Chinesische Unternehmen werden von Anlegern, die einen Schwerpunkt auf Klimaschutz legen, häufig übersehen. Wir halten das für einen Fehler.
31.03.2023 | 08:37 Uhr
Denn chinesische Unternehmen spielen nicht nur eine Schlüsselrolle
für den globalen Wandel hin zu einer nachhaltigeren Zukunft, sondern
bieten bei einer sorgfältigen Titelauswahl auch ein attraktives
Ertragspotenzial.
Die meisten Umweltfonds halten wenige oder gar keine Positionen in
China. Fünf der nach dem verwalteten Vermögen zehn größten globalen
Umwelt-Aktienfonds hatten gemäß unserem auf Morningstar-Daten beruhenden
Research Ende 2022 kein Engagement in China. Vier der fünf
verbleibenden Fonds hatten weniger als 5% ihres Vermögens in China
investiert.
Uns erscheint dies als verpasste Gelegenheit. Denn die weltweit immer
ambitionierteren Dekarbonisierungsziele sind ohne chinesische Produkte
nicht erreichbar. Die Nachfrage nach Solarenergie, Windkraft und
Elektrofahrzeugen stützt sich auf globale Lieferketten, und chinesische
Unternehmen dominieren einige der weltweiten Märkte für Rohstoffe,
Produkte und Komponenten, die den Wandel hin zu einer grünen Zukunft
ermöglichen.
So sind beispielsweise Kupfer und Nickel aus China wichtige Bestandteile
von Windturbinen, Solarzellen und Elektrofahrzeugen. Darüber hinaus
werden in China 58 % des weltweiten Lithiums und 87 % der seltenen Erden
verarbeitet, die für die Herstellung von Windkraftanlagen und
Elektroautos benötigt werden (Abbildung).
Photovoltaikanlagen schießen derzeit wie Pilze aus dem Boden. 37 %
der weltweiten Nachfrage nach Sonnenenergie entfallen auf China, und das
Land ist ebenfalls der größte Abnehmer von Solaranlagen. Laut Daten von
BloombergNEF befindet sich die globale Photovoltaik-Lieferkette zu rund
drei Vierteln in China.
Unternehmen und Hauseigentümer auf der ganzen Welt möchten Solaranlagen
installieren, und für die Herstellung der hierfür benötigen Komponenten
sind Rohstoffe wie Polysilizium erforderlich, deren Märkte China
dominiert. Zudem werden gemäß BloombergNEF 97 % der Solarwafer und 81 %
der Solarzellen, die weltweit zum Einsatz kommen, in China produziert.
Chinesische Hersteller von Solaranlagen dürften daher aufgrund der
steigenden Nachfrage in China selbst als auch aus anderen Ländern, die
ihre Maßnahmen zur Klimaneutralität vorantreiben, in Zukunft erheblich
wachsen. Beispiele hierfür sind JinkoSolar und JA Solar, zwei große
integrierte Anbieter von Solarmodulen, deren weltweiter Marktanteil sich
2022 zusammen auf rund 32% belief.
Chinesische Unternehmen sind auch in der Windkraft-Branche stark
vertreten. Ming Yang Smart Energy Group etwa ist ein führender
chinesischer Hersteller von Windrädern, der insbesondere im Bereich
Offshore-Anlagen tätig ist. Der weltweite Marktanteil des Unternehmens
bei Windkraftanlagen außerhalb Chinas belief sich 2021 auf 22 % und
wurde damit lediglich vom spanisch-deutschen Windkraftanlagen-Hersteller
Siemens Gamesa Renewable Energy übertroffen.
China bietet bereits den weltweit größten Markt für Elektrofahrzeuge,
und Fahrzeughersteller rund um den Globus sehen sich einem immer
größeren Wettbewerb durch chinesische Produzenten ausgesetzt. BYD aus
Shenzhen stellt etwa Elektroautos sowie -busse her und ist der
zweitgrößte Elektroautohersteller der Welt nach Tesla. Berücksichtigt
man Plug-in-Hybride, ist BYD mit einem globalen Marktanteil von 18% der
größte Anbieter von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben.
