Wegen der anhaltenden Inflation und der hohen Marktvolatilität sind verlässliche laufende Erträge wichtiger denn je.
28.11.2022 | 15:11 Uhr
Laufender Ertrag ist ein wichtiges Ziel von Anleiheninvestments. Da sowohl Aktien als auch Anleihen zurzeit sehr volatil sind, wird stetiger laufender Ertrag für Anleger immer wichtiger.
Für Anleiheninvestoren war 2022 kein einfaches Jahr. Um die Konjunktur zu dämpfen und die Inflation zu verringern, haben die Notenbanken ihre Leitzinsen massiv erhöht. Die Folgen der strafferen Finanzbedingungen sehen wir schon jetzt: Den Welt-Einkaufsmanagerindizes für das Verarbeitende Gewerbe und den Dienstleistungssektor zufolge wächst die Wirtschaft kaum noch. In Europa sind die Stimmungs- und Geschäftsklimaindikatoren so schwach wie während der schwierigsten Phase der Pandemie und der europäischen Staatsschuldenkrise 2011. In China müssen Immobilienfirmen weiter Schulden abbauen, und die Kreditnachfrage steigt kaum noch. Und in den USA erleben wir einen starken Einbruch der Bauaktivität. Konsum- und Geschäftsklima sind schwach, und auch wenn der Arbeitsmarkt noch immer stabil ist, werden mehr Mitarbeiter entlassen.
Diese allgemeine Konjunkturschwäche dürfte 2023 anhalten.
Am US-Staatsanleihenmarkt rechnet man mit einem Anstieg der Federal Funds Rate auf etwa 5% bis Mitte 2023, was im Wesentlichen den Erwartungen unserer eigenen Zins- und Inflationsanalysten entspricht. Sie glauben auch, dass die Inflation bald ihren Höchststand erreicht hat, auch wenn sie danach allenfalls mit einem leichten Rückgang rechnen. So schwer Prognosen auch sind, so viel spricht dafür, dass das 2%-Ziel der Fed frühestens 2024 oder 2025 erreicht wird.
Was aber bedeutet das für Anleihen? Die anhaltend hohe Inflation könnte die Zinsen weiter steigen lassen, über die aktuellen Markterwartungen hinaus. Die schwächere Konjunktur spricht hingegen für niedrigere Zinsen. Alles in allem halte ich daher eine neutrale Duration für sinnvoll.
Mit meiner Laufzeitenallokation setze ich auf eine steilere Zinsstrukturkurve. Zuletzt ist die Kurve erheblich flacher geworden. Ich rechne aber mit einer Trendumkehr, sobald die Wirtschaft nachhaltig schwächer wächst.
Die schwachen Anleihenmärkte seit Jahresbeginn haben aber auch ihr Gutes. Die Renditen sind jetzt so hoch wie seit vielen Jahren nicht mehr. Daher rechne ich in Zukunft mit attraktiven Erträgen.
Betrachten wir einmal einige größere Märkte. In Europa ist die Inflation sehr hoch, aber in den USA ist sie schon wieder etwas gefallen. In China und Japan ist die Inflation ebenfalls höher als sonst, doch mit 2,5% bis 3% im internationalen Vergleich noch immer recht moderat.
Vor einem Jahr zeigten die meisten Inflationsindikatoren – Immobilien- und Rohstoffpreise, Geldmenge, Löhne, Aktienkurse – nach oben. Heute sehen wir eine gewisse Mäßigung. Die Hauspreise scheinen wieder etwas zu fallen, die Rohstoff¬preise liegen deutlich unter ihren Höchstständen, die Geldmenge schrumpft, und bei Aktien kam es zu einem Ausverkauf. All das verringert den Inflationsdruck.
Interessant ist ein Blick auf die Emerging Markets. Hier gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Beginn der Zinserhöhungen und der aktuellen Teuerung. So haben die lateinamerikanischen Notenbanken, die ausschließlich der Preisstabilität verpflichtet sind, schon sechs bis zehn Monate vor der Fed mit Zinserhöhungen begonnen – und die Inflation geht hier auch bereits zurück. In Brasilien ist sie von 12% auf 7% gefallen, und auch in Peru und Mexiko ist die Entwicklung ermutigend.
Das Gegenteil gilt für Asien. Die Notenbanken Thailands, Chinas und Japans sind anders als in Lateinamerika nicht ausschließlich für stabile Preise zuständig, sondern haben oft ein doppeltes Mandat. Weil sie außerdem für Wirtschaftswachstum sorgen sollen, haben sie die Zinsen oft nicht so schnell erhöht Jetzt, da die Teuerung zu einem größeren Problem wird, ändern sie ihre Haltung.
In allen Ländern ist auch das Zusammenspiel konjunktureller und struktureller Faktoren wichtig Wer mit einem baldigen Inflationsmaximum in den USA rechnet, begründet das vor allem mit konjunkturellen Faktoren. Strukturelle Einflüsse sprechen hingegen eher dafür, dass die Rückkehr zum 2%-Ziel der Fed noch Zeit braucht. Ich denke etwa an Personalmangel, vor allem wegen COVID, und an die Deglobalisierung. Beides wirkt preistreibend.
Einen Inflationsrückgang erwarte ich daher vor allem in den USA. Aber auch hier rechne ich nicht mit einem schnellen Rückgang, sondern allenfalls mit einem allmählichen.
Risikofaktoren, die vor einer Anlage zu beachten sind:
Damien McCann ist ein Portfoliomanager für festverzinsliche Wertpapiere mit 19 Jahren Anlageerfahrung. Zu Beginn seiner Karriere bei Capital war er Analyst für festverzinsliche Anlagen und deckte die Bereiche Energie, Freizeit und Unterkunft sowie Eisenbahngesellschaften ab. Er hat einen Bachelor-Abschluss in Betriebswirtschaft mit Schwerpunkt Finanzen der California State University, Northridge. Er hat auch die Bezeichnung Chartered Financial Analyst.
Die Ergebnisse der Vergangenheit sind keine Garantie für künftige Ergebnisse. Wert und Ertrag von Investments können schwanken, sodass Anleger ihr investiertes Kapital möglicherweise nicht oder nicht vollständig zurückerhalten. Diese Informationen sind weder Anlage-, Steuer- oder sonstige Beratung noch eine Aufforderung, irgendein Wertpapier zu kaufen oder zu verkaufen.
Die Aussagen einer bestimmten Person geben deren persönliche Einschätzung wieder. Alle Angaben beziehen sich nur auf den genannten Zeitpunkt (falls nicht anders angegeben). Einige Informationen stammen möglicherweise aus externen Quellen, und die Verlässlichkeit dieser Informationen kann nicht garantiert werden.
Copyright © 2022 Capital Group. All rights reserved.
Diesen Beitrag teilen: