Capital Group: Wie man ein höher verzinsliches Portfolio konstruiert

Ein Interview mit Rob Neithart, Principal Investment Officer(PIO) des CGGHIO1, über Aufgaben als PIO und die Asset-Allokation des CGGHIO-Portfolios, den Ausbau des Anleihenteams von Capital und seinen Ausblick für Emerging-Market- und High-Yield-Anleihen.

28.06.2017 | 14:48 Uhr

(Foto: Rob Neithart)

Das Portfolio besteht aus Emerging-Market-Anleihen und High Yield. Wie funktioniert die Asset-Allokation?

Ich bin PIO des Fonds, aber auch verantwortlich für Emerging-Market-Anleihen. Um High Yield kümmert sich David Daigle. Seit Beginn der GHIO-Strategie 1998 teilen wir das Portfolio nach dem gleichen Konzept auf die einzelnen Experten auf. Wir kombinieren dazu gesamtwirtschaftliche Einschätzungen, für die ich verantwortlich bin, mit einzelwertspezifischen Überlegungen, die David Daigle undich gemeinsam anstellen. Die Aufteilung auf Emerging-Market-Anleihen und High Yield war schon immer flexibel, wurde aber meist nur behutsam geändert. Stets ging es uns um die strategische Positionierung passend zu den langfristigen Marktzyklen, die bei den beiden Assetklassen nicht immer übereinstimmen. Innerhalb der Assetklassen variiert die Allokation stärker. Hier zählt vor allem die Einzelwertauswahl gemäß der relativen Bewertung der Titel.

Die Asset-Allokation wird ebenfalls im Team festgelegt. Neben Daigle und mir zählen dazu die Portfolio Strategy Group (PSG), die Risk and Qunatitative Solutions Group (RQS) und unser neuer Portfoliostratege. Sie alle haben wesentlichen Anteil, und wir haben unser Team kontinuierlich ausgebaut, um bessere Entscheidungen treffen zu können. Letztverantortlich bin zwar ich als PIO, doch meist entscheiden wir gemeinsam. 

Wie arbeiten David Daigle und Sie zusammen?

Daigle und ich arbeiten schon sehr lange zusammen; bei dieser Strategie sind es bereits fünf Jahre. Wir sind uns sicher, dass wir bei Bedarf effizient und schnell gemeinsam entscheiden können. 

Zur Asset-Allokation treffen wir uns mindestens einmal monatlich offiziell, gemeinsam mit dem RQS-Team und unserem Portfoliostrategen. Dann überprüfen wir die Allokation. In erster Linie sprechen wir über relative Bewertungen auf Basis der Analysen unserer High- Yield- und Emerging-Market-Experten sowie des PSG-Teams und der Markteinschätzungen von David Daigle und mir. Wir wollen Chancen in beiden Assetklassen nutzen.

Zum Schluss überlegen wir, ob wir die Asset-Allokation anpassen, also insbesondere zwischen Daigles Portfolioteil und meinem umschichten. Dann würden wir so schnell wie möglich unsere Barmittelbestände verschieben oder Anleihen verkaufen. Das Team legt auch die Gewichtungen fest.

Capital hat sein Anleihenteam stark ausgebaut.  Was war die wichtigste Konsequenz für das Portfolio?

Für den CGGHIO haben wir eine Reihe neuer Mitarbeiter eingestellt. Beispielsweise sind sechs High-Yield-Analysten und drei Analysten für Emerging-Market- Staatsanleihen hinzugekommen. Außerdem haben wir zusätzliche Händler eingestellt, für dollardenominierte Anleihen ebenso wie für Lokalwährungsanleihen.
Einer der interessantesten Neuzugänge ist unser Portfoliostratege Arjun Madan. Er hat unter anderem die Aufgabe, eine möglichst effiziente Umsetzung der Markteinschätzungen von David Daigle und mir zu entwickeln.

Das PSG-Team ist für die Top-DownÜberlegungen zuständig. Es soll sicherstellen, dass sich die Investmentthemen unserer Portfolios nicht widersprechen. Durch die Analyse gesamtwirtschaftlicher Risiken können die Portfoliomanager die wichtigsten Ertragsfaktoren und ihre Sensitivitäten besser verstehen. Außerdem verbessert sich die Asset- Allokation, wenn Einschätzungen zur relativen Bewertung von Emerging-Market-Anleihen und High Yield ausgetauscht werden.

Außerdem arbeiten wir weiter an einem belastbaren Risikoprozess. Mit den Modellen des RQS-Teams können wir Portfoliorisiken identifizieren und steuern.

Wie sind Sie zurzeit an den beiden Märkten positioniert? 

Zurzeit haben wir eine leichte Präferenz für Emerging-Market-Anleihen gegenüber High Yield. Früher hatten wir manchmal stärkere Präferenzen für eine der beiden Assetklassen, doch insgesamt scheinen uns Emerging-Market-Anleihen günstiger bewertet. Die High-Yield-Spreads sind hingegen stark zurückgegangen, auf Niveaus, die in der Vergangenheit nicht besonders attraktiv waren. Im Emerging-Market-Bereich gibt es noch immer Chancen und attraktive Spreads. Aber wie gesagt, diese Entscheidung beherrscht nicht das Portfolio.

Wie, glauben Sie, werden sich steigende Zinsen auf die beiden Assetklassen auswirken?

Ich glaube, dass viel von den Gründen für den Zinsanstieg abhängt. Wenn Hinweise auf eine stabile Weltkonjunktur die Zinsen steigen lassen, dürfte das Umfeld für Emerging-Market-Anleihen und High günstig bleiben.

Wenn die Zinsen aber vor allem steigen, weil die Fed in den USA ohne wirklich gute Konjunkturdaten ihre Geldpolitik strafft, dürften beide Assetklassen darunter leiden. Die Spreads könnten sich stärker ausweiten.