Auch abseits der Autohersteller bietet die Lieferkette von
Elektrofahrzeugen jede Menge Gelegenheiten. So werden etwa 75 % der
Batteriezellen für Elektroautos und 70 bis 80 % der Zellkomponenten in
China hergestellt. Die weltweite Nachfrage nach Elektrofahrzeugen wird
aufgrund von Subventionen weiter steigen, und laut Tom Moerenhout,
Adjunct Associate Professor des Center on Global Energy Policy der
School of International and Public Affairs an der Columbia University,
wird China auch in den kommenden zehn Jahren in sämtlichen Lieferketten
ein dominanter Akteur bleiben. Dr. Moerenhout hat die Bedeutung Chinas
für die globale Elektroauto-Revolution in einer Reihe von Workshops mit
dem Titel The Making of a Green Giant: Decarbonization with Chinese Characteristics erörtert, die von AB und der Columbia University organisiert wurden.
Ein Beispiel für chinesische Wegbereiter im Bereich Elektrofahrzeuge ist
CATL. Das Unternehmen ist mit einem Marktanteil von 32 % der weltweit
größte Hersteller von Elektroauto-Batterien und beliefert einige der
größten Autohersteller in den USA, Europa und Japan.
Um das Ziel der Klimaneutralität zu erreichen, sind
Infrastrukturlösungen für Elektrofahrzeuge und alternative Energien
ebenso nötig wie Initiativen zur effizienteren Nutzung von Energie,
Wasser und umweltfreundlicheren Materialien. Betreiber von Kupferminen,
Hersteller von Seekabeln und Anbieter von Smart-Grid-Lösungen tragen
allesamt zu den globalen Anstrengungen im Bereich der Modernisierung und
Optimierung der Infrastruktur bei.
Ein gutes Beispiel hierfür ist NARI Technology. Das Unternehmen bietet
Ausrüstung für Stromnetze an und liefert Technologielösungen unter
anderem für die Bereiche Systemautomatisierung, intelligente Netze,
erneuerbare Energien und Energieeinsparung. NARI hat in entscheidenden
Produktkategorien einen Marktanteil von 30 bis 40 %.
Aufgrund des erheblichen Einflusses, den politische Entscheidungen
auf die Wirtschaft Chinas haben, hegen internationale Anleger im
Hinblick auf chinesische Unternehmen möglicherweise gewisse Bedenken.
Wir sind jedoch der Auffassung, dass ein disziplinierter Ansatz mit
einem Schwerpunkt auf chinesischen Wegbereitern der globalen
Energiewende, der im Einklang mit Chinas langfristigen politischen
Zielen steht, zur Minderung aufsichtsrechtlicher Risiken beitragen kann.
Anleger, die die Feinheiten der Politik Pekings und die chinesische Wirtschaft verstehen, können widerstandsfähige und langfristige Gelegenheiten ermitteln. Die Verpflichtung Chinas, bis 2060 Klimaneutralität
zu erreichen, ist ein wichtiger langfristiger politischer Trend, von
dem in den entsprechenden Bereichen tätige Unternehmen profitieren
dürften.
Die Auswahl an Unternehmen ist groß und erstreckt sich auf die Sektoren
Industrie, Versorger, Grundstoffe, Nicht-Basiskonsumgüter und
Technologie. Wir haben rund 400 chinesische On- und Offshore-Unternehmen
ermittelt, die am Übergang zur Klimaneutralität beteiligt sind und über
eine Marktkapitalisierung von mindestens einer Milliarde US-Dollar
verfügen. Die robustesten Unternehmen dieses Anlageuniversums finden
Anleger, indem sie nach Branchenführern suchen, die zum
Klimaneutralitätsziel und zum Klimaschutz beitragen. Potenzielle
Zielunternehmen sollten über Geschäftsmodelle mit umfassenden
Wettbewerbsvorteilen verfügen, nachhaltiges langfristiges Wachstum
generieren können und attraktiv bewertet sein.
Unseres Erachtens wird der Druck zur Abkehr der Weltwirtschaft von
fossilen Energieträgern trotz des schwierigen makroökonomischen Umfelds
nicht abnehmen. Unternehmen, die sich für die Energiewende einsetzen,
dürften daher von beständigen Wachstumsfaktoren profitieren. Mit einem
Schwerpunkt auf chinesischen Unternehmen, die über solide
Fundamentaldaten verfügen und fester Bestandteil der weltweiten
Bemühungen um eine grüne Zukunft sind, können Portfolios attraktive
Ertragspotenziale erschließen, die von vielen Anlageverwaltern übersehen
werden.
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