Es gibt gute Gründe für die Aufnahme chinesischer Anlagen in ein globales Anlageportfolio - ihre Unterrepräsentation im Vergleich zur Wirtschaftskraft Chinas, ihr Potenzial für attraktive Renditen und ihre einzigartigen Diversifizierungsvorteile.
11.08.2022 | 07:07 Uhr
Louis Luo, Investment Director, Multi-Asset Investment Solutions and David Zhou, Investment Manager, Multi-Asset Investment Solutions
Für eine Aufnahme chinesischer Vermögenswerte in ein globales Anlageportfolio sprechen gute Argumente: ihre unzureichende Berücksichtigung angesichts der chinesischen Wirtschaftskraft, ihr attraktives Ertragspotenzial und ihre einzigartigen Diversifizierungsvorteile.
Das sich wandelnde regulatorische und geopolitische Umfeld hat nicht nur eine kurzfristige Kursvolatilität zur Folge, sondern auch längerfristige Auswirkungen auf die Risikoprämie, d. h. den zusätzlichen Ertrag für das höhere Risiko, die sorgfältig abgewogen werden müssen.
Im jüngsten Beitrag einer Reihe von Research Papers, die sich mit den
Anlageimplikationen der Veränderungen befassen, denen sich China
gegenübersieht, betrachten wir die Rolle Chinas in der Weltwirtschaft und internationalen Anlageportfolios.
Den vollständigen Bericht finden Sie hier
In diesem Beitrag beleuchten wir die Frage, ob die chinesischen Asset-Preise das Risiko angemessen widerspiegeln und die erwarteten Erträge langfristig günstig bleiben.
Wir haben den historischen Ertrag eines chinesischen Multi-Asset-Portfolios simuliert, das zu 50% aus Aktien und zu 50% aus Anleihen besteht, wobei sich die beiden Portfoliokomponenten jeweils zu 25% aus Onshore- und zu 25% aus Offshore-Papieren zusammensetzen.
In dem von uns zugrunde gelegten 15-Jahres-Zeitraum (Juni 2006 bis November 2021) hätte sich dieses Portfolio sowohl auf absoluter als auch auf risikobereinigter Basis deutlich besser entwickelt als ein globales 50/50 Multi-Asset-Portfolio.
Außerdem hätte sich das Risiko-Ertrags-Profil des globalen Multi-Asset-Portfolios verbessert, wenn es mit dem chinesischen Multi-Asset-Portfolio kombiniert worden wäre.
In den letzten drei Jahren erzielte das chinesische Multi-Asset-Portfolio einen etwa gleich hohen risikobereinigten Ertrag wie das globale Multi-Asset-Portfolio, obwohl sich der chinesische Wachstumstrend verlangsamt hatte.
Die chinesischen Entscheidungsträger überraschten die Anleger im letzten Jahr mit einer Reihe unerwarteter regulatorischer Eingriffe, die den Immobilien-, den Technologie- und den Sektor der privaten Bildung erschütterten.
Zu diesem Schock kamen andere Sorgen hinzu, so etwa fragwürdige Praktiken bei der Marktordnungspolitik und Corporate Governance, Bedenken hinsichtlich der Rechtsstaatlichkeit, geopolitische Spannungen mit den USA und die Invasion Russlands in der Ukraine, was Marktturbulenzen zur Folge hatte.
Anleger müssen also am chinesischen Markt zweifellos mit Risiken rechnen – doch das gilt für jeden anderen Markt auch. Daher bedarf es einer Risikobewertung, um einschätzen zu können, ob eine Anlage weiterhin das Risiko wert ist.
Maßnahmen, die eine Entschuldung des Immobiliensektors vorantreiben und Fintech-Unternehmen daran hindern, die für Finanzinstitute geltenden strengeren Vorschriften zu umgehen (Regulierungsarbitrage), dürften die Risiken auf mittlere bis längere Sicht mindern.
Diese Schritte führen uns aber auch vor Augen, dass mit plötzlichen Änderungen der regulatorischen Grenzen auch höhere Risikoprämien, größere Einstiegshürden für die Investitionstätigkeit der Unternehmen und ganz allgemein eine erhöhte Marktsensitivität bezüglich der wahrgenommenen Ziele der Behörden einhergehen können.
Nach unserer Analyse der Daten kommen wir zu folgender Einschätzung für Aktien, Staats- und Unternehmensanleihen:
Offshore-Aktien. Die niedrigeren Kurse spiegeln die regulatorische Unsicherheit in angemessenem Maße wider, wenn man bedenkt, dass 40-50% des MSCI China Index (z. B. Internet-, Bildungs- und Immobilienunternehmen) unmittelbar von regulatorischen Maßnahmen betroffen sind. Ein zusätzlicher Abschlag dürfte infolge der neuen Belastungsfaktoren, darunter mögliche Abstrahleffekte der Sanktionen gegen Russland und die Störungen aufgrund der Null-Covid-Politik Chinas, hinzukommen.
Sollte dieser Gegenwind nachlassen, würde sich das Aufwärtspotenzial für eine Neubewertung auf mindestens 25% belaufen. Sobald eine Stabilisierung der Gewinnerwartungen eintritt und sich die Auswirkungen der Regulierung durch eine Bottom-up-Analyse quantifizieren lassen, könnten die aktuellen Bewertungen den Anlegern attraktiv erscheinen.
Onshore-Aktien. Die Bewertungen waren weniger
stark betroffen, da die Sektoren Internet, Bildung und Immobilien
lediglich 3% des CSI 300 Index ausmachen. Wichtiger ist, dass
inländische Anleger nicht der Auffassung sind, dass die aktuellen
regulatorischen Änderungen die Kurse langfristig belasten werden.
Dies ist nach wie vor unsere bevorzugte Anlageklasse, um am
langfristigen Wachstum Chinas zu partizipieren. Die Anleger müssen
jedoch die Auswirkungen der regulatorischen Änderungen auf die
Rentabilität der Unternehmen genau im Auge behalten.
Unternehmensanleihen. Unternehmensanleihen wurden von den regulatorischen Änderungen stark in Mitleidenschaft gezogen, denn Immobilienentwickler sind große Emittenten und die schlechte Stimmung in Bezug auf den Sektor hat sich auf andere Emittenten übertragen, wobei ihrer Bonität keine Beachtung geschenkt wurde. Angesichts unserer Einschätzung, dass der in Not geratene Entwickler China Evergrande nicht als „Lehman-Moment“ zu werten ist, sind wir nicht der Meinung, dass die aktuellen Renditespreads die „neue Normalität“ darstellen.
Unternehmensanleihen bieten unseres Erachtens eine Chance für aktive Anleger, die eine sorgfältige Selektion vornehmen und durch die Wahl günstiger Einstiegs- und Ausstiegspunkte von diesen Verwerfungen profitieren können.
Investitionen beinhalten Risiken. Der Wert von Anlagen und die daraus entstehenden Erträge können sowohl fallen als auch steigen, und es ist möglich, dass ein Investor weniger als den investierten Betrag zurückerhält. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit lässt keine Rückschlüsse auf zukünftige Ergebnisse zu.
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