Wie Microsoft-Gründer Bill Gates festgestellt hat: „Wir überschätzen stets die Veränderungen, die in den nächsten zwei Jahren eintreten werden, und unterschätzen die Veränderungen, die in den nächsten 10 Jahren eintreten werden“.
25.08.2020 | 15:00 Uhr
Begeben Sie sich mit uns auf eine Reise ins Jahr 2030 und stellen
sich zusammen mit uns den Wandel vor, der sich im nächsten Jahrzehnt in
der Anlagelandschaft vollziehen wird. Unsere Reisebegleiter werden drei
Anlageexperten von Capital Group sein, die ihre Sichtweise zu den Themen
darlegen, die die Zukunft für Anleger prägen:
Im Hinblick auf Marktanteile im digitalen Zeitalter kommt es durchaus auf die Größe an. Es ist ein Thema, das viele Branchen betrifft, am offensichtlichsten ist es jedoch vielleicht bei der Online-Werbung, wo Google (Alphabet) und Facebook 37 % des Marktes kontrollieren. Dies steht in starkem Kontrast zu den etwas diversifizierteren Tagen des Jahres 2007, als die beiden führenden Wettbewerber zusammen nur 4 % erreichten. „Aufgrund ihrer Größe erzielen sie den besten Umsatz für Werbekunden. Sie wachsen, indem sie die Nutzung steigern und relevantere Anzeigen zeigen – nicht durch Preiserhöhungen“, so Aktienanalyst Brad Barrett, der seit 19 Jahren Medien- und Internetunternehmen beobachtet.
Hohe Eintrittsbarrieren und Größenvorteile, die globale
statt regionale Akteure begünstigen, sind zwei Gründe dafür, dass sich
dieser Trend im nächsten Jahrzehnt wahrscheinlich fortsetzen wird. „Es
gibt jetzt auch eine sehr enge Feedback-Schleife in Bezug auf die
Servicequalität eines Unternehmens und den Umfang seines Geschäfts“,
erklärt Barrett. Er glaubt, dass Netzwerkeffekte extrem stark sein
können. Die Verbraucher neigen dazu, Social-Media-Websites zu
bevorzugen, die bereits eine große und wachsende Nutzerbasis haben.
Suchmaschinen liefern bessere Ergebnisse, wenn mehr Menschen sie nutzen.
Und je größer eine Streaming-Plattform wird, desto mehr kann sie in den
Inhalt reinvestieren, die Kosten senken und noch mehr Nutzer anziehen.
„Wir haben in zwei Monaten das Wachstum von zwei Jahren erlebt“, sagte Satya Nadella, CEO von Microsoft, und bezog sich dabei auf die starke Beschleunigung der Nachfrage nach Cloud-Diensten während der Pandemie. Cheryl Frank, Aktienmanagerin bei Capital Group, stimmt dem zu. „Ich denke, eine immer größere Anzahl von Unternehmen wird eine „Cloud-first“- oder „Cloud-only“-Strategie einführen“, sagt Frank, die sich jahrelang mit Softwarefirmen beschäftigt hat. Sie merkt an, dass bei Ausgaben für Informationstechnologie weltweit in Höhe von rund 3,7 Bio. Dollar selbst ein moderater Anstieg der Unternehmen, die auf die Cloud umsteigen, massive Auswirkungen auf den Gewinn der Marktführer haben könnte.
Ein weiteres Beispiel dafür, dass die Großen immer
größer werden und die tief verwurzelten Unternehmen – wie Amazon Web
Services und Microsoft Azure – wahrscheinlich ein großes
Durchhaltevermögen beweisen werden. Die Markteintrittsbarrieren,
Umstiegskosten und die Auswirkungen auf das Ökosystem sind beträchtlich
und machen es für neue Akteure schwierig, wettbewerbsfähige
Größenordnungen zu erreichen. Doch die Dienstleister werden nicht die
einzigen Gewinner der steigenden Cloud-Nachfrage sein. Lieferanten von
Zubehör, das für das Wachstum von Rechenzentren benötigt wird, wie
Zentraleinheiten (CPU), Batterien und Kühleinrichtungen, dürften
ebenfalls einen Aufschwung erleben.
Wenn Sie der Meinung sind, dass die innovativsten Unternehmen aus den USA kommen, sollten Sie noch einmal darüber nachdenken Wenn es um Innovation geht, scheinen die großen US-Technologieunternehmen die meiste Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Dies könnte sich jedoch auf China und andere Schwellenländer verlagern, sagt Portfoliomanager Chris Thomsen.
„Wir werden erleben, wie sich Unternehmen aus Schwellenländern von Nachahmern zu wahren Innovatoren entwickeln“, sagt Thomsen. „Früher bezeichneten wir Unternehmen wie Alibaba als „Amazon Chinas“ oder Baidu als das „Google Chinas“, aber diese Unternehmen haben tatsächlich ihre Technologie entwickelt und lokalisiert und gleichzeitig ihr Wachstum auf andere Weise als in den USA beschleunigt“.
Thomsen merkt auch an, dass erfolgreiche Neueinsteiger
möglicherweise schneller wachsen als etabliertere Unternehmen,
wahrscheinlich lange bevor sie sich außerhalb ihrer lokalen Märkte einen
Namen machen. „Denken Sie nur an Pinduoduo, ein E-Commerce-Unternehmen
in China, das noch keine 10 Jahre existiert, aber bereits eine
Marktkapitalisierung von mehr als 100 Mrd. Dollar aufweist. Ebenso hat
die 150 Mrd. Dollar schwere Multi-Service-Plattform Meituan über 450
Millionen aktive Nutzer. Solche Unternehmen werden branchenübergreifend
wie Pilze aus dem Boden schießen.“
Die Heilung von Krebs ist vielleicht näher, als Sie denken. Laut Frank beschleunigen Durchbrüche in der Gentherapie und neue Anwendungen von künstlicher Intelligenz die Medikamentenentwicklung. „Ich glaube, dass einige Krebsarten bis 2030 durch Zelltherapie funktionell geheilt werden können. Neue, zuverlässige Tests werden eine sehr frühe Erkennung und Lokalisierung der Krebsentstehung ermöglichen. Nach 2030 könnte Krebs als eine der Haupttodesursachen durch Früherkennung weitgehend ausgemerzt werden.“
Die nächste Welle der pharmazeutischen Innovation könnte
von einer ganz unerwarteten Stelle kommen, meint Frank. „Ich erwarte,
dass bis 2030 viele globale „Blockbuster-Präparate” aus China kommen
werden. Das Land hat die größte Population von Krebspatienten auf der
Welt, und jeder zweite von ihnen nimmt an einer klinischen Studie teil,
gegenüber einem von 20 in den USA. Ich gehe davon aus, dass China
innerhalb von fünf bis zehn Jahren mit der Produktion neuer Medikamente
beginnen wird, bei einem Zehntel der Kosten in den USA.
Pharmaunternehmen stehen seit einiger Zeit im Rampenlicht, seit sie um die Entwicklung von Medikamenten gegen COVID-19 wetteifern. Aber eine der größten Umwälzungen in der Gesundheitsbranche könnte auf einer persönlicheren Ebene stattfinden. Noch vor einigen Monaten mag die Idee, über einen Laptop-Bildschirm einen Arzt zu konsultieren, unpraktisch, unpersönlich und ineffektiv erschienen sein. Aber nach Monaten des Social Distancing haben viele von uns ihre erste Erfahrung mit der Telemedizin gemacht und erkannt, dass sie funktioniert.
Frank, die sich seit 21 Jahren mit der
Gesundheitsbranche beschäftigt, glaubt, dass dies ein Wendepunkt sein
könnte, der bis 2030 zu einer völlig anderen Landschaft führt. „Ich
glaube, dass durch die Kombination von Telemedizin, Heimdiagnose und
Medikamentenlieferung fast alles von zu Hause aus behandelbar sein wird.
