Von strikten COVID-Lockdowns bis hin zu einer ausgewachsenen Immobilienkrise hat Chinas Wirtschaft im Jahr 2022 schwere Schocks erlitten. Aber angesichts der Tatsache, dass die bevölkerungsreichste Nation der Welt ihre Wirtschaft rasch wieder in Gang bringt, glauben wir, dass China attraktive Chancen bieten wird.
20.01.2023 | 08:13 Uhr
Die jüngste beschleunigte Wiederöffnung nach den COVID-Lockdowns könnte unserer Ansicht nach der chinesischen Wirtschaft und Risikopapieren in diesem Jahr einen kräftigen Schub geben. Die Aktien haben sich in letzter Zeit wieder erholt, haben aber nur einen kleinen Teil der Verluste des letzten Jahres wieder wettgemacht (Abbildung). Und den Konsensprognosen zufolge dürften die Gewinne chinesischer Unternehmen im Jahr 2023 sowohl die der Industrieländer als auch die der Schwellenländer übertreffen.
Investitionen in China erfordern auch eine strategische Einschätzung der
kurz-, mittel- und langfristigen Wirtschaftsaussichten. So können wir
besser verstehen, wie sich der politische Rahmen auf die Investitionen
auswirkt.
Sie kann auch helfen, Trends zu erkennen. Bei Aktien sehen wir zum
Beispiel ein ausgewogeneres Spektrum an Chancen, das nicht nur den
bisher dominierenden Wachstumsstil umfasst, sondern auch einen
Substanzansatz, der sich auf hochwertige Unternehmen mit attraktiven
Bewertungen konzentriert.
Unserer Ansicht nach wird dieser Trend wahrscheinlich von langer Dauer
sein, aber die Anleger können ihn bereits jetzt nutzen. Unserer Meinung
nach ist der beste Platz dafür der inländische Markt für A-Aktien.
Substanzwerte auf dem Markt für A-Aktien haben sich in letzter Zeit
besser entwickelt als Wachstumswerte, nachdem sie mehrere Jahre
unterdurchschnittlich abgeschnitten hatten (Abbildung).
Um das einzuordnen, lassen Sie uns zunächst die wirtschaftlichen Aussichten Chinas betrachten.
Die Herausforderungen im Zusammenhang mit COVID und dem
Wohnungssektor könnten auch 2023 anhalten. So belastet beispielsweise
der anhaltende Anstieg der COVID-Fälle die kurzfristige wirtschaftliche
Erholung. Mit Blick auf die Zukunft glauben wir jedoch, dass ein rascher
Höhepunkt der Infektionen einen starken Aufschwung des privaten
Verbrauchs unterstützen wird, der zu einer Haupttriebkraft der
Wachstumsbelebung werden könnte.
Außerdem sind wir der Meinung, dass die Förderung des Wachstums nach wie
vor die oberste Priorität der Regierung ist. Das wurde auf der jüngsten
Zentralen Wirtschaftskonferenz bestätigt und durch die schneller als
erwartete Umstellung auf ein Wiedereröffnungsregime und weitere
Anstrengungen zur Stabilisierung des Immobiliensektors unterstrichen.
Unsere Basisprognose für das BIP-Wachstum im Jahr 2023 liegt bei 5,1 %,
unterstützt durch einen günstigen Basiseffekt und eine Verschiebung des
Wachstumsmusters. Mit der beschleunigten Wiederbelebung der Wirtschaft
erwarten wir eine sequenzielle Verbesserung der privaten Nachfrage.
Während sich das staatlich getriebene Investitionswachstum von den hohen
Werten von 2022 aus normalisieren sollte, erwarten wir, dass es
unterstützend bleibt. Im Gegensatz dazu haben die Exportdividenden, die
das chinesische Wirtschaftswachstum in den letzten drei Jahren gestützt
haben, nachgelassen. Angesichts dieses Bildes dürfte die
Verbraucherinflation in China moderat bleiben. Der
Kern-Verbraucherpreisindex könnte aufgrund der schnelleren
Wiedereröffnung Chinas tendenziell steigen, aber wir halten es für
unwahrscheinlich, dass er das Niveau der entwickelten Märkte erreicht.
Langfristig ist natürlich die Ideologie von Präsident Xi – bekannt
als Xi-Denken – die wichtigste Triebfeder für Chinas Strukturpolitik und
Ausblick. Xis sichere Position nach dem Parteitag wird unserer Ansicht
nach dazu beitragen, die Art von Wachstum zu fördern, die er anstrebt.
Das bedeutet, dass die Innovation vorangetrieben, das verarbeitende
Gewerbe unterstützt, das Pro-Kopf-Einkommen erhöht, die
Vermögensungleichheit verringert und weitere Marktreformen durchgeführt
werden.
Chinas Entwicklung ist kein Einzelfall: Andere asiatische Länder wie
Südkorea und Taiwan haben in den letzten zwei Jahrzehnten einen
ähnlichen Weg eingeschlagen. Das Wachstum verlangsamte sich und ihre
Regierungen wurden im Interesse der sozialen Gerechtigkeit
interventionistischer (wenn auch weniger stark als die chinesische). Der
Schlüssel für Investitionen in Chinas reifende Wirtschaft liegt unserer
Ansicht nach darin, die Politik richtig zu lesen und nach
unternehmensspezifischen Chancen zu suchen, die mit der politischen
Richtung übereinstimmen.
Für Anleger sind vor allem mittel- und langfristig ausgerichtete
Maßnahmen interessant. Auf dem Nationalen Volkskongress bekräftigte die
Regierung weitere Beschränkungen für Immobilienspekulationen, das
Streben nach allgemeinem Wohlstand und Sicherheit.
