Wie im Film „Zurück in die Zukunft“ schauen auch Anleiheninvestoren sowohl in die Vergangenheit als auch in die Zukunft, um sich zu orientieren. Der heutige Kommentar blickt in Richtung Dezember 2023 und findet eine Welt vor, die in das von den Zentralbanken rund um den Globus gewünschte Bild passt.
29.04.2021 | 09:51 Uhr
Die Staats- und Unternehmensanleihenmärkte haben im April einen Konsolidierungspfad eingeschlagen. Das Schicksal von Unternehmensanleihen liegt dabei in den Händen der Staatsanleihenmärkte. Kreditspreads treffen auf Goldlöckchen-Bedingungen. Das Wachstum erholt sich, die Ankaufprogramme der Zentralbanken laufen auf Hochtouren, während die meisten Regierungen ihre Unterstützung bzw. Garantien für die am stärksten betroffenen Sektoren aufrechterhalten oder erhöhen. Der Grund für diese Konsolidierung liegt in der Einsicht der Finanzwelt, dass es sich bei dieser Pandemie um eine äußerst komplexe, globale Gesundheitskrise handelt. Vor dem Hintergrund eines steigenden gleitenden 7-Tage-Durchschnitts der weltweiten Infektionen lässt die Begeisterung an den Finanzmärkten nach. Es ist das zunehmende Bewusstsein des „Wir sind noch nicht am Ziel...im Gegenteil!“, das sich auf den Staatsanleihenmärkten niederzuschlagen beginnt. Da die kurzfristige Besorgnis steigt, scheint dies ein guter Zeitpunkt zu sein, sich die Bewertungen bis Dezember 2023 anzusehen. Selbst die pessimistischsten Marktteilnehmer sollten auf eine Weltwirtschaft hoffen, die nicht mehr von COVID-19-bedingten Beschränkungen und Restriktionen betroffen ist.
Schauen wir zunächst auf den US-Leitzins. Am Freitag, den 23.4., schloss der 90-Tage-Euro-Dollar-Futures für Dezember 2023 bei 98,96. Per Ende 2023 hat der Markt drei FED-Leitzinserhöhungen zwischen 0,75 und 1,00 % vollständig eingepreist. Konsens besteht darüber, dass die US-Notenbank Anfang 2022 mit der Drosselung ihres Asset-Kaufprogramms beginnt. Eine Reduzierung um 10 Mrd. Dollar pro Monat würde das aktuelle Programm in zwölf Monaten auslaufen lassen. Tatsächlich preist der Markt bis zum Frühjahr 2023 zu 100 Prozent einen FED-Satz von 0,25 bis 0,50 % ein, der den Ausstieg einleitet. Die Übersicht der Euro-Dollar-Futures-Kontrakte informiert uns darüber, dass sich die FED für einen langwierigen politischen Normalisierungszyklus entschieden hat und die Zinssätze im Laufe des Jahres 2023 dreimal anheben wird. Es würde effektiv weitere zwei Jahre dauern, um die Spanne von 1,75 bis 2,00% zu erreichen. Leitzinsanhebungen durch die EZB würden etwa ein Jahr nach der Anhebung durch die FED erfolgen. Dies ist noch nicht eingepreist. Die EZB hat bereits durchblicken lassen, sich nicht von der US-Notenbank inspirieren zu lassen.
Der Forward-Satz für die 10-jährige US-Staatsanleihe per Dezember 2023 liegt bei 2,25 %. Dieser Wert deckt sich mit den geordneten Zinsanpassungen, die die FED anstrebt. Der Satz für die 10-jährige US-Staatsanleihe per Dezember 2025 liegt bei 2,55 %. Zu dem Zeitpunkt sollte ein Leitzins von knapp unter 2 % ein Überschießen der Inflationserwartungen eingedämmt haben, mit der Folge, dass die 10-jährigen Realrenditen im positiven Bereich liegen. Ein Szenario, in dem die aktuellen 10-Jahres-Inflationserwartungen bei 2,35 % liegen, würde zu +0,20 % bei den 10-Jahres-US-Realsätzen führen. Die deutsche 10-jährige Bundesanleihe wird den Erwartungen zufolge im Dezember 2023 bei +0,10 % notieren. Ein solches Ergebnis würde die globalen Anleihenmärkte von ihrem Standpunkt „Es gibt keine Alternative“ abbringen. Per Ende 2025 sieht der Markt 10-jährige Bundesanleihen bei +0,31 %. Dies würde den deutschen Referenzzinssatz in den Bereich von +0,25 % bis +0,50 % bringen, wie er zwischen 2015 und 2018 zu beobachten war.
An den Währungsmärkten definieren die oben genannten Zinspfade das Niveau der Terminkurse. Der EUR/USD-Wechselkurs legte am 23.4. in Richtung 1,2097 zu. Im US-Handel lag das Währungspaar deutlich über seinem gleitenden 100-Tage-Durchschnitt von 1,2056. Die EUR/USD-Forwards per Ende Dezember 2023 werden aktuell bei 1,2425 gehandelt sowie per Dezember 2025 bei 1,2865. Diese Niveaus werden sich durchsetzen, wenn die Zinsdifferenzen zwischen Europa und den USA den Zinsterminkursen von heute entsprechen. Der Dollar genießt viele weitere Diversifikationsvorteile innerhalb der Portfoliokonstruktion. Zusammen mit dem Schweizer Franken und dem japanischen Yen bleibt er in ‚Risk-Off‘-Phasen die bevorzugte Zufluchtswährung.
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