Trotz der engen Marktkonzentration sehen wir Chancen in qualitativ hochwertigen Aktien, die noch nicht belohnt wurden.
15.07.2024 | 07:53 Uhr
Der MSCI ACWI legte im ersten Halbjahr auf US-Dollarbasis um 11,3 % zu, wobei der größte Anstieg im ersten Quartal erzielt wurde (Abbildung). Japanische Aktien verzeichneten zwar weiterhin eine starke Wertentwicklung in lokaler Währung, fielen aber im zweiten Quartal in US-Dollar auf den Boden der Tatsachen zurück, da der Yen weiter schwächelte. Schwellenländeraktien stiegen in der ersten Jahreshälfte um 7,5 %, blieben aber weiterhin hinter den Industrieländern zurück. US-Standardwerte führten in der ersten Jahreshälfte die weltweiten Gewinne an, auch wenn sie im zweiten Quartal an Schwung verloren.
Für die Anleger könnte es an der Zeit sein, ihren Horizont zu erweitern.
Die Marktbreite bei den Standardwerten war erneut stark konzentriert, weil ein großer Teil der Gewinne des S&P 500 auf eine unverhältnismäßig kleine Zahl großer Technologieunternehmen entfiel. Technologie- und Kommunikationsdienstleistungen gaben das Tempo vor, während Aktien aus dem Gesundheitssektor durch die Zunahme von GLP-1-Medikamenten zur Gewichtsreduktion unterstützt wurden. Die schwächste Wertentwicklung wiesen der Immobilien- und der Rohstoffsektor auf (Abbildung). Weltweit übertrafen die Wachstumswerte die Value-Titel, die im zweiten Quartal stotterten.
Angesichts der zunehmenden Marktbreite sehen wir Chancen bei den
sogenannten „Glorreichen Anderen“. Dabei handelt es sich um Unternehmen
mit soliden Bilanzen, beständigen Gewinnen und erheblichem
Wachstumspotenzial, die von den Anlegern noch nicht honoriert wurden.
Solche Unternehmen finden sich in allen Sektoren und Branchen,
einschließlich Value-Segmenten und Schwellenländern, wo viele
Unternehmen nicht an lokale Konjunkturtrends gebunden sind.
In Europa beispielsweise machen Industrieunternehmen fast ein Viertel
des MSCI Europe Growth Index aus – viermal so viel wie im vergleichbaren
Russell 1000 Growth Index. Es wird erwartet, dass die Gewinnschätzungen
für Industrieunternehmen im MSCI Europe Growth Index bis 2025 auf 15,9 %
ansteigen werden – im Einklang mit den Schätzungen für den
US-amerikanischen Technologiesektor. Viele Geschäftsmodelle im europäischen Industriesektor bieten überraschende Quellen für beständiges Wachstum, darunter Unternehmen, die Künstliche Intelligenz (KI) ermöglichen.
Auch der Gesundheitssektor entdeckt, wie man Künstliche Intelligenz zur Erschließung von Effizienzpotenzialen und zur Nutzung von KI-Algorithmen zur Entwicklung wirksamerer Arzneimittelkandidaten einsetzen kann. Das Gesundheitswesen macht 10 % des globalen Bruttoinlandsprodukts aus – ein struktureller Rückenwind, der mit der Alterung der Bevölkerung in den Industrieländern an Dynamik gewinnen dürfte.
Es ist jedoch klar, dass einige hochwertige Unternehmen nicht die Aufmerksamkeit erhalten, die sie verdienen. In den letzten zehn Jahren neigten die Anleger dazu, entgangene Gewinne abzustrafen, während sie Unternehmen, die ihre Gewinnprognosen übertrafen, ignorierten (Abbildung).
Diese asymmetrischen Reaktionen könnten ein Zeichen für einen teuren Markt mit wenig Spielraum für Fehler sein. Unserer Meinung nach unterstreichen sie aber auch die Notwendigkeit eines aktiven Managements. Angesichts der hohen Risiken, die mit einem enttäuschenden Gewinnwachstum – oder in einigen Fällen mit einer Korrektur der Gewinnprognosen nach unten – verbunden sind, kann die Fundamentalanalyse dazu beitragen, erfolgreiche Unternehmen von solchen zu unterscheiden, bei denen ein höheres Risiko besteht, dass die Gewinnziele verfehlt werden. Gleichzeitig glauben wir, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis Unternehmen mit robusten Geschäftsmodellen und beständigem Gewinnwachstum belohnt werden.
Im dritten Quartal sind die Bedingungen für Aktien unserer Meinung
nach günstig, aber die Anleger sehen sich mit Unsicherheiten
konfrontiert, die über die Inflation und die enge Marktkonzentration
hinausgehen – einschließlich der sich verändernden politischen
Landschaft.
Die Kriege im Nahen Osten und in der Ukraine werfen weiterhin einen
Schatten auf die Welt, während die Handelsspannungen zwischen den USA
und China schwelen. Nach dem starken Rechtsruck bei den europäischen
Parlamentswahlen im Juni brachte das Ergebnis der Parlamentswahl in
Frankreich eine gewisse Erleichterung, aber auch bleibende Unsicherheit.
In den Schwellenländern könnten die jüngsten Wahlen in Indien,
Südafrika, Mexiko und Argentinien zu politischen Veränderungen führen.
Und natürlich wartet die Welt mit Spannung auf die US-Wahlen im
November.
Doch binäre Anlageentscheidungen auf der Grundlage politischer
Ergebnisse zu treffen, halten wir für Aktienanleger nicht für eine kluge
Strategie. Die Geschichte hat gezeigt, dass es notorisch schwierig ist,
politische Ergebnisse vorherzusagen – oft sind die endgültigen
Auswirkungen auf Volkswirtschaften, Märkte und Unternehmen ganz anders
als erwartet.
Wir sind der Meinung, dass das erhöhte politische und geldpolitische Risiko die Bedeutung aktiver Aktien noch verstärkt. Anleger sollten versuchen, ausgewählte Unternehmen zu identifizieren, die beständig Gewinne über ihren Kapitalkosten erwirtschaften, was wir als ein starkes fundamentales Rezept zur Erzielung langfristiger Erträge ansehen. Wenn den Anlegern das gelingt, sind sie besser in der Lage, überzeugende Portfolios zusammenzustellen, die einer Reihe von exogenen Herausforderungen standhalten können.
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