Das erste Szenario halten wir für wahrscheinlicher. Aber wie auch immer: Wir sehen keinen Grund zu der Annahme, dass eine der beiden Assetklassen besser vor steigenden Zinsen schützt als die andere. Wir rechnen hier eher mit einer starken Korrelation, egal was passiert. Unser Ziel, ein diversifiziertes Portfolios aus beiden Assetklassen, dürfte uns helfen, Titel mit höheren risikoadjustierten Erträgen oder der Aussicht auf asymmetrischen Ertrag zu finden. 

Und wie ist Ihr Rohstoffpreisausblick?

Unserer Ansicht nach befinden sich die Märkte wieder im Gleichgewicht, sodass nächsten ein bis zweiJahren stabil bleiben oder vielleicht kann sich von Monat zu Monat ändern. Die schwierigen Angebotsanpassungen liegen größtenteils hinter uns. Der Ausblick für Emerging-Market-Anleihen ist günstig – insbesondere für Papiere, die vom Rohstoffmarkt abhängen.

Wie beurteilen Sie die Entwicklung von Emerging-Market-Anleihen in diesem Jahr?

Wie überall haben sich auch hier die Spreads nach den US-Wahlen ausgeweitet. Aber dann haben sich die Investoren beruhigt. Die stabilen, wenn nicht besseren Weltwirtschaftsdaten ließen die Spreads erneut zurückgehen.Natürlich wird es immer Schwankungen geben, aber wir denken mittel- bis langfristig. Selbst wenn sich die Spreads ausweiten, könnten die Erträge von Emerging-Market-Anleihen aufgrund ihres Zinsvorsprungs attraktiv bleiben. Für 2017 erwarten wir etwa 6% bis 7% Marktertrag.

Rechnen Sie mit einer zunehmend dynamischeren Konjunktur in China?

Wir glauben, dass die Fundamentaldaten in diesem Jahr durchweg fürhöheres Wachstum sprechen. Allerdings hat sich die Wachstumsqualität seit dem Vorjahr verschlechtert. Unser Capital Strategy Research Team (CSR) beobachtet die Entwicklung Chinas sehr genau. Nach seinen Analysen droht China aberkeine Rezession, und die Investoren müssen sich wegen des Ausblicks keine allzu großen Sorgen machen.

Wie schätzen Sie die Emerging-Market-Währungen und Lokalwährungsanleihen ein?

Wir haben unser Währungsengagement zuletzt stark aufgestockt; die nicht abgesicherten Währungspositionen sind hoch wie lange nicht. Unser Währungsanalyst Jens Søndergaard hält die Währungen für unterbewertet. Für ihn gibt es viele fair bewertet oder überbewertet ist. Wir haben nur wenige Absicherungspositionen, mit Ausnahme einer kleinen Absicherung des südafrikanischen Rands. Lokalwährungsanleihen bieten einen Einige unserer größeren Positionen halten wir in Indien, Mexiko und Brasilien.
Alles in allem sind wir in Lokalwährungsanleihen gegenüber dollardenominierten weil wir Zinsvorsprung, Währungsausblick und aktuelle Renditen für attraktiv halten

Welche Emerging-Market-Anleihen halten sie zurzeit für die interessantesten?

Indien bleibt für uns interessant. Wir erwarten eine zunehmende Reformdynamik, und die Regierung macht gute Fortschritte bei der Inflationsbekämpfung. Bei anderen größeren Positionen geht es hingegen mehr um die relative Bewertung.

Beispielsweise finden in Argentinien lange überfällige politische Veränderungen statt, doch hat dies noch keinen Eingang in die Kurse gefunden. Die ägyptische Regierung hat mit den nötigen Veränderungen begonnen, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln. Unter anderem hat sie Subventionen gekürzt und die Zinsen angehoben. Sie arbeitet mit dem internationalen Währungsfonds zusammen und lässt die Währung abwerten.

Und was macht Ihnen bei Emerging- Market-Anleihen Sorgen?

Hier denke ich an mehrere Dinge. Zum einen stehen in mehreren Ländern Wahlen an, deren Ausgang unsicher ist, so noch in diesem Jahr in Argentinien. Der nachlassende Weltkonjunktur – oder die Erwartung, dass es dazu kommt. Große Auswirkungen auf Emerging- Market-Anleihen hat auch die Notenbankpolitik, insbesondere mögliche Tapering-Signale der Europäischen Zentralbank. Das könnte dem Markt schaden, da die EZB bislang kontinuierlich Liquidität bereitgestellt hat.

Und wo sehen Sie Chancen am High- Yield-Markt?

Wir sehen noch immer einige Chancen in rohstoffnahen Sektoren, obwohl sie sich 2016 bereits erholt haben. Vielversprechend scheinen uns auch viele Anleihen aus den Sektoren Gesundheit, Telekommunikation.

Bevorzugen Sie bei High Yield bestimmte Ratingklassen?

Zurzeit ist unsere Ratingklassenstruktur erscheint uns wesentlich attraktiver als die anderen. Wir haben allerdings den Anteil von CCC-Anleihen leicht verringert und stattdessen in höherwertige  investiert. Das hat aber weniger mit den Bewertungen als mit der Tatsache zu tun, dass wir uns vielleicht in der Endphase des US-Konjunkturzyklus befinden.

Und wie sind Ihre Ertragserwartungen für das kommende Jahr?

Im nächsten Jahr dürfte man mit High-Yield- Anleihen etwa 5% bis 6% verdienen. Dabei unterstellen wir, dass die US-Renditen nicht deutlich steigen und Aktien sowie Rohstoffe nicht massiv einbrechen.


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