitslosenquote mit 4,1 % schon jetzt signalisiert, dass Vollbeschäftigung erreicht ist. Die US-Regierung scheint mit dieser riskanten Wirtschaftspolitik auf eine Rückkehr der Erwerbsquote von derzeit 63 % zu den alten Hochs von über 67 % zu zielen, da viele „versteckte Arbeitslose“ auf den Arbeitsmarkt zurückkehren könnten. Auch scheint sie sich einen Produktivitätsboom infolge steigender Investitionsausgaben zu erhoffen. Immerhin sind die Investitionsabsichten der Unternehmen im März auf einen zyklischen Höchststand gestiegen.
Darüber hinaus versucht die US-Regierung, mit einer Eskalation von Handelskonflikten die Nachfrage nach US-Produkten im In- und Ausland zu stärken. Sowohl die Fiskal- als auch die Handelspolitik sind somit sehr prozyklisch ausgerichtet und verstärken die Aufschwungstendenzen der US-Wirtschaft. Das Risiko dieser Politik besteht darin, dass die Konjunktur überhitzt und die Inflation merklich steigt. Die Indikatoren zur Lohn- und Inflationsentwicklung signalisieren bislang aber nur einen sehr langsamen Aufwärtstrend in den kommenden Monaten, sodass noch keine erhöhten Risiken bestehen. Basiseffekte könnten jedoch dafür sorgen, dass die Inflationsrate bis zum Sommer auf über 3,0 % steigt. Die US-Notenbank dürfte vor diesem Hintergrund an ihrer Politik der vorsichtigen Leitzinserhöhungen festhalten. Insgesamt spricht das Umfeld für drei weitere Leitzinserhöhungen und damit für einen Zinskorridor von 2,25 % bis 2,5 % bis Jahresende.
Konjunktur Asien: Japans Konjunkturmotor läuft auf vollen Touren, in China steht der Schuldenabbau im Fokus
In Japan beschleunigte sich das Wirtschaftswachstum im vierten Quartal 2017 auf 2,0 % gegenüber dem Vorjahr. Die Konsumausgaben wuchsen um 1,1 %, die Investitionsausgaben um 3,5 %, die Staatsausgaben um 0,7 % und die Exporte um 6,8 %. Der Wachstumsmotor fährt also auf allen Zylindern, sodass von einem sich selbst tragenden Aufschwung gesprochen werden kann.
Die Aussichten für die japanische Wirtschaft sind anhaltend positiv. Die Tankan-Umfrage vom 1. April zeigte eine so gute Stimmungslage bei den Großunternehmen wie zuletzt 2006 und bei den Kleinunternehmen sogar wie zuletzt 1991. Interessanterweise hat sich in diesem Zusammenhang der Tourismus für Japan zu einem wichtigen Wachstumssektor entwickelt: Von 2011 bis 2017 hat sich die Zahl der Touristen von etwa 6,2 Mio. auf 28,7 Mio. mehr als vervierfacht. Das dynamische Wirtschaftswachstum geht einher mit einem Boom am Arbeitsmarkt. Im Februar lag die Arbeitslosenquote nur nochbei 2,5 % – der niedrigste Stand seit 1993. Die schrumpfende Bevölkerung verstärkt dabei den Druck auf den Arbeitsmarkt: Allein von 2016 auf 2017 fiel die arbeitsfähige Bevölkerung zwischen 15 und 64 Jahren von 76,5 Mio. auf 76,0 Mio. Zum Hochpunkt im Jahr 1996 umfasste die arbeitsfähige Bevölkerung 86,9 Mio. Menschen. Bisher ist jedoch noch kein Lohn- oder Inflationsdruck zu erkennen. Im Januar stiegen die Löhne um etwa 0,7 %, und die meisten Experten rechnen damit, dass sich dieser Anstieg im Februar auf nur noch 0,5 % abgeschwächt hat. Die Ergebnisse einer kürzlichen Umfrage des Research Institute of Economy, Trade and Industry zeigen, dass sich aufgrund der Arbeitskräfteknappheit die Qualität vieler Dienstleistungen merklich verschlechtert hat. Es könnte sich also um eine versteckte Art der Inflation handeln. Die offizielle Inflation lag im Februar bei 1,5 % und die Kerninflation bei 0,5 %.
Das größte Risiko für die japanische Wirtschaft ist, dass Premierminister Shinzo Abe nach den Skandalen um manipulierte Statistiken, ein umstrittenes Grundstücksgeschäft und Vetternwirtschaft lange nicht mehr so fest im Sattel sitzt und sogar ein Rücktritt drohen könnte. Seine potenziellen Nachfolger sehen die ultralockere Geldpolitik der japanischen Zentralbank sehr kritisch, sodass ein Wechsel an der Spitze der Regierung auch einen Kurswechsel der japanischen Geldpolitik bedeuten könnte – was den japanischen Yen stärken und zu höheren Renditen am Rentenmarkt führen dürfte.
Chinas Regierung konnte im vergangenen Jahr die Verschuldung von Staat, Unternehmen und Konsumenten bei etwa 256 % des BIPs stabilisieren und trotzdem ein Wirtschaftswachstum von 6,9 % erreichen. Die Konjunkturdynamik im Reich der Mitte scheint somit nicht so stark von immer neuen Krediten abhängig zu sein, wie vielfach befürchtet. Vor allem die merklichen Wachstumsimpulse des wenig kreditintensiven Dienstleistungssektors könnten hierfür maßgeblich sein, während die sehr kreditintensive Schwerindustrie zunehmend an Bedeutung für Chinas Volkswirtschaft verliert. Trotzdem muss die chinesische Regierung noch große Anstrengungen unternehmen, um die Verschuldung in den kommenden Jahren wieder tendenziell abzubauen. Das ist wahrscheinlich nur mit einem etwas langsameren Wachstum von zwischen 6,0 % und 6,5 % in diesem Jahr möglich. Die Konjunkturdaten seit Jahresanfang stehen immerhin im Einklang mit diesem Szenario. Ein weiteres Risiko für die chinesische Volkswirtschaft ist eine Eskalation des Handelskonflikts mit den USA.
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