Die Marktbedingungen verändern sich schnell. Spontane Umstellungen von Aktienportfolios und Allokationen können jedoch kontraproduktiv sein.
14.10.2024 | 07:47 Uhr
Globale Aktien legten im dritten Quartal trotz der erheblichen Volatilität in Verbindung mit dem unsicheren US-Konjunkturausblick und der Neubewertung der Technologieriesen zu. Angesichts der sich ändernden Marktbedingungen – und kurz vor den schicksalhaften US-Wahlen – sind wir der Meinung, dass Anleger einen strategischen Schwerpunkt auf die Suche nach Quellen für solides Gewinnwachstum legen sollten, die für langfristige Erträge sorgen.
Nach relativ beständigen Marktgewinnen in der ersten Jahreshälfte erlebten die Anleger ein unruhiges drittes Quartal. Ein Großteil der Instabilität war auf immer deutlichere Anzeichen für eine Konjunkturschwäche in den USA zurückzuführen. Als die US-Notenbank (Fed) am 18. September eine aggressive Zinssenkung um 0,5% ankündigte, versicherte sie den Anlegern gleichzeitig, dass die Inflation im Zaum gehalten werden könne, ohne dass die US-Wirtschaft in eine Rezession abgleitet. Daraufhin begannen sich die Aktienmärkte zu erholen.
Anfang August, vor dem Zinsschritt der Fed, erreichte die Volatilität ihren höchsten Stand seit 2022, um sich anschließend oberhalb der im letzten Jahr verzeichneten Niveaus einzupendeln (Abbildung). Nachdem sich jedoch die Aufregung gelegt hatte, legte der MSCI ACWI Index, der globale Industrie- und Schwellenländeraktien umfasst, im Quartalsverlauf um 6,6% in US-Dollar zu und verbesserte so seinen Anstieg seit Jahresanfang auf 18,7%.
Die Wertentwicklung auf sektorieller Ebene hat sich deutlich verlagert. Technologieaktien, die die Märkte in der ersten Jahreshälfte anführten, gehörten zu den Performance-Schlusslichtern (Abbildung oben), da die Erträge der Mega-Cap-Aktien aus der Gruppe der sogenannten „Glorreichen Sieben“ (oder „Magnificient Seven“) zurückgingen. Die besten Performances lieferten der Immobilien- und der Versorgersektor, die beide defensiv und für ihre Zinssensitivität bekannt sind. Wachstumstitel blieben sowohl hinter Substanzwerten als auch hinter Aktien mit minimaler Volatilität zurück, da sich die Trends vom Jahresbeginn umkehrten (Abbildung).
Die Schwäche der Technologie- und Wachstumstitel ergab sich aus einer Neubewertung der US-Mega-Caps, die zwei Jahre lang dominiert hatten. Während ihre Gewinne im zweiten Quartal allgemein die Erwartungen erfüllten, liefen die Erträge auseinander. Vier Titel der Glorreichen Sieben gaben im Quartal nach und blieben hinter dem breiteren Markt zurück (Abbildung oben).
Als die Bewertungen der Aktien dieser Branchenriesen in die Höhe schossen, hatten wir Anleger oftmals zur Vorsicht in Bezug auf diese Gruppe ermahnt. Zu den Glorreichen Sieben gehören zwar Unternehmen mit hervorragenden Geschäftsaktivitäten und hohem Wachstumspotenzial. Aber angesichts ihrer gewaltigen Marktgewichtungen – von zusammen ungefähr 30% des S&P 500 – halten wir es für sehr gefährlich, in der gesamten Gruppe angelegt zu sein. Vielmehr sollte jede Aktie entsprechend der Philosophie des betreffenden Portfolios gewichtet werden.
Was löste das Umdenken aus? Nach unserem Empfinden gehen Anleger mittlerweile kritischer an die Frage heran, ob massive Investitionen in künstliche Intelligenz (KI) auf Dauer ausreichende Erträge generieren. Dies führte ab Mitte Juli zu einer unterdurchschnittlichen Wertentwicklung der Mega-Caps gegenüber dem S&P 500 (Abbildung). Der S&P 500 Equal Weight Index, der den breiteren Markt widerspiegelt, übertraf unterdessen die nach Marktkapitalisierung gewichtete Benchmark. Aus unserer Sicht deutet die Marktreaktion darauf hin, dass die Erwartungen an die Glorreichen Sieben übertrieben waren.
Die Zusammensetzung der Regierung sowie die Frage, ob der neue Präsident vom Kongress unterstützt wird oder nicht, werden mit Sicherheit Einfluss auf die Politik und die Schwerpunktsetzung für den Haushalt haben. Angesichts der erheblichen Unterschiede zwischen den Positionen der Kandidaten bei der Wahl 2024 könnte ein deutlicherer Politikwechsel anstehen als üblich.
Wir halten es jedoch für unwahrscheinlich, dass das Wahlergebnis wesentlichen Einfluss auf das langfristige Wachstum der Unternehmensgewinne insgesamt haben wird. Allerdings spielt es eine Rolle für das Risikomanagement. Aktive Aktienanleger müssen bewerten, inwieweit die Unternehmen ihres Anlageuniversums langfristig von politischen Veränderungen wie beispielsweise Steuersenkungen bzw. -erhöhungen oder Ausgabenschwerpunkten betroffen sein werden.
Natürlich hat die US-Politik weltweit erhebliche Auswirkungen, die Anleger in ihren Analysen berücksichtigen müssen, etwa wenn man die Folgen möglicher neuer Zölle betrachtet oder bei der Frage, inwieweit große geopolitische Veränderungen die Geschäftstätigkeit oder die Verteidigungsausgaben in Europa beeinflussen können.
Wie auch immer die nächste US-Regierung sich zusammensetzt: Wir gehen davon aus, dass die Haushaltsausgaben steigen. Dies stützt auch unsere Prognose, wonach die Inflation, auch wenn sie sich gegenüber ihren Höchstständen nach der Pandemie abgeschwächt hat, sich wahrscheinlich auf höheren Ständen einpendeln wird als in den letzten zehn Jahren.
Wie sollten Anleger sich jetzt, zu Beginn einer entscheidenden Phase auf der politischen Bühne und nach einem volatilen Quartal, verhalten? Erstens: Legen Sie Ihre langfristigen Ziele klar fest und prüfen Sie, ob Ihre Allokation so positioniert ist, dass unterschiedliche Ertragsquellen in unterschiedlichen Marktsegmenten genutzt werden. Zweitens: Richten Sie sich langfristig aus – auf einen Zeitraum von mindestens drei Jahren im Voraus – und investieren Sie in Portfolios mit stimmigen Plänen für die Bewältigung von kurzfristiger Volatilität. Drittens sollten Sie der Versuchung widerstehen, Ihre Strategie zu ändern. Dieses Quartal hat uns wieder vor Augen geführt, dass Volatilität zum Anlegen dazugehört und dass ein gut diversifizierter und auf fundierten Investmentanalysen beruhender Anlageplan entscheidend ist, wenn man hinsichtlich der Allokation auch in wechselhaften Marktbedingungen zuversichtlich bleiben will.
In diesem Dokument zum Ausdruck gebrachte Meinungen stellen keine Analysen, Anlageberatungen oder Handelsempfehlungen dar, spiegeln nicht unbedingt die Ansichten aller Portfoliomanagementteams bei AB wider und können von Zeit zu Zeit überarbeitet werden.
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