Bislang war 2022 ein stürmisches Jahr für Anleger in Anleihen, und es verspricht, so weiterzugehen. Nachfolgend beleuchten wir die derzeit größten Herausforderungen für Anleger, von der anhaltenden Inflation über den Zinsanstieg bis hin zur drohenden Rezession.
21.10.2022 | 08:26 Uhr
Gleichzeitig richten wir den Blick auf die Vorteile durch höhere Renditen und größere Kreditspreads und erläutern Strategien zur Bewältigung dieser Turbulenzen.
Die fortlaufend steigenden Preise dämpfen Hoffnungen darauf, dass der
Inflationsdruck angesichts der globalen Wachstumsverlangsamung sinken
wird. Wenngleich die US-Notenbank und andere Zentralbanken kräftig an
der Zinsschraube drehen, um die Inflation einzudämmen, liegen die
meisten aktuellen Inflationstreiber außerhalb ihrer Kontrolle. Der
Ukraine-Krieg und die Corona-Pandemie verursachen weiterhin Störungen in
den Lieferketten für Treibstoff, Lebensmittel und Waren. Das treibt die
Preise weiter nach oben und würgt die Konjunktur rund um den Globus ab.
Die dauerhaft hohe Inflation könnte die Zentralbanken zwingen, ihre
Geldpolitik noch stärker zu straffen, wodurch sich das Risiko einer
weltweiten Rezession weiter erhöhen würde. Aus Angst vor einer Rezession
flüchten Anleger wiederum in den US-Dollar als globale Reservewährung.
Andere Länder bekommen angesichts der Abwertung ihrer eigenen Währungen
den starken Dollar und die höheren Zinsen schmerzhaft zu spüren.
Besonders hart trifft dies Schwellenländer, die ihre Staatsanleihen
häufig in US-Dollar begeben: Steigt der Dollar, erhöht sich ihre
Schuldenlast.
Das Fazit: Die Turbulenzen an den Finanzmärkten werden vermutlich noch eine Weile anhalten.
Das Risiko einer Rezession schürt die Marktvolatilität und kann zu kurzfristigen Liquiditätsengpässe führen. Es bieten sich in einem solchen Umfeld aber auch Chancen. Die Renditen von Investment-Grade-Unternehmensanleihen und die Spreads sind auf Mehrjahreshochs geklettert (Abbildung), und Hochzinsanleihen rentieren inzwischen mit durchschnittlich 9,5%.
Bei einer drohenden Rezession schrecken Anleger in der Regel vor
Investitionen in Unternehmensanleihen zurück. Die Fundamentaldaten von
Anleihen verschlechtern sich meist schon vor einer Konjunkturabkühlung.
Die Emittenten geraten somit in eine Spirale von Herabstufungen und
Ausfällen, wenn sich Wachstum und Nachfrage weiter verlangsamen. Dieses
Mal ist es jedoch anders.
Die Emittenten von heute sind finanziell wesentlich besser aufgestellt
als Emittenten in früheren Rezessionsphasen. Der Markt für
Unternehmensanleihen durchlief erst vor zwei Jahren, als die Pandemie
ausbrach, einen Ausfallzyklus. Überstanden haben ihn besonders starke
Unternehmen. Sie haben ihre Bilanzen und ihre Liquidität in den
vergangenen zwei Jahren sehr konservativ gemanagt, sogar als sich die
Gewinne bereits erholten. Die Zahlungsausfälle und Herabstufungen
dürften im nächsten Jahr daher aus unserer Sicht nur auf
durchschnittliche Niveaus steigen.
Die aktuell höheren Renditen signalisieren höhere potenzielle Erträge
in der Zukunft. Die Yield-to-Worst (Rendite im schlechtesten Fall) im
High-Yield-Sektor ist beispielsweise ein zuverlässiger Indikator für die
Erträge von Hochzinsanleihen in den nächsten fünf Jahren (Abbildung).
