Nachhaltige Geldanlagen rücken immer mehr in den Fokus. Damit einher geht die Frage, welche Wirkungen nachhaltige Anleger:innen und Engagement als nachhaltige Anlagestrategie eigentlich auf Unternehmen haben.
09.10.2023 | 08:27 Uhr
Welche nachhaltige Anlagestrategie hat die größte Wirkung?
Engagement als nachhaltige Anlagestrategie ist in den letzten Jahren immer mehr in den Fokus gerückt und zu einem der bevorzugten Instrumente in der Finanzwirtschaft geworden. Zum Vergleich: Während im Jahr 2021 der Engagement-Ansatz von 71 Prozent der nachhaltigen Fonds und Mandate verfolgt wurde, waren es in 2022 90 Prozent (Abb. 1). Die Stimmrechtsausübung kam 2022 bei 88 Prozent der Assets zum Einsatz (vgl. 2021: 65 %).
In der aktuellen Debatte um nachhaltige Geldanlagen und Greenwashing in der Finanzbranche wird nun auch vermehrt die Frage diskutiert, welche nachhaltige Anlagestrategie die größte Wirkung auf die Realwirtschaft erzielt und welche Rolle Engagement im Speziellen einnimmt. Betrachten wir Aussagen die uns in der Finanzbranche begegnen, bildet sich ein diverses Stimmungsbild: Die einen sagen mit Engagement lässt sich klarer Mehrwert schaffen und Veränderung bewirken. Die anderen behaupten, „dass Engagement oft nicht funktioniere oder falsch durchgeführt würde – man spricht dann von ‚Engagement-Washing‘. Engagement sei ein ‚Feigenblatt‘, das Vermögensverwalter:innen eine Ausrede liefere, um in Sektoren wie Öl, Gas oder Stahl investiert bleiben zu können“, sagt Ugo Biggeri, Präsident von Shareholders for Change in einem Interview für den FNG-Marktbericht 2023.
Abb. 1: Nachhaltige Anlagestrategien bei Publikumsfonds, Mandaten und Spezialfonds in Deutschland 2022 und 2021 im Vergleich in Prozent
Folgt man den Stimmen der Kritiker:innen hieße das sogenannte „braune“ Unternehmen konsequent durch Ausschlüsse zu meiden und nur in „grüne“ zu investieren? Stimmen aus der Branche argumentieren dagegen: Die Experten von MFS Sustainable Investing sehen hierin nicht den geeigneten Weg. Ihrer Meinung nach mindern Ausschlüsse den Einfluss, den Investor:innen haben können. Außerdem wälze man so das Problem nur auf andere Investor:innen ab, „wenn man börsennotierte Unternehmen ausschließt, statt zu versuchen, positiv auf sie einzuwirken.“ (MFS Investment Management)
Treiber für nachhaltige Entwicklung in Unternehmen
2017 ergab eine Impact Studie zum Einfluss des nachhaltigen Kapitalmarktes von oekom research und der PRI (Principles of Responsible Investment) eine positive Entwicklung. Aus der Studie geht hervor, dass der unmittelbare Impact von nachhaltig agierenden Investor:innen, Banken und Ratingagenturen auf Unternehmen und deren Nachhaltigkeitsleistungen deutlich gewachsen ist. Stärkste Treiber für Unternehmen sich mit dem Thema Nachhaltigkeit zu befassen, waren 2017 die Anforderungen von Nachhaltigkeitsratingagenturen (61,3 %) sowie die Nachfragen der Kundschaft (60,3 %); Initiativen von Aktionären etwa rangierten auf Platz 6 (35,3 %). Interessant war in der oekom Studie der Blick in die Zukunft. Danach gefragt, welche Treiber ihrer Einschätzung nach die wichtigsten für die zukünftige Entwicklung des Themas nachhaltige Entwicklung sein werden, gaben 46,6 Prozent der Unternehmen Initiativen von Aktionären an und 45,6 Prozent Banken und Investoren.
Engagement-Aktivitäten in Deutschland
Der aktuelle FNG-Marktbericht liefert erstmals Daten zu den Engagement-Aktivitäten der Marktteilnehmer:innen. Hierbei zählt zu Engagement zum einen der Dialog mit Unternehmen; Ziel ist es, die Unternehmensführung für die Berücksichtigung von sozialen, ethischen und ökologischen Kriterien zu gewinnen (Voice). Zum anderen zählt die Ausübung von Stimmrechten (Vote) als Engagement.
Im FNG-Marktbericht 2023 heißt es zu den Engagement-Aktivitäten: „Insbesondere im Zuge der Wirkungsdebatte gewinnt Engagement immer mehr an Bedeutung. Die befragten Finanzunternehmen sind sich einig, dass Engagement – neben Impact Investments – die wirkungsvollste Strategie ist, um zur Transformation hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft beizutragen.“
Die Engagement-Aktivitäten der befragten Finanzunternehmen fallen sehr unterschiedlich aus (siehe Abb. 2). Außerdem hat die Befragung des FNG ergeben, dass Unternehmensdialoge überwiegend die Themen Klima und Biodiversität betreffen. Um die Governance der Unternehmen zu verbessern und Transparenz zu fördern nutzen Investor:innen überwiegend die Stimmrechtsausübung.
