2024 war
weltweit ein gutes Jahr für die Aktien börsennotierter
Asset-Management-Unternehmen. Das Dolphinvest Global Asset Managers Barometer
lag auf Augenhöhe mit dem breiten Aktienmarkt (MSCI World, in Euro, per 31.
Dezember), schlug branchenübergreifend Neben- und Value-Werte, lag aber hinter
Growth- und Finanzwerten.
Vergleichsweise
schlecht verlief es allerdings für Asset Manager in Europa. Ihre mittlere
Marktkapitalisierung war 2024 rückläufig, während sie in Amerika kräftig
anstieg. Diesen deutlichen Unterschied in der Bewertung ist in den Augen des
Geschäftsführers der Dolphinvest Consulting, Michael Klimek, überraschend:
„Europa verfügt eigentlich über einen erstaunlichen Wettbewerbsvorteil. Denn
der Personalaufwand von Asset Managern in Europa liegt gemessen an ihren
Gesamteinnahmen deutlich unter dem in Amerika, aber auch dem im
asiatisch-pazifischen Raum.“
Mindestens
genauso überrascht den Branchenexperten die Tatsache, dass europäische Asset
Manager ihre Gesamteinnahmen gegenüber dem Vorjahr erheblich steigern konnten –
im Gegensatz zu ihren amerikanischen, asiatischen und australischen
Wettbewerbern. In EMEA betrug der Zuwachs der aggregierten Gesamteinnahmen
aller Asset Manager 32,7 Prozent gegenüber 9,7 Prozent in Amerika und 2,2 Prozent
in APAC.
Doch habe
Europa, vor allem die Europäische Union einen strukturellen Nachteil, der diese
beiden Vorteile entgegenstehe. „Trotz der wirtschaftlichen Macht der EU hinkt
ihre Kapitalmarktgröße Amerika deutlich hinterher. Dies ist im Wesentlichen dem
Fehlen sowohl einer EU-weiten Kapitalmarktunion als auch einer in der EU
weithin akzeptierten Aktienrente zuzuschreiben“, so Klimek. Mit Ausnahme
Skandinaviens und der Niederlande sei die Aktienrente in der EU – sei es im
Rahmen der obligatorischen staatlichen Rente oder als freiwillige, aber
attraktiv inzentivierte Zusatzrente – unterentwickelt.
Hemmschuh
Deutschland
Klimek ist
überzeugt: „Angesichts seiner Größe und wirtschaftlichen Bedeutung ist
Deutschland der EU-weit größte Hemmschuh für die Entwicklung
banken(crash)unabhängiger Unternehmensfinanzierung.“ Das könne nicht bloß als
Versagen der früheren CDU- bzw. SPD-geführten Regierungen verstanden werden,
sondern gründe tief in einem gesellschaftlichen Konsens. Denn Deutschlands
erste komplett kapitalmarktbasierte Zusatzrente ohne Garantien – die
„Nahles-Rente“ (2018) – scheiterte in der Praxis am geschlossenen Widerstand
von Arbeitgebern und Arbeitnehmern.
„Eine
gleichermaßen unsichere Zukunft dürfte die unlängst in der Ampelregierung
mühselig errungene Kompromisslösung – das ‚Altersvorsorgedepot‘ – vor sich
haben. Zumal sie nur von der kleinsten Ampelpartei, der FDP, vorangetrieben und
das dazu gehörende Gesetz noch nicht verabschiedet wurde“; befürchtet der
Branchenexperte.
Mangelndes
Vertrauen in eigene Zukunft
Laut Klimek
trug ein weiterer Faktor zur relativ schlechten Performance europäischer
Asset-Manager-Aktien bei: „Die CEOs amerikanischer Asset-Management-Unternehmen
blickten wesentlich optimistischer auf ihre eigene Zukunft als ihre Kollegen in
Europa.“ Die Hälfte aller Asset Manager in Amerika kauften 2024 eigene Aktien
zurück. In der Spitze reduzierte sich hier die Anzahl der Free-Float-Aktien um
47,9 Prozent. Im asiatisch-pazifischen Raum betrieb ebenfalls die Hälfte aller
börsennotierten Asset Manager aktive Kurspflege. Hier betrug jedoch der
Maximalwert der Reduktion moderate 16,9 Prozent. In
EMEA waren es weniger als ein Drittel aller Asset Manager, die Aktien
zurückkauften. Der Effekt war vergleichsweise gering: Der Anteil der Aktien im
Free Float verringerte sich gegenüber 2023 in der Spitze um nur 11,6 Prozent.
Ein weiteres
Hemmnis für eine nachhaltige, ambitionierte Wachstumsphantasie der
Asset-Management-Branche in Europa, sieht der Branchenexperte in den
fundamentalen und strukturellen Problemen eines noch nicht vereinten
europäischen Kapitalmarktes. „Hinzu kam, dass sich im Zuge des Ukrainekrieges
und der Regierungskrisen in den wichtigen Ländern Frankreich und Deutschland
eine politische Paralyse der gesamten EU offenbarte. Mit negativen Folgen für
Märkte und politische Entscheidungsprozesse“, bedauert Klimek.
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