Schroders: Das Leben nach der lockeren Geldpolitik

Auf der Schroders Investmentkonferenz in Budapest diskutierte eine Gruppe von Fondsmanagern des Unternehmens über die beabsichtigten und unbeabsichtigten Folgen der quantitativen Lockerung. Geleitet wurde die Diskussion vom Chefredakteur der Zeitschrift "The Economist", Daniel Franklin.

26.10.2015 | 08:47 Uhr

Die meisten Anleger wissen heute sehr wohl, was quantitative Easing (QE) bzw. quantitative Lockerung ist. Doch vor 2007 war dieses Konzept kaum bekannt. In den USA und Großbritannien bereits passé, ist es überall sonst auf der Welt noch immer fest etabliert. Aber hat die lockere Geldpolitik geleistet, was sie leisten sollte – und wird es je wieder eine Welt ohne sie geben?

Ein sehr großes Experiment

Obwohl eine quantitative Lockerung die Konjunktur zweifellos leicht angekurbelt hat, so ist das letzte Urteil darüber noch nicht gefällt. Vor Beginn der quantitativen Lockerung in den USA prophezeiten die Kritiker, sie werde zu...

 

  • hoher Inflation,
  • einem Dollareinbruch und
  • steigenden Rohstoffkursen führen.

 

Nichts davon ist eingetreten.

Laut Gareth Isaac, leitender Fondsmanager Anleihen, habe man die Folgen einer quantitativen Lockerung im Vorfeld niemals voll erfassen können.
„Es war ein Experiment“, sagte er. „Man hat all das Geld in die Wirtschaft gepumpt, aber die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes ist nicht gestiegen. Sollte die nicht eingetretene Inflation auf die Folgen der Rezession zurückzuführen sein, so wird ein Ausstieg aus der lockeren Geldpolitik schwierig werden. Denn die Notenbanken würden eine Inflation begrüßen, um aufgekauftes Vermögen leichter abzahlen zu können. Dieser Umstand ist allerdings bisher nicht eingetreten.“

Haben wir ein Monster erschaffen?

Patrick Vogel, Leiter des Bereichs Europäische Unternehmensanleihen, ist davon überzeugt, dass die quantitative Lockerung möglicherweise auch andere unbeabsichtigte Konsequenzen hat. Vogel befürchtet, dass die riesigen Summen, die die großen Zentralbanken in die Wirtschaft gepumpt haben, die Vermögenspreise in einigen Bereichen der Finanzmärkte aufgebläht haben und dass es der Politik nicht gelungen ist, den Rettungsring der quantitativen Lockerung in reales, nachhaltiges Wachstum zu verwandeln.

„Als Manager eines Anleihenfonds muss ich mir eher die Abwärts- als die Aufwärtsbewegung anschauen“, so Vogel. „Ich habe Angst, dass wir Blasen erzeugt haben.“ Wir beobachten einen Auftrieb am Immobilienmarkt und die Aktienmärkte haben hohe Multiplikatoren erreicht. Gleichzeitig können nicht lebensfähige „Zombie“-Unternehmen trotzdem weiter bestehen.

„Wir leiten die nächsten Schritte, die strukturelle Reformen ermöglichen, nicht ein. Die quantitative Lockerung war auf die Überbrückung einer kurzzeitigen Krise ausgelegt. Aber dann hätte der Stab an die Politiker übergeben werden müssen, damit diese Strukturreformen durchführen. Denn nur, wenn es Reformen gibt, werden wir nachhaltiges Wachstum und ausgeglichene Märkte erreichen. Eine quantitative Lockerung verzerrt die Märkte und das seit mittlerweile mehr als fünf Jahren.“

Wird Volatilität zur festen Größe?

Statt einer Aufgabe der lockeren Geldpolitik haben einige Marktkommentatoren vor dem Hintergrund der nachlassenden Stabilität der Schwellenmärkte und der hohen Schwankung des Marktes tatsächlich die Meinung geäußert,es könnten weitere Käufe von Vermögenswerten erforderlich sein. Martin Skanberg, Fondsmanager Europäische Aktien, hält es für schwierig zu beurteilen, wie es mit der Lockerung weitergeht, solange es nicht mehr Klarheit in Bezug auf die weltweite wirtschaftliche Stabilität gibt.
„Alles ist miteinander verwoben. Daher ist es schwierig, leicht positive Trends zu identifizieren und eine Wertsteigerung für Portfolien zu erzielen. Es sind frustrierende Zeiten. Die Lage wird sich erst dann beruhigen, wenn wir die Folgen eines stärkeren Dollars zu spüren bekommen.“

Vogel teilte diese Ansicht. Und trotz seiner Überzeugung, dass die aktuelle Volatilität nichts mit dem Ende der quantitativen Lockerung zu tun hat, mahnte er die Anleger, sich zunächst auf eine Verschlechterung der Lage einzustellen, ehe sich die Dinge bessern.

„Wir befinden uns am Ende eines Kreditzyklus und erleben die übliche Volatilität, die damit verbunden ist“, sagte er. „Wenn Kredite aus der Wirtschaft gezogen werden, lässt die Konjunktur nach. Die Zentralbanken haben kaum noch Mittel, dies zu verhindern, denn ihr Waffenarsenal ist begrenzt. Tatsache ist, dass wir uns auf einen Abschwung einstellen müssen. Der Zyklus bewegt sich einfach weiter.“

Verbraucher sollen Wachstum ankurbeln

Anleger müssen allerdings nicht verzweifeln. Skanberg und Isaac gehen davon aus, dass die Verbraucher das Wachstum mittelfristig weiter stützen werden. Auch dann, wenn Kredite nicht mehr so einfach zu haben sind.

„Die Gewinnmargen haben in den USA ein Allzeithoch erreicht. Selbst wenn diese Margen unter Druck geraten, werden die Konsumausgaben steigen“, so Skanberg. „In Europa hatten wir bisher keine Gewinnprobleme und auch der niedrige Ölpreis ist ein Segen.“

Isaac pflichtete bei, dass das Abkühlen der Kreditmärkte negative Folgen haben wird. Er geht aber davon aus, dass der Abschwung durch steigende Haushaltseinkommen ausgeglichen werden könnte.

„Die Löhne fangen an zu steigen, während die Inflation sehr niedrig ist. Das wird den Konsum in Zukunft beflügeln“, sagte er.

Wie wird es also weitergehen?

Die Verbraucher waren zunächst heftig von der Krise betroffen. Doch das ändert sich jetzt langsam. Die Abwesenheit einer größeren Inflation – ursprünglich eine Sorge – macht sich nun endlich auch im Lohnwachstum bemerkbar. Auch die billige Energie trägt dazu bei, den Konsum anzukurbeln. Wie nachhaltig das sein wird, ist abhängig von den politischen Reformen.

Tatsächlich sieht es so aus, als ob wir von einer Welt ohne quantitative Lockerungen noch weit entfernt sind. Auch wenn die Käufe von Vermögenswerten in den USA und Großbritannien gestoppt wurden, so laufen sie doch in Japan und Europa weiter. Und es ist unwahrscheinlich, dass sich hier in nächster Zeit etwas ändert. Aktuell wird das Wachstum durch hohen Konsum gestützt. Doch soll die lockere Geldpolitik irgendwann vollständig eingestellt werden, brauchen wir zuerst eine dauerhafte strukturelle Veränderung.
 
Die hierin geäußerten Ansichten und Meinungen stammen von Gareth Isaac, Martin Skanberg und Patrick Vogel und stellen nicht notwendigerweise die in anderen Mitteilungen, Strategien oder Fonds von Schroders ausgedrückten oder aufgeführten Ansichten dar.

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