Sicherheit hat im chinesischen Kontext eine externe und eine interne
Dimension. Sie bezieht sich sowohl auf geopolitische Risiken (wie die
Beziehungen zu den USA und ihren Verbündeten sowie zu Taiwan) als auch
auf die interne strategische Sicherheit durch Unabhängigkeit in den
Bereichen Energie und Technologie.
Erhöhte geopolitische Risiken stellen für Anleger eine große Sorge dar.
Einige externe geopolitische Risiken haben jedoch nachgelassen, so zum
Beispiel die Besorgnis über die Aufhebung der Börsennotierung von
„American Depositary Receipts“ (ADRs), während einige interne
strategische Fragen unserer Ansicht nach positive Auswirkungen haben
können. Wir gehen davon aus, dass sie sich in verstärkten Investitionen
in die Solar- und Windenergieerzeugung und in einer anhaltenden
Konzentration auf die inländische Halbleiterproduktion niederschlagen
werden.
Chinas Ziel der CO2-Neutralität bis 2060 ist eine wichtige langfristige
politische Ausrichtung. Unternehmen aus dem Bereich der alternativen
Energien und der Lieferkette für Elektrofahrzeuge sollten auf dem Radar
der Anleger stehen, ebenso wie Unternehmen, die auf andere
Politikbereiche ausgerichtet sind.
Wie können Anleger diese politisch motivierten Chancen in Investitionen umsetzen?
Für Anleger, die in Aktien investieren möchten, ist unserer Meinung
nach der inländisch ausgerichtete Markt für A-Aktien der beste Ort. Im
Vergleich zum international bevorzugten Markt für H-Aktien ist er größer
(mit mehr als 4.600 Titeln im Vergleich zu weniger als 300) und weniger
anfällig für geopolitische Risiken.
Bedenken Sie, dass der Schwerpunkt auf nachhaltigem Wachstum liegt, was
eine regulatorische Unterstützung für Staatsunternehmen (State Owned
Enterprises, SOE) und eine Umverteilung der Gewinne an die Verbraucher
beinhaltet. Dadurch wird es schwieriger, wachstumsstarke Chancen zu
finden, etwa bei Internet- und Biotechnologieaktien. Von
Staatsunternehmen dominierte Sektoren wie Finanzwerte, Grundstoffe oder
der traditionelle Einzelhandel werden jedoch attraktiver.
Die Anleger müssen auch die Auswirkungen des geringeren langfristigen
Wirtschaftswachstums auf die Profitabilität chinesischer Unternehmen
berücksichtigen. Durch eine wertorientierte Sichtweise können Anleger
Unternehmen mit einem stabileren Profitabilitätspotenzial
identifizieren, die zu attraktiven Bewertungen gehandelt werden.
So führte beispielsweise die Verschärfung der Vorschriften für das
private Bildungswesen in China im Jahr 2021 zu einem weitverbreiteten
Rückgang in diesem Sektor. Ein Staatsunternehmen, das ein Monopol auf
Schulbücher hatte, stemmte sich jedoch gegen diesen Trend. Sein Umsatz
mit Materialien zur Prüfungsvorbereitung stieg sprunghaft an, da die
Schüler weiterhin Prüfungen ablegen mussten.
China hat sich zu einer langsamer wachsenden und stärker von der
Politik gesteuerten Wirtschaft entwickelt. Anleger, die sich nach den
alten, wachstumsstarken Zeiten sehnen, könnten enttäuscht sein, aber
eine solche „Glas-halb-leer“-Haltung könnte unserer Meinung nach
bedeuten, dass sie verpassen, was China zu bieten hat.
Um die Chancen zu nutzen, bedarf es einer Anlagestrategie, die auf die
durch politische Richtlinien geschaffenen Möglichkeiten achtet und diese
durch rigoroses Fundamentalresearch und eine sorgfältige Aktienauswahl
aufspürt. China bleibt einzigartig. Als ein Land und Anlagenmarkt, der
weitgehend nach seiner eigenen Pfeife tanzt, ist es weiterhin eine
wertvolle Diversifikationsquelle für globale Aktienallokationen.
In diesem Dokument zum Ausdruck gebrachte Meinungen stellen keine Analysen, Anlageberatungen oder Handelsempfehlungen dar, spiegeln nicht unbedingt die Ansichten aller Portfoliomanagementteams bei AB wider und können von Zeit zu Zeit überarbeitet werden.
MSCI übernimmt keine ausdrückliche oder stillschweigende Gewährleistung oder Verantwortung und kann für die hierin enthaltenen MSCI-Daten nicht haftbar gemacht werden.
Diese Informationen werden von AllianceBernstein (Luxemburg) S.à.r.l. gegeben, einer im Luxemburger Handels- und Unternehmensregister (R.C.S.) eingetragenen Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Luxemburg B 34 305, 2-4, rue Eugène Ruppert, L-2453 Luxemburg. AllianceBernstein S.à.r.l. unterliegt der Aufsicht durch die Aufsichtskommission des Finanzsektors (CSSF). Dies wird nur zu Informationszwecken angegeben und ist nicht als Anlageberatung oder Aufforderung zum Kauf eines Wertpapiers oder einer sonstigen Anlage zu verstehen. Die hier geäußerten Ansichten und Meinungen basieren auf unseren internen Prognosen und geben keine zuverlässigen Hinweise auf die zukünftige Marktperformance. Die Fondsanlagen können an Wert gewinnen und verlieren, und es kann vorkommen, dass die Anleger nicht den vollen angelegten Betrag zurückerhalten. Die Performances der Vergangenheit bieten keine Gewähr für zukünftige Ergebnisse.
Diese Informationen richten sich lediglich an Privatpersonen und sind nicht für die Öffentlichkeit bestimmt.
© 2023 AllianceBernstein L.P
Diesen Beitrag teilen: