2022 war ein unschönes Jahr für Anleger. Während die Zentralbanken mit der Inflation kämpften, schossen die Zinsen in die Höhe und die Angst vor einer Rezession wuchs.
13.01.2023 | 08:42 Uhr
Die Märkte für Aktien und Anleihen verstießen gegen alle Konventionen und fielen im Gleichschritt. Nahezu alle Anleihenmärkte erlitten historische Verluste, sodass es für Anleger fast nirgendwo ein Entkommen gab.
Jetzt müssen die Zentralbanken das Tempo der Straffung verlangsamen und eine sanfte Landung sorgfältig kalibrieren. Im Folgenden befassen wir uns mit den Herausforderungen einer globalen Verlangsamung, den Vorteilen höherer Renditen und Strategien für das kommende Jahr.
Trotz der Hinweise auf eine globale Verlangsamung sind die
Zentralbanken weiterhin bestrebt, die Inflation einzudämmen. Da sich
Zinserhöhungen mit Verzögerung auf die Inflation auswirken, erwarten wir
jedoch, dass sie ihr Tempo drosseln, um die bisherigen Auswirkungen der
Geldpolitik auf die Inflation beurteilen zu können.
Ein moderateres Tempo dürfte dazu beitragen, eine harte Landung zu
vermeiden. Stattdessen erwarten wir, dass die Rezession im Euroraum mild
ausfällt und das Wachstum in den USA 2023 in etwa stagnieren wird. Die
Turbulenzen an den Finanzmärkten könnten abnehmen, da die politischen
Entscheidungsträger zunehmend eine abwartende Haltung einnehmen.
Einige Inflationsfaktoren, wie Lieferkettenengpässe und die Auswirkungen
des Krieges zwischen Russland und der Ukraine auf die Energiepreise,
liegen jedoch außerhalb der Kontrolle der Zentralbanken. Das bedeutet,
dass die weltweite Inflation zwar ihren Höhepunkt erreicht haben könnte,
der Zeitplan für das Abklingen und die Stabilisierung der Inflation
jedoch ungewiss bleibt.
Die Ungewissheit, die zur Volatilität der Märkte und episodischen Liquiditätsproblemen beiträgt, bietet auch Chancen. Die Renditen an den Investment-Grade- und Hochzinsmärkten sind jetzt deutlich höher, und viele Sektoren haben Mehrjahreshochs erreicht (Abbildung).
Derart hohe Renditen mögen ungewöhnlich erscheinen. Aber die Zeiten, in denen die Renditen fast bei null lagen, waren eine echte Anomalie in der Finanzgeschichte. Wir sind der Meinung, dass wir nun in eine Ära mit strukturell höheren Zinsen zurückkehren. Die Anleger können nun Quellen für belastbares Einkommen erschließen, die über viele Jahre hinweg nur sehr schwer zu finden waren.
Das Schreckgespenst einer Rezession hält die Anleger in der Regel von
Unternehmensanleihen ab. Die Fundamentaldaten haben sich in der Regel
bereits vor einer Konjunkturabschwächung verschlechtert, sodass die
Emittenten in einen Herabstufungs- und Ausfallzyklus geraten, wenn sich
Wachstum und Nachfrage weiter verlangsamen. Doch die aktuelle Situation
ist anders.
Die Emittenten sind in einer besseren finanziellen Verfassung als in
früheren Rezessionen – auch weil der Unternehmenssektor erst vor zwei
Jahren, als die Pandemie ausbrach, einen Ausfallzyklus durchlief. Die
überlebenden Unternehmen waren die soliden, und sie haben ihre Bilanzen
und ihre Liquidität in den letzten zwei Jahren vorsichtig verwaltet,
selbst als sich die Profitabilität erholte.
Die Zinsabdeckungsquoten für Investment-Grade- und Hochzins-Unternehmen
sind so hoch wie nie zuvor in den letzten 15 Jahren. Andere Messgrößen
für die fundamentale Stärke – Verschuldungsgrad, Free-Cash-Flow im
Verhältnis zur Verschuldung und EBITDA-Margen – sind im historischen
Vergleich ebenfalls außergewöhnlich gut. Wir gehen zwar davon aus, dass
sich diese Kennzahlen abschwächen werden, aber wir erwarten keine
dramatischen Rückgänge, die zu einer Flut von Herabstufungen und
Zahlungsausfällen führen würden.
