Capital Group: In einem unsicheren Umfeld – Anleihen-Renditen als Anker im Portfolio

Anleihen

In der ersten Hälfte des Jahres 2022 sahen Anleger den perfekten Sturm an den Rentenmärkten:

30.08.2022 | 10:03 Uhr

Das Ausmaß der Zinserhöhungen, die Geschwindigkeit des Anstiegs und das Ausgangsniveau der Renditen – alle drei Faktoren kamen zusammen und sorgten für reichlich Gegenwind, sagt Peter Becker, Investment Director bei Capital Group.

„Normalerweise gilt: Je langsamer der Zinsanstieg ist, desto mehr Erträge können festverzinsliche Anlagen erwirtschaften, um den Verlust durch steigende Zinsen auszugleichen“, so Becker. Während des Zinserhöhungszyklus 2015 bis 2018 hätte es beispielsweise ein Jahr gedauert, bis die US-Notenbank Fed ihre zweite Zinserhöhung vornahm, und sogar 36 Monate, bis die Zinsen um 225 Basispunkte angehoben wurden. „Vor uns liegen zahlreiche Unwägbarkeiten, und vieles hängt noch von der Entwicklung sowohl zyklischer als auch säkularer Faktoren wie der Inflation, dem Risiko einer Rezession, der Geldpolitik, den Wachstumsaussichten in China, dem Konflikt in der Ukraine und anderen geopolitischen Fragen ab“, sagt Becker. „In einem solchen Umfeld ist es vernünftig, einen Ansatz zu verfolgen, der flexibel und hinsichtlich der Risikofaktoren diversifiziert ist und sich auf das konzentriert, was derzeit bekannt ist, anstatt zu versuchen, ein Portfolio für ein bestimmtes Ergebnis zu positionieren, da die Wahrscheinlichkeit einer Streuung groß ist.“

In einem unsicheren Umfeld können die Anleihen-Renditen eine wichtige Rolle spielen

„Es ist wichtig, die Gesamtrendite einer Anleihe als eine Kombination aus Ertragsrendite und Kursrendite zu betrachten. Die Ertragsrendite ergibt sich aus dem Kupon und ist ein bekannter Faktor, während die Kursrendite sich von den Marktbewegungen ableitet und ein unbekannter Faktor ist“, erklärt Becker.

In der Vergangenheit seien die durchschnittlichen Fünfjahres-Terminrenditen ähnlich hoch oder sogar höher als die Anfangsrendite gewesen. Die historische Entwicklung deutet nach Ansicht Beckers demnach darauf hin, dass Anlageklassen wie hochwertige globale Unternehmensanleihen mit Investment-Grade-Rating in den nächsten fünf Jahren eine durchschnittliche annualisierte Rendite von vier bis fünf Prozent erzielen könnten, während High Yield- und Schwellenländeranleihen über den Marktzyklus hinweg eine potenzielle annualisierte Rendite von neun bis zehn Prozent liefern könnten.

„Der Kupon bzw. die Ertragsrendite kann als erste Verteidigungslinie dienen“, erläutert Becker. „In der Vergangenheit haben sowohl Investment-Grade- als auch High-Yield-Unternehmensanleihen relativ konstant positive Renditen pro Kalenderjahr erzielt. Das war auch der Fall, wenn die Marktbewertung aufgrund von Kursveränderungen negativ war, da die Ertragsrendite diese Kursabwertung ausglich.“ So habe der globale Markt für Unternehmensanleihen mit Investment-Grade-Rating seit 2001 nur dreimal eine Rendite von weniger als -1 Prozent erzielt. Und zwar während der globalen Finanzkrise 2008, während der Straffungsphase der Fed 2018 und im aktuellen Umfeld 2021/2022.

In ähnlicher Weise habe der globale Markt für hochverzinsliche Unternehmensanleihen seit 2001 nur sechs Mal negative Renditen im Kalenderjahr erzielt, und zwar in denselben Zeiträumen wie Investment-Grade-Unternehmensanleihen sowie während der Technologieblase 2001/02 und der Energiekrise 2015. „Wichtig ist, dass die Renditen in den Jahren nach diesen negativen Renditen stark waren und sowohl von Ertragsrenditen als auch von Kurserholungen angetrieben wurden“, führt Becker aus.

„Die Volatilität dürfte bis ins Jahr 2023 hinein hoch bleiben. Die höheren Renditen haben einen Teil dieses zusätzlichen Risikos allerdings bereits eingepreist“, fasst Becker zusammen. „Die höhere Erträge können im Laufe der Zeit auch ein größeres Polster für die Gesamtrendite bieten, selbst wenn die Kursbewegungen volatil bleiben. Die Märkte werden auf absehbare Zeit von Unsicherheit geprägt sein, und das Anlageumfeld dürfte für Anleger weltweit eine Herausforderung darstellen. Aktiven Managern mit starken Research-Fähigkeiten werden sich jedoch weiterhin Möglichkeiten bieten, diesen Gegenwind zu meistern, und die Allokation in festverzinsliche Anlagen wird so wichtig bleiben wie eh und je.“

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