Abb. 2: Engagement-Skala – Bestandteile der Engagementrichtlinien in Deutschland
Studien belegen, dass das Engagement von Aktionär:innen ein wirksamer Mechanismus ist, Reformen anzustoßen, die die Qualität der Unternehmensaktivitäten im Bereich Nachhaltigkeit verbessern – und dass Unternehmen den Forderungen der Aktionär:innen auch tatsächlich nachkommen. Sie haben die Notwendigkeit einer ressourcenschonenden Wirtschaftsweise verstanden sowie einer intakten Natur und einer sozial gerechten Gesellschaft; das Erhalten bzw. Herstellen dieser Faktoren wird generell als Basis für eine erfolgreiche Unternehmensentwicklung verstanden.
Engagement als nachhaltige Anlagestrategie bei avesco
Bei avesco sehen wir den Engagement-Prozess als Möglichkeit, den Nachhaltigkeits-Impact unserer Investitionen zu vergrößern und selbst als aktiver Investor wirksam sein zu können. Unser Engagement im Rahmen des Sustainable Hidden Champions Equity Fonds hat das Ziel, nach ökologischen und sozialen Unternehmens-KPIs zu fragen sowie Kontroversen zu adressieren. Hierdurch wird dem Thema Nachhaltigkeit Nachdruck verliehen und es sensibilisiert die Corporates weiter für die Relevanz nachhaltigkeitsbezogener Themen. Unter anderem fragen wir gezielt nach der Gender-Pay-Gap, da unser Eindruck ist, dass diese bei vielen Firmen noch nicht genügend beachtet wird; auch die Taxonomiefähigkeit der Wirtschaftsaktivitäten des Unternehmens wird durch uns abgefragt.
Eine der relevanten Säulen unseres Engagement-Prozesses ist der Dialog mit einem Unternehmen, dieser ist in der Bewertung eines Emittenten obligatorisch. Im Berichtszeitraum 2021 wurde mit 21 der Portfoliounternehmen ein ausführlicher Dialog geführt. In der Regel dauert solch ein Dialog zwischen 60 und 90 Minuten. Die Dialoge werden protokolliert und werden bei Bedarf zur Verfügung gestellt. Zusätzlich fand mit einigen Firmen ein enger Austausch bei Investorenveranstaltungen statt. Im Rahmen von 1on1 Gesprächen haben wir die Unternehmen nach ihren weiteren Zielsetzungen im Bereich ihres Geschäftsmodells und ihren Fortschritten in den Bereichen Ökologie und Soziales befragt. Eine vollständige Übersicht zu avescos Engagement-Aktivitäten können Sie dem Engagement-Report entnehmen. Darüber hinaus stellen wir Ihnen Informationen in Form von
auf unserer Website zur Verfügung.
Fazit
Häufig wird der Vorwurf laut, dass Investitionen in nicht-nachhaltige Unternehmen getätigt werden, wobei der Begriff „nicht-nachhaltig“ auf subjektiven Definitionen beruht. Um den Transformationsprozess zu fördern, ist jedoch die Vielfalt der Anlagestrategien von entscheidender Bedeutung. Dazu gehört auch das effektive Engagement mit Unternehmen, die als „braun“ gelten. Diese Unternehmen können durch solche Bemühungen letztlich in nachhaltigen oder transformierenden Portfolios vertreten sein. Wie verhält es sich also mit Engagement als nachhaltige Anlagestrategie?
Auf der einen Seite erweist sich Engagement unter bestimmten Bedingungen als ein wirksamer Ansatz, um Einfluss auf verantwortliche Individuen in Unternehmen oder Staaten auszuüben. Keine andere Nachhaltigkeitsstrategie erfordert von Investierenden eine derart direkte Auseinandersetzung mit den Einzelheiten der Investitionsobjekte.
Auf der anderen Seite ist die Qualität des Engagements von außen schwer zu beurteilen, da die Gespräche in der Regel vertraulich geführt werden. Die bloße Erwähnung von Engagement-Aktivitäten sagt wenig über ihre tatsächliche Wirksamkeit aus. Es besteht bisher keine Einigkeit darüber, welche Eigenschaften erfolgreiches Engagement von weniger erfolgreichen Ansätzen unterscheiden.
Dennoch kann der Einfluss von Engagement erheblich sein. Strategien wie Ausschlüsse oder Divestments verlagern das Problem einfach nur auf andere Investor:innen. Wenn Investor:innen ihre Anteile an fragwürdigen Unternehmen einfach nur verkaufen, finden sich stets neue Aktionär;innen, und die Unternehmen können unverändert weiterarbeiten ohne Veränderungen umzusetzen. Hingegen können aktive Aktionär:innen einen signifikanten Beitrag zur Veränderung der Unternehmenskultur leisten.
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WKN: A12BKF (I-Tranche) | A1J9FJ (R-Tranche) | A2QJLC (C-Tranche) | A3DCAR (A-Tranche)
Kontakt: Elisabeth Schaper (Marketing) | +49 30 288767-14 | Elisabeth.Schaper@avesco.de
Quellen
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