Hinzu kommt, dass sich die Emittenten von Hochzinsanleihen seit Beginn
der Pandemie auf die Verlängerung ihrer Laufzeiten konzentriert haben.
Das bedeutet, dass kein Fälligkeitsstau droht, bei dem ein großer Teil
der Anleihen fällig wird und die Emittenten gezwungen sind, neue
Schuldtitel zu den geltenden Zinsen zu beschaffen.
Hier erfahren Sie, wie aktive Anleger im heutigen Umfeld erfolgreich sein können:
1. Inflationsschutz erwägen. Expliziter Inflationsschutz, wie
etwa inflationsgeschützte Staatsanleihen und CPI-Swaps, kann in
Portfolios eine nützliche Rolle spielen. Wenn die Zentralbanken ihre
Aufgabe erfolgreich meistern, wird sich die Inflation unserer Meinung
nach letztlich in einem Bereich von 2 % bis 4 % einpendeln – höher als
in den letzten Jahrzehnten, aber viel niedriger als im Jahr 2022. Mit
anderen Worten: Die Inflationsrate von 2 %, die von der US-Notenbank und
der Europäischen Zentralbank üblicherweise als Obergrenze angesehen
wurde, würde in den kommenden Jahren zu einem inflationären Sockel
werden.
2. Höher verzinste Bereiche nutzen. Die laufenden Renditen von
Risikoanlagen sind heute so hoch wie seit Jahren nicht mehr, was den
Anlegern eine langersehnte Gelegenheit bietet, ihre Speicher
aufzufüllen. „Spread-Sektoren“ wie
Investment-Grade-Unternehmensanleihen, hochverzinsliche Unternehmen und
verbriefte Vermögenswerte, einschließlich gewerbehypothekarisch
gesicherter Wertpapiere und Credit-Risk-Transfer-Papiere, können auch
als Puffer gegen die Inflation dienen, indem sie einen höheren laufenden
Einkommensstrom bieten.
Aber nicht alle Risikoanlagen sind gleichermaßen attraktiv. Während
beispielsweise die Bewertungen von Schwellenländeranleihen attraktiv
erscheinen, bleiben die aufstrebenden Märkte durch das verlangsamte
globale Wachstum und die hohe Inflation besonders herausgefordert. Daher
ist eine sorgfältige Wertpapierauswahl weiterhin entscheidend.
3. Duration einsetzen. Verstärkt auf „Spread-Sektoren“ zu setzen,
bedeutet nicht, dass man die Duration oder das Zinsrisiko
vernachlässigen muss. Wenn die Inflation sinkt und die Konjunktur sich
verlangsamt, kommt die Duration den Portfolios tendenziell zugute.
4. Einen ausgewogenen Ansatz wählen. Zu den effektivsten aktiven
Strategien gehören solche, die Staatsanleihen und andere zinssensible
Anlagen dynamisch mit wachstumsorientierten Kreditanlagen kombinieren.
Die Fähigkeit, negativ korrelierte Vermögenswerte auszutarieren, trägt
zur Generierung von Einkommen und potenziellen Erträgen bei und begrenzt
gleichzeitig das Ausmaß von Rückschlägen, wenn Risikoanlagen abgestoßen
werden.
5. Beweglich bleiben. Aktive Manager sollten sich darauf
vorbereiten, von schnell wechselnden Bewertungen und vorübergehenden
Chancen zu profitieren, wenn andere Anleger auf Schlagzeilen reagieren.
Generell eignen sich globale, sektorübergreifende Anlageansätze gut für
ein dynamisches Wirtschafts- und Finanzmarktumfeld, da die Anleger die
Bedingungen und Bewertungen überwachen und die Portfoliomischung
entsprechend den Bedingungen umschichten können.
Das kommende Jahr wird sowohl Herausforderungen als auch Chancen mit
sich bringen. Wenn Anleger mit einer gewissen Gelassenheit an den Markt
herangehen, können sie die Ungewissheit überstehen, den Segen höherer
Renditen nutzen und ihre Portfolios so positionieren, dass sie im
kommenden Jahr erfolgreich sind.
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