Persönliche Geräte werden diese Daten nutzen, um uns bei der
Verbesserung unserer Gesundheit zu unterstützen, während sich
Arztbesuche zu reinen Diagnose- und Behandlungsverfahren entwickeln
können. Tragbare und implantierbare Technologien werden im Wesentlichen
zu einer Erweiterung unserer selbst werden“.
Die Verlagerung hin zu Streaming-Inhalten ist ein weiterer Verbrauchertrend, der durch COVID-19 einen rasanten Anstieg erlebt hat, aber Barrett meint, dass dies erst der Anfang ist. „Etwa ein Drittel des gesamten Content-Konsums läuft derzeit über Streaming-Plattformen, aber ich denke, dass dieser Anteil bis 2030 auf mehr als 80 % steigen wird“.
Selbst wenn die Verbraucher in einer Welt nach COVID-19
ihr „Binge-Watching“ mäßigen, wird der Trend zum Streaming
wahrscheinlich bestehen bleiben. Dies sind großartige Neuigkeiten für
Plattformen wie Netflix, Amazon Prime Video und Disney+, die weiterhin
ein robustes Abonnentenwachstum verzeichnen könnten. „Es ist ein enorm
großer Markt. Fernsehen ist nach wie vor die liebste
Freizeitbeschäftigung der Leute. Und es verlagert sich schnell von
linear auf Streaming. Streaming ist sowohl besser als auch billiger als
das traditionelle Fernsehen, und ich sehe nicht, wie sich das ändern
könnte“, fügt Barrett hinzu.
Sie brauchen den Aufstieg der Maschinen nicht zu fürchten. Das maschinelle Lernen – eine Form der künstlichen Intelligenz, bei der sich Computeralgorithmen in Echtzeit verbessern, indem sie massenweise Daten verarbeiten – ist bereits allgegenwärtig. „Maschinelles Lernen ist nun der Kern des gesamten Online-Ökosystems. Künstliche Intelligenz steckt hinter Empfehlungssystemen, die wir auf Plattformen wie Facebook, Netflix und Amazon sehen und die einen Großteil unserer sozialen und kommerziellen Erfahrungen beeinflussen können“, merkt Barrett an.
Von der Spracherkennung bis zur Betrugsermittlung werden Maschinen großflächig eingesetzt, und die Computer werden von Tag zu Tag intelligenter und leistungsfähiger. „Da sie auf enorme Datenmengen zugreifen können, sind die Algorithmen und die Rechenleistung an einem Punkt angekommen, an dem sie sich auf eine Art und Weise selbst unterrichten können, die vorher nicht möglich war“, erklärt Barrett. „Ich denke, die Bilderkennung ist ein Bereich, in dem Computer den Menschen bereits überlegen sind.“
Die KI treibt auch Fortschritte bei autonomen Fahrzeugen voran. Und im Gegensatz zu den meisten von uns ist Brad Barrett bereits in selbstfahrenden Autos gefahren – und er kam mit dem Leben davon und kann seine Erfahrung teilen. „Sie sind unglaublich präzise. Bei Fahrbahnzentrierung und Abbiegen sind sie wahrscheinlich bereits besser als wir“, erklärt Barrett, basierend auf seinen Erfahrungen mit autonomen Fahrzeugen von Google und Zoox, einem Startup-Unternehmen, dem Amazon Anfang des Jahres ein Kaufangebot über 1,3 Mrd. Dollar gemacht hat.
Die Welt könnte ganz anders aussehen, wenn autonome Fahrzeuge einen Teil der jährlich gefahrenen 15 Billionen Kilometer übernehmen würden. „Selbstfahrende Autos haben große Auswirkungen auf die Landnutzung, den Energieverbrauch, Immobilien, die Art und Weise, wie Städte gestaltet werden – wirklich auf alles“.