Während der globalen Finanzkrise, einer der schwersten Krisen für die Wirtschaft und die Märkte in der Geschichte, haben sich die Hochzinsanleihen tatsächlich vorhersehbar entwickelt. Während dieses Zeitraums blieb das Verhältnis zwischen Anfangsrendite und künftigen Fünfjahreserträgen konstant, was wesentlich den regelmäßigen Erträgen von Anleihen zu verdanken war.
Hier erfahren Sie, wie aktive Anleger die Herausforderungen im aktuellen Umfeld meistern können.
Seien Sie flexibel. Wir rechnen mit einer anhaltend hohen
Volatilität und knappen Liquidität. Aktive Manager sollten sich
bereithalten, um von schnellen Bewertungsveränderungen und sich
kurzfristig bietenden Chancen zu profitieren, während andere Anleger auf
Schlagzeilen reagieren.
Sichern Sie sich (gegen die Inflation) ab. Da die Inflation
voraussichtlich noch einige Zeit hoch bleiben wird, bevor sie wieder auf
das Zielniveau sinkt, können Instrumente wie inflationsgeschützte
Staatsanleihen und Consumer Price Index (CPI) Swaps, die einen
expliziten Inflationsschutz bieten, eine wichtige Rolle in Portfolios
spielen.
Setzen Sie auf höherverzinsliche Anleihen. Die Renditen von
Risikoanlagen sind heute viel höher als noch vor einigen Jahren – eine
Gelegenheit, auf die Anleger lange gewartet haben. „Spread-Sektoren“ wie
Investment-Grade-Unternehmensanleihen, hochverzinsliche
Unternehmensanleihen und verbriefte Wertpapiere, einschließlich durch
Gewerbeimmobilien besicherter Wertpapiere (Commercial Mortgage-Backed
Securities) und Kreditrisikotransferpapieren (Credit Risk-Transfer
Securities), können dank der hohen Erträge ebenfalls als Puffer gegen
die Inflation dienen.
Wählen Sie einen ausgewogenen Ansatz. Globale
Multisektorstrategien sind optimal für ein sich schnell änderndes
Anlageumfeld geeignet, da die Anleger die Bedingungen und Bewertungen
genau beobachten und sich darauf vorbereiten können, das Portfolio
umzustrukturieren, wenn die Bedingungen dies rechtfertigen. Zu den
effektivsten aktiven Strategien gehören solche, die Staatsanleihen und
andere zinssensitive Vermögenswerte mit wachstumsorientierten
Kredittiteln in einem einzigen, dynamisch verwalteten Portfolio
kombinieren.
Dank diesem Ansatz ist es für Manager einfacher, die Wechselwirkungen
zwischen Zinssätzen und Kreditrisiken in den Griff zu bekommen und
bessere Entscheidungen darüber zu treffen, welche Gewichtung jeweils
verstärkt werden sollte. Die Möglichkeit, negativ korrelierte
Vermögenswerte umzuschichten, trägt zur Generierung von Erträgen und
potenziellen Renditen bei und begrenzt gleichzeitig das Ausmaß der
Drawdowns, wenn Risikoanlagen abgestoßen werden.
Wir empfehlen den Anlegern am Anleihemarkt vorerst eine langfristige
Perspektive. Bei einem längeren Horizont können Anleger eine
Überreaktion auf die aktuellen Schlagzeilen vermeiden – selbst wenn sie
taktische Anpassungen vornehmen, um Chancen zu nutzen, die sich dadurch
ergeben, dass andere Anleger übertrieben korrigieren.
Die in diesem Dokument zum Ausdruck gebrachte Meinungen stellen keine Recherchen, Anlageberatungen oder Handelsempfehlungen dar und spiegeln nicht notwendigerweise die Ansichten aller Portfoliomanagementteams bei AB wider. Die Einschätzungen können sich im Laufe der Zeit ändern.
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