Eine Welt, in der selbstfahrende Autos die Straßen beherrschen, klingt heute wie Science Fiction, aber Barrett glaubt, dass diese näher ist, als Viele vielleicht denken. „Die Grundlage ist bereits vorhanden. Es sind keine neuen technologischen Durchbrüche vonnöten. Menschen aus Fleisch und Blut fahren bereits ohne Sicherheitsfahrer in diesen Fahrzeugen“, so Barrett abschließend. „Letztendlich denke ich, dass es billiger und sicherer sein wird, und man muss nicht auf die Straße achten. Das ist ein ziemlich überzeugendes Nutzenversprechen.“
Sozial verantwortliche Investitionen gibt es schon seit Jahren, aber der Wunsch der Vermögensverwalter, Unternehmen mit einem ESG-Filter zu überprüfen, ist im Jahr 2020 gestiegen. „Da wir uns mitten in einer Pandemie befinden, in der die Forderungen nach der Beseitigung sozialer Ungerechtigkeit wieder lauter werden, steht außer Frage, dass ESG in den nächsten 10 Jahren ein wichtiges Anlagethema sein wird“, sagt Frank.
Unternehmen, die sich stärker auf die Umwelt konzentrieren und die Diversität fördern, könnten für Verbraucher attraktiv sein, die es zunehmend vorziehen, sich auf Unternehmen ausrichten, die ihren persönlichen Werten entsprechen. Eine starke Unternehmensführung könnte dank größerer Transparenz und besserer Kapitalallokation das Anlagerisiko potenziell verringern. Dies sind nur zwei Gründe, warum Unternehmen mit einem Schwerpunkt auf ESG für Anleger wie Capital Group attraktiv sein können.
Das Screening nach ESG-Faktoren ist seit langem Teil des
Anlageverfahrens von Capital Group, das auf einer gründlichen
Fundamentaldatenanalyse und dem Aufbau von Beziehungen zur
Unternehmensleitung beruht. Der Vorsitzende von Capital Group, Rob
Lovelace, erklärt: „Wir suchen Unternehmen mit einem langjährigen Fokus
auf Unternehmensführung. Wir halten sie dazu an, hohe Standards bei der
Unternehmensführung einzuhalten und sich zum Ziel zu setzen, im besten
Interesse der Anleger, der Mitarbeiter und der Gesellschaft zu handeln.“
Vor einer gefühlten Ewigkeit, in der Zeit vor COVID-19, bestimmte der Handelskonflikt zwischen den USA und China die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, doch Thomsen warnt, dass die frostigen Beziehungen zwischen den beiden Supermächten auch im nächsten Jahrzehnt eines der wichtigsten Anlagethemen bleiben sollten.
„Es geht nicht nur um Geopolitik. Dieser Konflikt wird sich auch direkt auf die Unternehmen auswirken, da sie gezwungen sind, Partei zu ergreifen und vielleicht ihre Arbeitsweise auf beiden Seiten anzupassen“, sagt Thomsen. Anfang dieses Monats erließen die USA Durchführungsverordnungen zum Verbot der beliebten Apps TikTok und WeChat, wenn die US-Segmente nicht von ihren chinesischen Muttergesellschaften verkauft werden
Zwar meidet er diejenigen Akteure, die ins Kreuzfeuer geraten könnten, er ist aber der Meinung, dass großartige Anlagemöglichkeiten im Überfluss vorhanden sind. „Rein am Binnenmarkt tätige chinesische Internetfirmen, wie zum Beispiel Alibaba und Baidu, werden von einem Handelskrieg nicht in Mitleidenschaft gezogen. Es gibt branchenübergreifend innovative Startups, die von großartigen Unternehmern gegründet wurden.“
Sich das Leben im Jahr 2030 vorzustellen mag wie ein Tagtraum erscheinen, aber diese Art des langfristigen Denkens ist in das CapitalSystem SM integriert und ein wichtiger Teil unseres Anlageverfahrens. Die Vergütung unseres Anlageteams basiert weitgehend auf einem Zeitrahmen von acht Jahren, was in einer Branche, die dazu neigt, sich auf kurzfristige Erträge zu konzentrieren, einzigartig ist. Es ist diese langfristige Perspektive, die es uns ermöglicht, über die Volatilität der Märkte hinaus zu blicken und die auf unserer Überzeugung basierenden Positionen in Unternehmen beizubehalten, die die Welt im nächsten Jahrzehnt verändern könnten.
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